043 - Der Mann von Marokko
aber nicht heiraten, ohne daß sie verschiedenes über Sie erfährt.«
»Sie weiß alles von mir, was sie wissen muß.«
»Dann werde ich ihr noch ein wenig mehr erzählen. Immerhin haben Ihre Heiratspläne mit der Sache, die wir hier besprechen, nichts zu tun. Ich bin gekommen, um Ihnen eine Chance zu geben und mir zugleich eine Menge Unannehmlichkeiten zu ersparen. Ich brauche dieses Dokument.«
»Sie jagen hinter einem Phantom her«, entgegnete Hamon verächtlich. »Was dieses wertvolle Dokument betrifft, so existiert es überhaupt nicht - es hat sich jemand einen Scherz mit Ihnen erlaubt und sich über Ihre Leichtgläubigkeit lustig gemacht. Hören Sie, Morlake! Könnten wir unseren Streit denn nicht als Gentlemen beilegen?«
»Ich könnte das wohl von meiner Seite aus, denn ich bin ein echter Gentleman, aber Sie können Ihre Angelegenheiten höchstens als ein niederträchtiger Schwindler und Verbrecher regeln, der durch den finanziellen Ruin anderer Menschen zu Vermögen gekommen ist. Es ist die letzte Möglichkeit für Sie und vielleicht auch für mich. Geben Sie mir das Schriftstück, und wir sind miteinander fertig.«
»Eher will ich in die Hölle kommen«, rief Hamon wütend. »Selbst wenn ich es hätte - aber ich habe es nicht -« Jim nickte nachdenklich und ging zur Tür.
»Ich sehe, die Hand des Affen bleibt eben in der Kürbisflasche. Er ist zu gierig, um die Dattel fahrenzulassen.«
Hamon eilte zur Bibliothek hinauf, nachdem Morlake gegangen war.
»Unser Freund ist immer noch sehr aufsässig«, sagte er, aber er sprach in den leeren Raum. Rasch klingelte er nach dem Butler. »Haben Sie gesehen, daß Mr. Marborne weggegangen ist?« »Jawohl, er ging vor einigen Sekunden, gerade bevor Sie aus dem Wohnzimmer kamen. Er schien es sehr eilig zu haben.«
»Das ist aber seltsam«, meinte Hamon und entließ den Mann wieder.
Auf dem Schreibtisch entdeckte er eine Bleistiftnotiz.
›Wenn Sie meine Aufstellung nicht begleichen wollen, zahlen Sie vielleicht nachher eine größere Rechnung.‹
Hamon rieb sich nervös das Kinn. Was bedeuteten diese sonderbaren Worte? Wahrscheinlich war Marborne aus Ärger wieder gegangen. Hamon zuckte die Schultern und setzte sich. Er hatte keine Zeit, sich um die Launen der Leute zu kümmern, die ihm als Werkzeug gedient hatten.
Als er sich umschaute, bemerkte er, daß die Glastür zum Bücherschrank offenstand, und er hätte doch schwören mögen, daß er sie geschlossen hatte. Mit einem Fluch sprang er auf.
Das Stahlbuch war an seiner Stelle, aber der Titel stand auf dem Kopf. Jemand mußte es in der Hand gehabt haben.
Schnell nahm er es herunter, und zu seinem größten Schrecken ließ sich der Deckel öffnen. Er hatte vergessen, es zuzuschließen.
Zitternd suchte er die Dokumente durch - aber das belastende Schriftstück fehlte!
Mit einem wütenden Ausruf lief er zur Tür und rief den Butler.
»In welcher Richtung hat sich Marborne entfernt?« fragte er hastig.
»Nach rechts.« »Holen Sie mir schnell ein Auto!«
Hamon legte die Dokumente wieder in den Kasten, verschloß ihn und stellte ihn in den Schrank zurück. Dann fuhr er zu Marbornes Wohnung.
Als er dort ankam, sagte man ihm, daß der Detektiv nicht nach Hause gekommen sei. Er habe erst kurz vorher angeläutet und mitgeteilt, daß er nach dem Festland hinüber müsse.
Hamon überlegte schnell. Es blieb ihm nur eins übrig: sofort zur Polizei zu gehen. Marborne war noch Beamter und mußte sich früher oder später in Scotland Yard melden.
Dort hatte Hamon das Glück, Welling zu treffen. Der alte Herr schien über seinen Besuch in keiner Weise überrascht zu sein.
»Sie wollen Marborne sprechen? Handelt es sich um eine wichtige Angelegenheit?«
»Wird er denn überhaupt zurückkehren - ich meine. . .«, fragte Hamon atemlos.
»Sicher kommt er. Morgen früh hat er eine sehr dringende Besprechung mit dem Chef.«
»Hat er keine Freunde - wo wohnt eigentlich Slone?«
Welling rückte die Brille zurecht und sah seinen Besucher scharf an.
»Ist etwas Unangenehmes passiert?«
»Ja - ich wollte sagen nein. Wenigstens nichts Wichtiges - es geht nur mich und Marborne an.«
»So?« Welling ging zu einem Tisch, öffnete ein großes Buch und schlug Slones Adresse auf, notierte sie auf ein Blatt und gab es Hamon.
»Ich bin Ihnen zu größtem Dank verpflichtet. Ich erwartete nicht, daß Sie sich soviel Umstände machen würden.« »Wir tun, was in unseren Kräften steht«, entgegnete Welling leise.
Als Hamon
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