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0436 - Sie müssen sterben, Mr. High!

0436 - Sie müssen sterben, Mr. High!

Titel: 0436 - Sie müssen sterben, Mr. High! Kostenlos Bücher Online Lesen
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uns.
    In der Zelle lag zusammengekrümmt die Gestalt eines Mannes mit grauem Haar, silbergrauen Bartstoppeln und weit geöffneten, glanzlosen Augen. Rings um den Oberkörper hatte sich eine Blutlache ausgebreitet. Und mitten darin lag ein neuer, haarfein gespitzter Bleistift.
    ***
    Um drei Uhr siebenundvierzig nachmittags ging in der Telefonzentrale des Distriktgebäudes ein Anruf ein, den die junge Telefonistin Myrna Sanders entgegennahm. Mit ihrer leicht heiseren, immer ein wenig an eine Nachtklubsängerin erinnernden Stimme sagte Myrna ihren Spruch auf:
    »Federal Bureau of Investigation, New York District.«
    Eine Männerstimme drang durch die Leitung, rauh, seltsam fremdartig und tief:
    »Geben Sie mir High!«
    »Mr. High?« wiederholte Myrna Sanders verdutzt wegen der respektlosen Formulierung. »Einen Augenblick. Ich verbinde mit dem Sekretariat.«
    »Nicht mehr nötig«, erwiderte die seltsame Stimme. Und schon verriet das leichte Knacken in der Leitung, daß der Anrufer bereits eingehängt hatte.
    ***
    Detective-Lieutehant Harry Easton von der IV. Mordkommission Manhattan Ost hörte aufmerksam zu, als Phil ihm den Inhalt des Telefongespräches schilderte. Easton war einer jener jungen Detektive, die ihr Rüstzeug auf Hochschulen und der FBI-Akademie in Quantico erhalten hatten. Von seinen Leuten wurde er meistens »Cleary« genannt, von dem englischen Wort »Clear«
    — klar, weil ihm nachgesagt wurde, daß seine Mordkommission noch jeden Fall aufgeklärt hatte, seit Easton sie leitete. Neben ihm stand, wie immer, sein Schatten Ed Schulz, ein Detective-Sergeant von hünenhafter Größe.
    »Na, das fehlt uns gerade noch«, brummte der Lieutenant, als Phil mit seinem Bericht fertig war. »Cosa Nostra! Die wahrscheinlich größte und einflußreichsten Gangsterorganisation der Welt! Wenn die dahintersteckt, wird es eine Menge Ärger geben.«
    »Ich weiß nicht, Chef«, wandte Schulz ein. »Ich känn mir nicht denken, wie ein alter Säufer irgend etwas erfahren könnte, was die Cosa Nostra zu einem Mord herausfordern würde.«
    »Immerhin ist er tot«, sagte ich.
    Wir näherten uns der Telefonzelle wieder. Uniformierte Cops vom nächsten Revier hatten die ganze Ecke abgesperrt. Gegenüber, am Rande des Carl Schurz Parks, standen die Wagen, mit denen die Mordkommission gekommen war. Unter ihnen befand sich der große Einsatzwagen, der ein fahrbares Büro enthielt, alle Instrumenten- und Gerätekoffer für den Spurensicherungsdienst und einige kriminaltechnische Raffinessen mehr.
    Als wir wieder auf die Fernsprechzelle zutraten, standen die Mitarbeiter von Easton tatenlos herum. Der Fotograf war bei der Arbeit. Aus allen erdenklichen Blickwinkeln nahm er Bilder vom Tatort und vom Leichnam auf. Der Arzt der Mordkommission hatte vorher schon, ohne die Lage des Leichnams zu verändern, eine erste Untersuchung vorgenommen, die eigentlich nur gewährleisten sollte, daß man nicht einen Mann als Leichnam liegenließ, in dem vielleicht noch eine Spur von Leben war.
    Easton winkte einen kleinen, dicken Detektiv heran, der an die Fünfzig Jahre alt sein mochte. Er hatte Hängebacken, ein Doppelkinn und listig blinzelnde Schweinsäuglein. Trotzdem machte sein Gesicht einen melancholischen Eindruck.
    »Smitty«, sagte Easton, »das sind Cotton und Decker vom FBI. Gibt‘s was Bemerkenswertes?«
    Nachdem der beleibte Detektiv uns zugenickt hatte, antwortete er auf die Frage des Lieutenants:
    »Sicher, Chef. Der Bleistift.«
    »Was für ein Bleistift?« fragte Easton. »Neben der Leiche. Genau in der Blutlache. Ein brandneuer, noch nie benutzter Bleistift, soweit man das auf den ersten Blick sagen kann«, erklärte Smitty: »Kennen Sie einen alten Säufer, der mit einem nagelneuen Bleistift in der Tasche herumläuft?«
    »Halten Sie es für möglich, daß der Mörder ihn verloren haben könnte?« Smitty zuckte stumm die Achseln und machte eine vage Geste, die vermutlich besagen sollte: Möglich ist alles.
    Der Fotograf war ein blasser, junger Mann, der sich uns in diesem Augenblick zuwandte.
    »Ich bin soweit fertig, Chef«, sagte er. »Aber ich hielte es für nützlich, ein Bild senkrecht von oben zu machen. Meinen Sie nicht auch?«
    »Auf jeden Fall, Andy«, erwiderte Easton und drehte den Kopf zu uns: »Andy ist nicht nur ein Fotograf, er hat auch das, was ein Polizeifotograf besonders bi'aucht: den sechsten Sinn für Perspektiven.«
    Inzwischen hatte der blasse, junge Mann aus einem riesigen Koffer, der aufgeklappt auf dem

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