0430 - Vampir-Geschwister
zurück und stieß auch auf diese Legende.«
»Wenn ich dich recht verstanden habe, überlebten zwei bis heute, oder?«
Sarah Goldwyn nickte. »So kann man es sehen. Wenn ich nicht wieder hierzu einen Artikel in einer anderen Zeitschrift gelesen hätte, hätte ich mich gar nicht so intensiv damit beschäftigt.«
»Wann?«
»Es ist noch nicht lange her. Kaum eine Woche. Ich habe den Artikel ausgeschnitten, warte mal.« Die Horror-Oma stand auf und ging auf einen Schreibtisch dicht unter einem der schrägen Fenster zu. Dort lag eine grüne Ledermappe, die sie aufschlug. »Er muß noch hier drin liegen«, sagte sie.
Dann hatte sie ihn gefunden. »Da, mein Junge, es geht doch nichts über eine gewisse Ordnung.«
Sie kam wieder zurück, setzte sich und überreichte mir den Artikel. Ich las ihn schnell. Ein Reporter aus der Nähe von Newcastle hatte ihn geschrieben.
VAMPIRE IM WARK FOREST?
So lautete die Überschrift. Es waren angeblich Menschen von Vampiren angefallen worden, die durch den Wald gingen, um sich zu erholen. Zwei ältere Männer und eine Frau. Mit Stöcken hatten sie die schrecklichen Gestalten abwehren können. Jetzt vermutete man natürlich irgendwelche ungewöhnlichen Vorgänge.
Als ich den Artikel sinken ließ, fragte Sarah Goldwyn: »Was sagst du dazu?«
»War das die Gegend, wo Richard Löwenherz aufgeräumt haben soll?«
»Ja, ungefähr.«
Ich überlegte. Sollte ich der Sache trauen oder nicht? Es war verflixt schwer, hier die richtige Entscheidung zu treffen, und auch Lady Sarah dachte ähnlich. »Was ist Spinnerei, John, und was entspricht den Realitäten?«
»Dazu müßte man hinfahren.«
Ich holte das Siegel aus der Tasche und sah es mir noch einmal an.
Dabei hörte ich Sarah Goldwyn lachen. »Es kommt mir fast vor, als wolltest du es als Orakel benutzen.«
»So ähnlich.«
»Aber es wird dir nichts sagen können.«
»Nein, es ist nur eine Spur.«
»Vielleicht auch in den Wark Forest. Ich will dir ehrlich sagen, John, auch ich fühle mich kribbelig, das ist die Reiselust, die in mir steckt, weißt du?«
Ich hob beide Hände. »Nein, um Himmels willen, nur das nicht. Wenn ich fahren sollte, dann allein, bitte sehr.«
»Ich werde mich schon zurückhalten.«
»Ja, das kenne ich. So dankbar ich dir für diese Informationen bin, Sarah, aber laß mich in diese Gegend fahren. Ich weiß auch nicht, ob ich Suko mitnehme. Eigentlich ist das ein Problem, das nur mich persönlich etwas angeht.«
Die Horror-Oma gab nicht auf. »Solltest du tatsächlich mehr über dein Kreuz und deren vorherige Besitzer in Erfahrung bringen, ist es vielleicht gut, wenn jemand in deiner Nähe ist und dir eine moralischgeistige Unterstützung gibt.«
»Es ist zu gefährlich für dich.«
»Du sprichst, als wärst du schon auf der Reise.«
»In Gedanken ja.«
»Also glaubst du die Geschichte?«
Ich lehnte mich wieder zurück, hob die Schultern und blickte dabei auf das Siegel. »So direkt eigentlich nicht. Aber mich interessiert nun mal dieser Richard Löwenherz. Vielleicht kann ich seine Spur besser verfolgen als die von Hector de Valois, denn Löwenherz ist ein Bestandteil unserer englischen Geschichte.«
»Das könnte sein, John. Aber denke auch daran, daß er in Frankreich gestorben ist.«
»Was willst du damit sagen?«
»Führt die Spur der Templer nicht auch nach Frankreich?«
»Genau.«
Sie lächelte. »Siehst du. Ich sehe jetzt schon, obwohl noch gar nichts klar ist, große Zusammenhänge. Tu dir und uns einen Gefallen, John. Versuche diese Zusammenhänge aufzuklären.«
Ich stand auf. »Darauf kannst du dich verlassen.«
»Und Jane?«
Das Thema lag mir natürlich im Magen. Ich schritt zu einem der Fenster und starrte durch die schräge Scheibe. Auf ihrer Außenseite lagen dicke Wassertropfen. Die Dächer der anderen Häuser schimmerten in einem grauen Glanz. Aus einigen Kaminen quollen dünne Rauchfahnen, die im Wind zerflatterten.
»Weißt du keine Antwort, mein Junge?«
»Nein, noch nicht.«
»Vielleicht solltest du dich intensiver mit Vincent van Akkeren beschäftigen.«
»Ja, du hast recht. Andererseits brauche ich dazu erstens Anhaltspunkte und zweitens Zeit. Im Augenblick besitze ich beides nicht. Ich werde Suko natürlich als Aufpasser hier behalten. Möglicherweise findet er eine Spur.«
»Das ist graue Theorie.«
»Leider. Aber ich denke, daß Jane am Leben bleibt.«
»Wieso?«
»Ist sie nicht ein besonderer Trumpf in den Händen dieser schwarzen Macht?«
»Schon, du
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