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0430 - Die Hexe mit der blauen Kobra

0430 - Die Hexe mit der blauen Kobra

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Maßanzug. Eddie Colt war Porträtzeichner bei einer großen New Yorker Zeitung. Ihn hatten wir uns ausgeliehen.
    »Entschuldigen Sie, Mr. Cotton, daß ich mich verspätet habe.«
    »Bitte. Ich habe die Anwesenden bereits instruiert, Mr. Colt. Wir können beginnen.«
    Er ging zum Epidiaskop, das Phil zusammen mit ihm bediente.
    Er zog einen Zeichenblock hervor und fertigte nach meinen Angaben eine erste Skizze des Mannes an, den wir suchten.
    Als sie fertig war, schob er sie unter das Epidiaskop. Phil schaltete die Raumbeleuchtung aus. Auf der Leinwand erschien der Kopf des Mannes mit dem Wildlederhut.
    Die anwesenden Personen berichtigten und korrigierten. Eddie Colt änderte die Zeichnung so lange ab, bis die Zeugen glaubten, so sähe der Mann aus, den sie gesehen hatten.
    Danach wiederholte sich dieselbe Prozedur. Colt fertigte nach den Angaben der Versammelten eine Zeichnung der Begleiterin an.
    Nachdem beide Skizzen fertig waren, dankte ich allen und entließ sie.
    Wir ließen die Zeichnungen fotografieren und wanderten in unser Archiv hinüber, wo uns Stodder und Neville empfingen.
    Wir verteilten uns und gingen an die Arbeit.
    Es dauerte lange. Ich zweifelte bereits, ob wir überhaupt Erfolg haben würden. Es konnte doch sein, daß keiner von den beiden bei uns registriert war.
    Es ging auf Mittag zu, als Stodder plötzlich rief: »Jerry, komm doch mal bitte her!«
    Ich ging hinüber.
    Er präsentierte mir eine Karteikarte, die wie alle anderen ein Foto aufwies.
    »Das könnte sie sein«, sagte er.
    Ich nahm das Blatt hoch, verglich das Foto mit der Zeichnung und war der gleichen Meinung wie mein Kollege vom Innendienst.
    Dann las ich durch, wer die Frau war und warum sie bei uns registriert war. Sie hieß Jill Donovan, siebenundzwanzig Jahre alt. Als Beruf war Verkäuferin angegeben. Sie war wegen Warendiebstahls zweimal vorbestraft worden, was zwei Jahre zurücklag. Als besonderer Vermerk war eingetragen, daß sie unter dem Spitznamen »Jillymaus« im Milieu bekannt war.
    »Macht weiter«, bat ich Stodder und Neville, »vielleicht findet ihr auch noch den Wildleder-Boy. Phil und ich sehen uns Jillymaus an.«
    »Viel Erfolg«, brummte Neville, der Archivarbeit haßte.
    ***
    Ich hatte mir die Adresse von Jillymaus gemerkt, die auf der Karteikarte stand.
    »Hoffentlich wohnt sie noch da«, meinte Phil, als wir in den Jaguar stiegen.
    Wir fuhren zum Osten. Die Frau wohnte in der 79. Straße, im Ungarnviertel.
    Ich stoppte den Jaguar vor einem schmalen Haus.
    Drei Minuten später standen wir vor einer mageren Frau, deren Haut gelb getönt war und die uns auf die Frage, ob Jill Donovan bei ihr wohnte, zunächst verständnislos anschaute.
    »Jill Donovan?« wiederholte sie.
    »Ja, Jillymaus«, sagte ich. Da erinnerte sich die Frau. »Ach die. Sie wohnt schon lange nicht mehr bei mir. Sie ist bestimmt schon über ein Jahr weg.«
    »Wissen Sie, wo sie jetzt wohnt?«
    Sie verneinte. »Miß Donovan hat es mir nicht gesagt. Sie hat das Haus verlassen, und seitdem habe ich sie nie wiedergesehen.«
    »Fehlanzeige«, sagte ich, als wir gingen.
    »Und nun?« fragte Phil, als wir im Wagen saßen.
    »Vielleicht erfahren wir etwas am Hafen, Phil«, sagte ich.
    »Bei wem?«
    »Wir werden Penner-Softy fragen.«
    Beim Jeanette Park bog ich vom Highway ab und fuhr zum Hafen hinunter. Die Gegend war alles andere als vornehm. Zwei Meilen entfernt war ein Öltank in Brand geraten. Eine lange, tiefschwarze Qualmfahne zog träge durch die Luft. Wir hielten an einem alten Schuppen, an dessen Kopfseite eine Art Hühnerstall angebaut war.
    In ihm wohnte der Mann, den wir suchten: Penner-Softy. Phil und ich hatten schon einige Male mit ihm zusammengearbeitet.
    Ich klopfte an die Brettertür. Wir hatten Glück, der Penner war zu Hause. Der alte Stromer mit dem struppigen, unrasierten Gesicht saß auf einer Kiste und rauchte seine Stummelpfeife. In jungen Jahren war er Mitglied einiger in Manhattan bekannter Gangs gewesen.
    Mit zunehmendem Alter war er nicht mehr straffällig geworden, ging aber keiner geregelten Arbeit nach und fristete ein kümmerliches Dasein. Wovon er lebte, blieb mir stets ein Rätsel. Über irgendwelche Drähte hatte er noch Kontakt mit der Unterwelt und wußte sehr gut über alles Bescheid, was im Milieu geschah. Obwohl er wie ein Trottel aussah, hatte er sich die Pfiffigkeit und Hellhörigkeit eines gewitzten Burschen bewahrt.
    »Jerry, Phil«, rief er und breitete die Arme aus, »hab euch lange nicht mehr gesehen.

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