0434 - Die Mörderspinne
mußte wohl am Land liegen - Bekannte, die längere Zeit in den Weiten dieses Kontinents zugebracht hatten, hatten glaubhaft von Begrüßungs-Besäufnissen gesprochen, bei deren Alkoholmengen sie in der Heimat nicht mal mehr kriechend nach Hause gekommen wären, dort aber zwar alles andere als nüchtern, aber immerhin noch auf beiden Beinen sich hatten verabschieden können.
Entweder besaß der Wodka, der hier in der Sowjetunion getrunken wurde, eine andere Alkoholkonzentration, oder es lag am Land und der Luft, oder - es war Einbildung.
Dann standen sie vor Marinas Bungalow, und Saranow begrub den Klingelknopf unter seinem Daumen. Nach einer Weile ertönten hinter der Haustür Schritte, und dann wurde geöffnet.
»Sie schon wieder hier, Fedor Martinowitsch?« stieß Saranow hervor.
Der untersetzte Russe mit dem hellen Haar und dem gemütlichen Aussehen, der die Tür geöffnet hatte, lächelte. »Jemand mußte Marina doch darauf vorbereiten, daß Sie garantiert noch heute mit Ihrem Kollegen hier aufkreuzen und sie ins Verhör nehmen würden, nicht wahr? Das ist also der Wunderknabe, von dem Sie so schwärmen?« Er deutete respektlos auf Zamorra.
Der grinste ihn an. »Werde ich hier schon mit Vorschußlorbeeren bedacht? Ich bin Zamorra, neben mir meine Sekretärin Nicole Duval. Und mit wem habe ich bei Ihnen das Vergnügen, Gospodin?«
Saranow übernahm die Vorstellung. »Mein derzeitiger Assistent Fedor Martinowitsch Dembowsky… ich hoffe doch, daß Sie sich untereinander vertragen werden, meine Herren. Vor allem, da wir ja gemeinsam an dieser Sache arbeiten werden… darf man eintreten, Fedor Martinowitsch, oder möchte Marina uns heute nicht mehr sehen?«
»Kommen Sie ’rein…«
Drinnen war es etwas wärmer als im Freien, obgleich es da auch nicht gerade kalt war. Nicoles Entscheidung, sich halbwegs sommerlich zu kleiden, hatte sich als richtig erwiesen. Wer mit Sibirien Kälte verband, lag oft falsch. So kalt die sibirischen Winter sich zeigten, so warm und schön waren die Sommerperioden, und hier an der Südwestgrenze Sibiriens war das Klima ohnehin erträglicher als weiter im Nordosten, wo es Leute gab, die sich im Winter einen Spaß daraus machten, auszuspucken und das Klirren zu genießen, mit dem der noch in der Luft gefrorene Speichel den eisigen Boden erreichte.
Ein schwarzhaariges Mädchen erhob sich, als sie den Wohnraum betraten. Zamorra nickte anerkennend. Das Mädchen war außergewöhnlich hübsch. Er hatte dieses Aussehen nicht erwartet.
Diesmal besann sich Saranow darauf, daß es an ihm lag, die Vorstellung zu übernehmen. Marina nickte den beiden Gästen aus dem Ausland freundlich zu. »Einen Wodka zur Begrüßung?«
»Ich hab’s befürchtet«, seufzte Nicole. Zamorra zeigte ein resignierendes Lächeln. »Aber bitte nur zwei Fingerbreiten hoch«, deutete er an. »Wir sind Alkohol in größeren Mengen nicht gewohnt… und wir hatten schon das Vergnügen, von Professor Saranow begrüßt zu werden…«
Dembowsky schenkte für Marina ein und füllte die Gläser bis über die Hälfte. Er grinste Zamorra an.
»Sie haben etwas gegen mich, Gospodin Dembowsky«, vermutete der Professor. »Gibt es einen bestimmten Grund dafür? Habe ich Ihnen etwas getan?«
»Noch nicht«, sagte Dembowsky. »Na sdarowje!«
Sie tranken.
»Er fürchtet deine Konkurrenz, cheri«, stellte Nicole trocken fest. »Er denkt, daß wir hier ziemlich überflüssig sind. Was wir können, kann er schon längst. Saranows Begründung für unser Hiersein hält er für leicht widerlegbar, hat sich aber nicht getraut, seinem Chef das klar zu machen…«
Verblüfft sahen die anderen ihn an. »Woher - woher wollen Sie das wissen?« stieß der Assistent hervor.
»Ich habe Ihre Gedanken gelesen«, sagte Nicole leichthin und lächelte Dembowsky freundlich an.
»Ja«, murmelte er betroffen. »Ich möcht’s fast glauben… wenn es nicht unmöglich wäre…«
»Wieso ist es unmöglich?« Nicole lächelte immer noch.
»Sie ist Telepathin, Fedor Martinowitsch«, sagte Saranow ruhig.
Sein Assistent lief rot an. »Sie wollen mich auf den Arm nehmen!« knurrte er.
»Dafür sind Sie wahrscheinlich doch etwas zu schwer für meine schwächlichen Arme«, sagte Saranow.
»Es gibt den Unterschied zwischen Theorie und Praxis«, warf Nicole ein. »Das hier ist ein staatliches Institut, hier wird geforscht, hier kümmert man sich um die Theorie, und wer über parapsychologische Begabungen verfügt, ist Forschungsobjekt. Zamorra und ich
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