043 - Der Teufelskreis
Schritte, und Stimmen waren zu hören. Als er sich umdrehte, erblickte er Tim Morton und ein halbes Dutzend der Mißgeburten, die hinter ihm die Treppe her kamen.
„Mein Gott!“ rief Tim aus, als er seinen Ziehvater auf dem Boden hingestreckt sah, und stürzte zu ihm hin.
Dorian stand mit hängenden Schultern da. Er schnallte sich wie in Trance die Pistolenhalfter um. Auf einmal war ihm furchtbar kalt. Automatisch hob er sein Jackett und seinen Mantel auf und zog beides an. Die Krüppel umstanden die beiden Toten, als ob sie nicht wüßten, was sie von dem Vorfall halten sollten. Sie schienen nicht fassen zu können, daß ihr Anführer tot war.
Tim Morton kniete lange in stummer Trauer neben seinem Ziehvater. Dann erhob er sich langsam und kam auf Dorian zu.
„Wie ist es passiert?“ fragte er mit ausdrucksloser Stimme, ohne Dorian in die Augen zu blicken. Dorian schilderte ihm, was vorgefallen war.
Morton nickte nur abwesend und murmelte: „Warum mußte es ausgerechnet auch ihn erwischen? Warum ihn, wo er doch gegen den Krieg war? Er wollte eine friedliche Lösung, Sie wissen das, Dorian. Durch seinen Tod wird alles noch schlimmer.“
„Es tut mir leid für Sie, Tim“, sagte Dorian. „Ich fühle mich an seinem Tod irgendwie mitschuldig. Ich hätte Lintock durchschauen müssen.“
Tim klopfte ihm auf die Schulter, dann blickte er ihm in die Augen und sagte ernst: „Machen Sie es sich durch Selbstvorwürfe nicht noch schwerer, Dorian. Sie haben so schon Schwierigkeiten genug.“ „Wie meinen Sie das?“ fragte Dorian irritiert.
„Sid ist doch mit Ihrer Waffe getötet worden“, sagte Tim.
Dorian wich einen Schritt vor ihm zurück. „Tim, Sie glauben doch nicht, daß ich …“
Morton winkte ab.
„Ich vertraue Ihnen, Dorian“, versicherte er ihm, „aber die Krüppel denken da anders. Für die sind Sie ein Unbekannter. Ihnen waren Sie von Anfang an suspekt, und dieser Vorfall setzt Sie in ein noch ungünstigeres Licht. Sie stecken in einer verteufelten Lage, Dorian.“
„Aber Sie können doch den Krüppeln bestätigen, daß ich auf Ihrer Seite stehe, Tim. Sagen Sie ihnen, daß ich gegen die Dämonen kämpfe!“
Morton schüttelte den Kopf.
„Das hat wenig Zweck, Dorian“, meinte er bedauernd. „Auf mich werden sie nicht hören. Sid wäre der einzige gewesen, der Ihnen hätte helfen können. Aber Sid ist tot.“
„Das ist doch Wahnsinn, Tim!“ rief Dorian.
Er wandte sich den Krüppeln zu, die von den beiden Toten abließen und drohend näher kamen.
Einer von ihnen, ein kleiner, bulliger Mann mit einem Pyramidenschädel und einem Buckel, hielt seine blutige Hand in die Höhe. Zwischen seinem Daumen und seinem Zeigefinger glitzerte etwas silbern.
„Diese Silberkugel habe ich aus Sids Körper geholt, Mr. Hunter“, sagte er mit lauerndem Unterton in der Stimme. „Könnte diese Kugel nicht aus Ihrer Waffe stammen?“
Dorian preßte die Zähne aufeinander, daß seine Backenknochen hervortraten.
„Die Silberkugel stammt aus meiner Waffe“, sagte er, „aber ich habe den Schuß nicht abgegeben.“ „So?“
Die Krüppel kamen immer näher.
„Verdammt!“ rief Dorian in hilfloser Wut. „Erkennt ihr denn nicht, daß die Dämonen dahinterstecken? Sie haben diese Situation arrangiert, um uns gegeneinander auszuspielen.“
„Natürlich stecken die Dämonen dahinter“, sagte der Bucklige. „Wir haben auch keine Sekunde lang angenommen, daß Sie der Heilsarmee angehören, Mr. Hunter.“
„Flüchten Sie, Dorian!“ raunte Morton ihm zu. „Ich werde versuchen, die Krüppel aufzuhalten.
Mehr kann ich im Augenblick nicht für Sie tun.“
Aber Dorian hörte nicht auf ihn. Er glaubte immer noch, die Mißgestalteten von seiner Unschuld überzeugen zu können.
„Das ist doch kompletter Unsinn!“ rief er verzweifelt. „Wenn ich zu den Dämonen gehörte, dann hätte ich doch die Werwölfin während der Versammlung im Kellergewölbe nicht getötet.“
„Das taten Sie nur, um sie von ihren Qualen zu erlösen“, behauptete der Krüppel, der die Silberkugel aus Sidney Mortons Wunde geholt hatte. „Wir durchschauen Ihr Spiel jetzt, Mr. Hunter. Sie haben uns sehr geschickt an der Nase herumgeführt. Wahrscheinlich hätten Sie Ihr Spiel noch länger mit uns treiben können, wenn wir nicht zufällig hier aufgetaucht wären. Was für ein glücklicher Zufall für uns! Es ist nur bedauerlich, daß wir nicht schon früher kamen, dann wäre Sid jetzt noch am Leben. Aber wer weiß, wie viele
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