0421 - Willkommen im Fegefeuer
Wiederum schallte sein Ruf durch den Keller.
Es blieb still.
Suko ging vorsichtig auf die Treppe zu. Das ungewöhnliche Gefühl umgab ihn. Waren da nicht Augen, die ihn beobachteten?
Kamen sie nicht aus einer anderen Welt, um ihn unter Kontrolle zu halten?
Er atmete flach durch den Mund und blieb vor der Kellertreppe stehen. Leer führten die Stufen nach oben. Auf dem blanken Stein glänzte das trübe Licht. Halboffen stand die Kellertür.
Suko drehte sich um. Blitzschnell hatte er sich bewegt, aber er sah nichts. Gerade diese Leere und Stille war ihm nicht geheuer. In diesem Haus lauerte mehr, als er sich eingestehen wollte. Es war ein Stützpunkt der Hölle, nur zeigte sich diese andere Seite nicht.
Vielleicht hatte Carol auch das Haus verlassen und wartete draußen auf ihn. Das wäre noch besser gewesen.
Und so schritt Suko die Treppe hoch.
Eine völlig normale Treppe, wie man sie in jedem alten Keller fand. Nichts Besonderes, und trotzdem war sie für Suko eine Gefahr. Er sah nichts, er bemerkte nichts, aber er hatte seine Waffen nicht weggesteckt, weil er, wenn es darauf ankam, sehr schnell reagieren wollte.
Noch zwei Stufen, und er hatte die Treppe hinter sich gelassen.
Die Tür bewegte sich nicht. Sie stand halboffen. Suko setzte seinen Fuß auf die letzte Stufe, wollte weitergehen, als der stillstehende Türschatten plötzlich explodierte.
Er raste auf ihn zu.
Suko wollte sich zurückwerfen, aber das schaffte er nicht. Die Tür hämmerte voll gegen ihn und traf auch seine Nase. Der böse Schmerz raste in seinen Kopf. Gleichzeitig blitzten Stahlkugeln vor ihm auf wie Sterne. Sie flogen nach allen Seiten weg und rissen Suko mit. Jedenfalls verlor er den Kontakt zur Stufe.
Rücklings segelte er die Treppe hinab, und die Tür wurde wieder aufgezogen.
Eine mächtige Gestalt erschien.
Sie hätte der Zwillingsbruder des ersten Killers sein können. Nur zweierlei unterschied die beiden.
Dieser Kämpfer hatte schwarze Haare und ebenfalls pechschwarze, lange Klauenfinger…
***
Trainiert hatte es Suko oft genug. Und er war immer wieder froh gewesen, sich diesem Training unterzogen zu haben. So rollte er sich zusammen wie ein schlafender Kater, als er rücklings die Treppe hinunterjagte, dabei auf die Stufenkanten hämmerte, seine Beretta verlor und auch seine Dämonenpeitsche nicht mehr halten konnte.
Suko schrie nicht, er verbiß sich den Schmerz, aber er wußte nicht mehr, wo er sich befand. Ob oben oder unten, alles war so verflucht gleich, und er hatte Schwierigkeiten, seinen Kopf zu schützen. Mehr als einmal spürte er die harten Treffer an den Händen.
Der Schwung schleuderte ihn weit in den Kellergang hinein, wo sich der Inspektor abermals überschlug und erst dann liegenblieb.
Der zweite Killer folgte ihm.
Er hielt Carol unter seinen linken Arm geklemmt. Sie wirkte wie eine Puppe. Die Arme und Beine schlenkerten, als sich der Mann in Bewegung setzte und die Stufen hinabstürmte.
Er war schnell.
Mit gewaltigen Sätzen überwand er die Distanz. Seine Füße schienen die Stufen kaum zu berühren, in den Schlitzen der Maske blitzten seine Augen, der Mund stand offen, und er hatte die freie Hand zu einer harten Faust geballt.
Zwei Sätze brauchte er nur, um die Treppe hinter sich zu lassen.
Daß er bei seiner Aktion mit dem Kopf zweimal gegen die Decke stieß, störte ihn nicht. Er wollte Suko.
Carol hielt er weiterhin fest, als er den Chinesen erreichte, der sich auf die Seite rollte und aufstehen wollte. Suko gab nicht auf.
Wenn er liegenblieb, dann…
Plötzlich funkte etwas in seinem Kopf.
Es war der berühmte Blitz, der den Inspektor getroffen hatte.
Dem Hammerschlag, wuchtig von oben nach unten geführt, konnte er nichts mehr entgegensetzen.
Der Körper des Inspektors zuckte noch einmal, und es wirkte so, als wollte er sich aufbäumen.
Das aber schaffte er nicht mehr.
Schwer sackte er zusammen und blieb bewegungslos liegen.
Dieser Killer wußte, wohin man zu schlagen hatte.
Breitbeinig blieb er neben dem Bewußtlosen stehen. Aus seinem Mund drang ein zufriedenes Grunzen. Er hatte es geschafft, und als er seinen Arm ausstreckte, faßte seine lange Krallenhand in Sukos Jackenkragen und drückte ihn zusammen.
Lässig zog er ihn hoch, wirbelte ihn herum, als wollte er ihn gegen die Wand schleudern.
Das unterließ er. Statt dessen klemmte er ihn unter seinen rechten Arm, wie das Mädchen unter den linken, und ging den Weg, den Carol und Suko gekommen waren.
Carol Maynard
Weitere Kostenlose Bücher