0422 - Die Zeitpendler
hatte, in dem Büroteil stehen und aktivierte den Sichtschirm an seinem Schreibtisch. Zuerst wählte er die Funkzentrale des Schiffes an.
„Hatten Sie Erfolg?" fragte er unvermittelt, als das Gesicht des Verantwortlichen auf der Sichtscheibe auftauchte.
„Nein. Wir haben das gesamte Programm gefahren, jeweils viermal. Wir konnten keine einzige Veränderung feststellen, keinen Impuls, gleich welcher Art, empfangen. Es scheint, als ob der Satellit leer ist."
Rhodan knurrte: „Alaska hat eine andere Meinung. Schalten Sie bitte ein Gespräch hinunter in die Administration. Ich möchte Atlan und Deighton sprechen."
Eine Minute später war er mit den beiden Männern verbunden.
„Er hat wieder den alten, verwegenen Ausdruck", sagte Atlan sarkastisch zu Deighton und blinzelte Rhodan zu. „Gleich wird er uns mit einem neuen, tollkühnen Plan überraschen, der viel Arbeit und noch mehr Material kostet. Sprecht! Was ist Euer Plan?"
Rhodan lächelte zaghaft.
„Ehe ich anfange ... bitte, holt Waringer. Ich brauche ihn."
Der Wissenschaftler hatte im Raum gesessen und kam jetzt vor die Linsen des Gegengerätes. Rhodan begrüßte ihn kurz und begann: „Ich dachte mir folgendes: Es muß folgerichtig sein, daß unser Ghost-System nur durch einen Zufall entdeckt worden ist. Gebt ihr mir in diesem Punkt recht?"
Atlan erwiderte: „Das ist genau meine Meinung. Zufällig."
Deighton und Waringer beschränkten sich auf ein Nicken.
„Der Satellit hat einen Funkstrahl ausgeschickt, den wir nicht feststellen konnten, beziehungsweise ihn mit etwas anderem identifizierten. Dieser Leitstrahl wurde von den Cappins aufgefangen, die sich - zufällig - ebenfalls genau fünf Minuten in der Zukunft befunden haben."
Waringer warf ein: „Auch das ist logisch - wenigstens für mich."
Rhodan fuhr fort: „Also handelte es sich bei dem Beförderungsmittel der Fremden um eine Einrichtung, mit der sie Zeitexperimente durchführen können. Wo sie stationiert ist, bleibt unklar, wird uns auch weiter nicht beschäftigen. Es ist natürlich ungeheuer kompliziert und außerdem sehr unwahrscheinlich, bei Zeitreiben exakt auf die Mikrosekunde einen anderen Körper aufzuspüren, der ebenfalls in der Zeit pendelt - wie alles, was sich innerhalb des Ghost-Systems befindet. Auch dieser verdammte Satellit."
„Damit sagst du uns nichts Neues", bekannte Atlan. „Wo ist die Pointe?"
„Du wirst nicht lachen können", versprach Rhodan. „Die Pointe ist, daß wir verhindern müssen, daß die Cappins den Todessatelliten wieder verlassen können. Wir brauchen sie im Satelliten, weil sie vermutlich keine Lust haben, ebenfalls gebraten zu werden. Ich frage euch: Was haltet ihr davon?"
Atlan verstand augenblicklich, welchen Plan sein Freund vorschlagen würde.
Deighton schien etwas verwundert, wollte sich aber noch nicht äußern. Abel Waringer bekam seine berühmten glänzenden Augen; auch er verstand, was Rhodan meinte.
„Es ist nicht besonders schwierig", sagte er, „das Antitemporale Gezeitenfeld so zu schalten, daß das Ghost-System eine andere Position in der Zeit einnimmt oder entlang der Zeitlinie."
Rhodan lächelte jetzt deutlicher.
Er, der Mann, der niemals zu lachen schien, sagte kurz: „So können wir die Rückkehr der Cappins verhindern. Sie haben entweder unsere Kontaktversuche nicht bemerkt, oder aber, sie haben sie bemerkt, und es hat sie nicht besonders gestört.
Dadurch, daß wir ihnen zunächst den Rückweg versperren, haben wir immerhin ein Kommunikationsmittel gefunden."
Nachdenklich sagte Waringer: „Wenn sie nicht genau auf die Mikro-Sekunde in ihrer Zeitspur sind, können sie nicht mehr zurückkehren. Wir zwingen sie dadurch, mit uns in Kontakt zu treten. Dann können wir sie bitten, den Satelliten abzuschalten, zu sprengen oder mit sich zu nehmen - gleichgültig, was sie tun. Ein guter Plan, Großadministrator!"
Rhodan nickte ernst und sagte: „Das sollte veranlaßt werden. Ich bleibe an Bord der INTERSOLAR und beobachte weiter, was geschieht. Kann ich mich darauf verlassen?"
Waringers wissenschaftliche Eitelkeit schien gekränkt.
„Selbstverständlich!" betonte er und verließ den Raum.
Rhodan verbrachte die Wartezeit - oder wenigstens einen Teil davon - in einer Messe des riesigen Schiffes. Er saß an der langen, rechteckigen Eßtheke und hatte vor sich ein mehr als reich gedecktes Tablett. Er aß und trank langsam und mit Genuß. Um ihn herum waren andere Besatzungsmitglieder, die ihn wenig beachteten. Niemand
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