043 - Kampf um Cape Canaveral
Bäumen hockten, breiteten die Schwingen aus und stoben in die Luft.
»Hören Sie mich, Black? Hier spricht General Crow!«, schallte die Stimme des Generals über das Gelände. »Wir wissen, dass Sie hier sind! Ach ja - und vielleicht interessiert es Sie, dass wir eine ihrer Genossinnen geschnappt haben!«
Honeybutt spürte einen kühlen Drillerlauf an ihrem Hals. Als sie den Kopf wandte, blickte sie Kelly direkt in die verquollenen Augen. Tu mir den Gefallen und mach eine Dummheit! schienen sie zu sagen. Doch Honeybutt Hardy dachte nicht daran, ihr junges Leben jetzt schon auspusten zu lassen.
Sie musste unwillkürlich an Mr. White denken. Sie hatte den Mord an ihrem Mentor beobachtet. Er hatte keine Chance gehabt, sich zur Wehr zu setzen.
Sein Mörder Garrett, den sie alle unter dem Tarnnamen »Jazz« gekannt - zu kennen geglaubt - hatten, hatte ihm aus nächster Nähe einen Kopfschuss verpasst.
Mr. White hatte sich unter Freunden gewähnt. Bei ihr war es anders. Sie wusste, dass sie in den Händen ihrer Feinde war. Also spannte sie heimlich ihre Muskeln an und wartete auf die Chance, Kellys Nüsse endgültig zu knacken.
»Hören Sie mich, Black?!«, grollte Crow ins Mikro. »Ich gebe Ihnen fünf Minuten, sich am Shuttle-Bunker einzufinden! Wenn Sie sich bis dahin nicht ergeben haben, können Sie sich von ihrer kleinen Schlampe verabschieden!«
Niemand antwortete. Nach einer Minute, die Honeybutt wie eine Ewigkeit erschien, wandte Crow sich Captain Chambers zu und fragte mit einer steilen Falte auf der Stirn: »Wo sind eigentlich meine Tochter und Professor McKen- zie?«
Captain Chambers schaute sich um - und erbleichte.
Crow folgte ihrem Blick durch die Panzerglasscheibe und zuckte zusammen.
Die Halle, in der die Raumfähre stand, war nicht mehr so menschenleer wie vorhin noch.
Rechts neben der fertigen Kanzel stand eine rothaarige Frau mit aschfahlem Gesicht. Sie war geknebelt, und man hatte ihr die Hände auf den Rücken gefesselt.
Hinter ihr ragte Mr. Blacks muskulöse Gestalt auf. Er winkte fröhlich zu dem Kontrollraum hinauf. In der anderen Hand hielt einen Driller. Ein zweiter steckte in seinem Gürtel. Der Lauf seiner Waffe war auf den Lynne Crows Kopf gerichtet. Nun wies er auf das Headset, das er Captain Crow abgenommen und selbst aufgesetzt hatte.
General Crow ließ sich ein Gegenstück reichen, zog es auf und schaltete es ein.
Blacks schmale Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen. »Fünf Minuten?«
Seine funkübertragene Stimme troff vor Ironie.
»Ist das nicht etwas knickerig, General? Ihre Tochter sollte Ihnen viel mehr wert sein.« Honeybutt hörte Crow leise fluchen. Kellys Linke krallte sich in ihr krauses Haar, seine Rechte schwenkte unentschlossen die Waffe vor ihrem Gesicht herum.
»Hören Sie, Black…« Crows Gesicht wirkte nun noch grauer als sonst. »Seien Sie vernünftig. Machen Sie jetzt keinen Fehler. Wir können über alles reden.«
»Ach, tatsächlich?«, höhnte Black. »Bislang hieß es immer: Erst schießen, dann reden. Das ist doch Ihr Motto, oder?« Er ließ Militärchef der WCA nicht aus den Augen.
General Arthur Crow wirkte auf Honeybutt nun gar nicht mehr so mächtig. Er zeigte ein eher bescheidenes Bild. Sie stellte sich vor, wie er reagiert hätte, wenn Blacks Geisel die Tochter eines Anderen gewesen wäre. Mit Terroristen verhandle ich gar nicht erst. Terroristen legen wir um. Und wenn die Geisel mit draufgeht.
Doch nun ging es um sein eigenes Kind. Da lagen die Dinge etwas anders. Außerdem stand Black neben der Kanzel eines Fahrzeugs, das um keinen Preis beschädigt werden durfte. Er hatte den längeren Atem.
Und noch etwas fiel Honeybutt ein: Wo steckten eigentlich Mr. Eddie und Monsieur Marcel?
***
Mr. Eddie und Monsieur Marcel waren einander im Dickicht vor dem Wachlokal begegnet und hatten in ohnmächtigem Zorn mitansehen müssen, wie man ihre Gefährtin überrumpelte und fortschleppte.
»Miss 'ardy sitzt in der Merde«, sagte Monsieur Marcel. »Wir müssen etwas tun, mon Ami.«
»Ganz meine Meinung, Alta«, schnaubte Mr. Eddie und justierte die Zieleinrichtung seiner Waffe. »Ich hab Honeybutt schon immer gut leiden können.« Er zog die Nase hoch.
»Wenn die Engerlinge ihr auch nur 'n Haar krümmen, werd ich sehr, sehr böse, Alta.«
Monsieur Marcel schaute aus seiner Deckung hoch und deutete auf das Dach des Wachlokals.
»Ich schlage vor, wir schaun uns mal da oben um. Peutetre… Vielleischt wir finden eine Possibilite, die
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