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0422 - Der Pirat und die Hexe

0422 - Der Pirat und die Hexe

Titel: 0422 - Der Pirat und die Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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fremden Gedanken waren einfach in ihrer ›Frequenz‹ aufgetaucht – und dann wieder verschwunden. Inzwischen fing sie nichts mehr auf. Die gedankliche Kommunikation schien eingestellt worden zu sein.
    Mühsam schafften sie es schließlich, Siccine abzulenken. Es gab genug zu erzählen, auf beiden Seiten, und die Nacht war noch lang.
    Irgendwann, ehe der Morgen graute, trat Ruhe ein …
    ***
    Was tot war, existierte. Was zerstört war, fügte sich wieder zusammen.
    Immer wieder.
    Augen, die nicht mehr menschlich waren, glommen rötlich. Hitze ging von ihnen aus. Der Fluch der Schwarzen Priesterin war wieder aufgelebt. Jemand hatte den Schatz entdeckt, doch mußte er erst noch gefunden werden.
    Da war Erinnerung. Da war ein Name.
    Henryk van Buuren.
    Erwacht aus dem Nichts, und nichts konnte ihn zerstören, auch wenn es den Anschein hatte. Erst, wenn der Schatz in seiner Hand war und er seinen Frieden fand …
    Vor Yannateh, der Schwarzen Priesterin.
    Ein Schiff, explodiert im Feuerhagel eines ultramodernen Kriegsschiffes, existierte immer noch. Unter dem Licht des Mondes fügten sich zersprengte Fragmente zusammen. Aus der Tiefe stieg ein Dreimaster empor.
    Ein Mann mit rot glühenden Augen umklammerte einen Dolch.
    Fiebernd starrte Henryk van Buuren in die Nacht. Er nahm schwache Impulse wahr. Gedanken, die mit dafür gesorgt hatten, daß er erwachte. Wie viel Zeit war vergangen seit damals? Er wußte es nicht. Aber Yannateh war seine Feindin, und sie war des Todes, wenn van Buuren den Schatz bekam.
    Für den so viele gestorben waren.
    Selbst er.
    Doch sein Schiff und seine Mannschaft waren kampfbereit wie immer. Nichts konnte sie wirklich aufhalten.
    Jene, die es versucht hatten, würden es bald spüren.
    ***
    Tatjana schreckte aus dem Schlaf hoch. Sie starrte in die Dunkelheit ihrer Kabine. Die Hand tastete nach dem Lichtschalter, verfehlte ihn. Die Finsternis blieb.
    Auch die Einsamkeit. Die erzwungene Einsamkeit zwischen so vielen Menschen. Doch sie mußte sich abschirmen, um nicht den Verstand zu verlieren. Und trotzdem war etwas über sie hereingebrochen, am gestrigen Nachmittag … und sie hätte es fast nicht mehr geschafft, sich vor dem Abgrund zu retten. Vor der Schwärze, die ihr Denken verschlingen wollte. Sie balancierte auf einem schmalen Grat, und sie wäre froh gewesen, wenn alles vorbei war. Aber es war nicht vorbei, es würde vielleicht nie vorbei sein.
    Weshalb war sie aus ihrem unruhigen Schlaf erwacht?
    Sie lauschte.
    Das ständige Maschinensummen umgab sie. Kein Grund zur Besorgnis, erst recht nicht zur Panik, welche sie erfassen wollte.
    Tatjana öffnete die Lippen. Sie atmete durch den Mund, fühlte, wie Lippen und Gaumen austrockneten. Im Dunkeln tastete sie nach dem Wasserglas und trank, als müsse sie sonst verdursten.
    ›Fedor‹ mußte zu ihr ›gesprochen‹ haben. Schon zweimal hatte er sich ihr auf diese mysteriöse, erschreckende Weise mitgeteilt. Seltsame, grausige Bilder stürzten sekundenlang durch ihr Bewußtsein, versetzten sie in Angst.
    ›Fedor‹ benutzte keine Worte. Er artikulierte nicht. Er teilte sich bildhaft mit, in Begriffen, die seiner Art entsprechend umgedeutet werden mußten. Doch Bilder waren schon immer auf ihre Art klarer gewesen als Worte.
    Brutal klar, grausam wirklich.
    Aber in ihrer Panik wußte sie ›Fedors‹ Bilder nicht zu deuten. Wassil Petrowitsch mußte ihr helfen. Oder der Professor. Aber sie wußte, daß beide jetzt schliefen und sie sie nicht stören durfte.
    Sie erhob sich von ihrem Bett und trat an das runde Fenster. Sie sah auf das nächtliche Meer hinaus. Sie glaubte ›Fedor‹ zu sehen, wie er aus dem Wasser sprang und klatschend wieder in den Fluten verschwand. Doch ›Fedor‹ war nicht hier. Er hielt sich dort auf, wo Tatjana die Grenzen ihres Könnens fand. Weit entfernt, außer Sichtweite.
    Aber da war noch etwas.
    Sie sah das Schiff.
    Einen großen Segler mit drei Masten, und am Topp wehte die Totenkopfflagge.
    Hatte ›Fedor‹ es ihr nicht gezeigt? Hatte er es nicht gesehen, das Schiff, das so drohend wirkte? Aber warum warnte er sie? Was wußte er? Sie bedauerte, daß sein Geist ihr so verschlossen blieb, sein Denken so fremdartig. Aber ›Fedor‹ war kein Mensch. In menschlichen Bahnen zu denken, war nicht seine Art, und auch nicht die Art der anderen seiner Rasse.
    Denn ›Fedor‹ war kein Mensch.
    Tatjana seufzte. Sie fühlte, wie Tränen über ihre Wangen rannen. Es überforderte sie alles. Sie war zu jung, sie war zu

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