0420 - Sie holten sich den grauen Joe
auch ein guter Motorbootfahrer. Der Flitzer, den ich vorhin sah, macht spielend 30 Meilen. Und seit mindestens zehn Minuten jagt er mit Vollgas über die Bucht.«
»Zum Teufel, worauf warten wir noch?«, polterte der Captain verblüfft. »Wir müssen sofort hinterher.«
»Keine Sorge«, sagte ich, »der entgeht uns nicht. Mit dem Boot da holen wir ihn sowieso nicht ein. Er hat zu viel Vorsprung.«
Das Gesicht des Captains war ein einziges Fragezeichen.
»Können Sie mich ins Hotel zurückbringen?«, fragte ich ihn sanft. »Ich habe das Gefühl, schleunigst den Anzug wechseln zu müssen.«
Elkhart schien an meinem Verstand zu zweifeln, doch Phil assistierte mir. Er empfahl die beiden Verbrecher der Obhut des Captains und setzte sich ans Steuer. Die Kollegen mussten noch die Durchsuchung beenden und das Haus versiegeln. Wir wollten uns später in Elkharts Büro treffen.
Ich drehte die Heizung auf volle Touren. Wir hatten mindestens noch eine Stunde Zeit. In allen Einzelheiten sprach ich mit Phil die letzten Ereignisse durch. Er hatte seine Recherchen erledigt, bevor wir zusammengetroffen waren. Und auch das Gespräch mit unserem Chef, Mr. High, hatte noch ein paar Details geliefert.
Wir wussten genau, wo wir zuschlagen mussten. Deshalb waren wir so ruhig und überstürzten nichts. Per Sprechfunk gab ich ein paar Anweisungen durch, dann hängte ich zufrieden den Hörer ein.
***
Um Null Uhr 56 rollten wir langsam mit dem Chevy auf dem Highway 75 in Richtung Houston dahin. An der Abzweigung nach Texas City bogen wir ab und fuhren in Richtung Galveston Bay. Noch bevor wir die Stadt erreichten, lenkte Phil den Wagen auf einen breiten Zubringer. Wir hatten noch zwei Meilen bis zu unserem Ziel. Das Sprechfunkgerät war eingeschaltet und auf die Frequenz des Civilian Airport von Texas City eingestellt. Die Stadt lag von Galveston nur neun Meilen entfernt, sodass wir schon die ganze Zeit in Verbindung standen.
»Was macht der Vogel?«, erkundigte ich mich.
»Steht unberührt da«, sagte der Mann am anderen Ende.
Das passte uns gut. Wir rollten weiter und machten einen Umweg landeinwärts. Meiner Berechnung nach musste der flüchtige Verbrecher von der Wasserseite landen.
Als rechts die einzelnen Hallen und Rollpisten auftauchten, ließen wir den Wagen stehen. Ich gab noch einmal meine Weisungen durch, und der Mann am anderen Ende versprach, alles genau zu befolgen. Dann ging ich mit Phil, dicht an die Aluminiumwand gedrückt, an einem Flugzeugschuppen entlang. Wir hörten kein Geräusch.
Einzeln huschten wir um die Ecke und traten durch das riesige Tor ein, das sperrangelweit offen stand. Vor uns stand eine schnittige Cessna.
Die Angaben des Flugleiters stimmten genau, sodass wir keine Lampe brauchten. Sogar die Leiter lehnte noch an dem Cockpit. Phil sollte den Rückzug abschneiden, ich klemmte mich in die Kabine und erwartete dort den Besucher.
Es konnte noch eine ungemütliche Stunde werden, aber ich wollte nicht zu spät kommen.
Ich verstaute die Beine, so gut es ging, und legte mir die Taschenlampe griffbereit. Außerdem hatte ich ein paar nagelneue Handschellen und die Reservewaffe bei mir.
Die Armbanduhr zeigte 1 Uhr 38, als ich das erste Geräusch vernahm. Es klang, als kratzte jemand mit dem Fingernagel über Metall. Gleich darauf knirschte es ganz kurz, dann war wieder Ruhe. Ich wusste, jetzt würde er kommen. Er musste heimlich zu der Maschine schleichen, sie ins Freie rollen lassen und dann starten, bevor die Rollbahn blockiert werden konnte. Daher die Heimlichkeit. Denn der Mörder musste damit rechnen, dass die Polizei generelles Flugverbot für alle Privatmaschinen verhängt hatte.
Jetzt kletterte jemand die Leiter hinauf und tastete vorsichtig über den Rand. Ich legte den Daumen auf den Druckknopf der Lampe, jeden Moment bereit, das Licht anzuknipsen.
Gleichzeitig leuchteten wir uns an. Bevor ich den Mund aufmachen konnte, sauste er wie ein geölter Blitz die Sprossenleiter herunter, sich nur an den Längsstangen haltend.
»Hände hoch!«, brüllte Phil und riss den Abzug seiner Pistole durch. Mit ohrenbetäubendem Knall verließ die Kugel den Lauf und jagte in den Himmel. Wie verabredet, hatte er ins Freie geschossen, um den Flugleiter zu alarmieren. Der hatte gut auf gepasst, denn eine Zehntelsekunde später flammte die Deckenbeleuchtung auf. Gleichzeitig ging auch die Rollbahnbefeuerung an. Hunderte von Scheinwerfern tauchten das ganze Gelände in taghelles Licht.
Wie ein Wiesel war der
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