0430 - Vampir-Geschwister
über Verbindungen zu den Templern dort?«
»Nein.«
»Die muß es aber gegeben haben.«
»Ja, das meine ich auch.« Lady Sarah lächelte so seltsam, daß ich aufmerksam wurde.
»Weißt du mehr?«
»Möglich.«
»Komm, rück schon mit der Sprache heraus.«
Sie sagte nichts, sondern stand auf. »Dazu müßten wir nach oben unter das Dach gehen.«
»Gern.«
Auf der schmalen Treppe schüttelte Lady Sarah den Kopf. »Irgendwann, mein Junge, werde ich mir in diesem Haus noch einen Fahrstuhl einbauen lassen. Schließlich wird man nicht jünger. Wenn ich so alt wäre wie du, John, ach Gott, was würde ich für Aktivitäten entfalten.«
Das glaubte ich ihr aufs Wort. Sie war nämlich trotz ihres Alters eine Frau, die keine Angst kannte. Das hatte sie schon mehr als einmal unter Beweis gestellt, und manchmal war es sehr knapp gewesen.
Ich brauchte da nur an die Fälle zu denken, die sich um Rasputin und dessen Kartenmagie drehten. Sie lagen noch nicht allzu lange zurück. [1]
Im ausgebauten Dachgeschoß schaltete Lady Sarah das Licht ein. Die Strahlen der breiten Lampen fielen auf die zahlreichen Regale und strichen dabei über die Rücken der dicht zusammenstehenden Bücher. Oftmals paßte kein Blatt mehr zwischen sie.
Aber es herrschte keine Unordnung. Ein Fremder hätte sich nicht zurechtgefunden, Lady Sarah aber wußte genau, wo das Buch stand, das sie gerade suchte.
Auch jetzt.
So schritt sie zielsicher auf eine Regalreihe zu und schaute sich die in Kopfhöhe stehenden Buchrücken an, denn dort stand der Titel, den sie suchte.
»Soll ich dir helfen?«
»Nein, Junge, es geht schon.«
Sie holte ein dickes Buch aus der Reihe hervor und setzte sich neben mich auf die Couch. Hier hatten wir schon manches Mal gehockt und Probleme gewälzt. Fast immer war es uns gelungen, eine Lösung zu finden.
»Ich habe das Buch vor Jahren einmal in Paris entdeckt«, erklärte mir Lady Sarah und war froh darüber, daß es auch in einer englischen Übersetzung zu haben war. Sie drehte es herum und wies mit dem Finger auf den Titel.
»Mystik des Mittelalters«, las ich vor.
Sie klappte es auf. »Da findest du auch etwas über Richard Löwenherz, John.«
»Tatsachen oder…?«
Sie hob die Schultern. »Ich weiß es nicht genau. Vieles ist bestimmt Sage, aber du weißt selbst, wie es darum steht. Oft steckt mehr Wahrheit darin als in den offiziellen Geschichten und Nacherzählungen.«
»Ja, das stimmt.«
Sie hatte endlich das Kapitel gefunden, das sich mit Richard Löwenherz beschäftigte, und reichte mir das Buch herüber. Ich lehnte mich zurück und begann zu lesen.
Viel Neues erfuhr ich nicht. Seine Lebensdaten waren auch hier abgehandelt worden, aber man schrieb auch über eine Zeit, wo er noch ein sehr junger Mann gewesen war.
Und da hatten sich Legenden gebildet. Es hieß, daß er eine besondere Waffe getragen habe, vor dem das Böse sich fürchtete und die er gegen finstere Bedrohungen einsetzte.
Da Sarah Goldwyn zum Teil mitgelesen hatte, zog sie auch die richtigen Schlüsse. »Kann diese Waffe, die dort nicht näher erläutert wird, dein Kreuz gewesen sein?«
»Daran habe ich auch gedacht.«
»Dann lies mal weiter.«
Das tat ich und erfuhr etwas von einer Legende, die ebenfalls aus den frühen Jahren des Richard Löwenherz stammte. Dort sollte es ihm gelungen sein, eine Vampir-Familie auszurotten, die sich auf einer Burg festgesetzt hatte. Wörtlich stand dort: Und so trieb man die Wesen, die nach Blut gierten, zusammen, geißelte sie und zeigte ihnen die gewaltigen Kreuze, bevor sie an die Pfähle gebunden und dem reinen Feuer übergeben wurden, daß sie zu Asche verbrannte, die der Wind forttrug. In dieser Nacht reifte der junge Kämpfer Richard zu einem Mann heran. Die Nacht sollte auch entscheidend für sein weiteres Leben sein, wo er stets dem Bösen widerstand und das Zeichen des Kreuzes an seine Fahnen geheftet hatte.
»Na?« fragte Lady Sarah, als ich das Buch sinken ließ. »Was hältst du davon?«
»Eine Sage.«
»Wer kann das wissen!«
»Wenn du mehr weißt, ich bin ganz Ohr.«
»Das glaube ich dir, mein Junge, aber dieses Buch sagt nicht ganz die Wahrheit.«
»In einer esoterischen Zeitschrift las ich einen Artikel, der auf den Bericht in diesem Buch Bezug nimmt. Diese Vampir-Familie soll nicht vollends ausgerottet worden sein. Zwei überlebten. In dieser Zeitschrift erschien eine Serie über Vampire, die es in England gegeben hat und die hier ihr Unwesen trieben. Man ging sehr weit
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