0436 - Testflug nach Atlantis
Meer. Also scheinen sie darauf bedacht zu sein, die Toten restlos verschwinden zu lassen, aus welchen Motiven auch immer. Das mag einer der Gründe sein, warum man niemals etwas fand. Es gibt aber auch noch eine zweite Möglichkeit."
„Und die wäre?"
„Der Sonnenkönig verriet mir im Gespräch, daß schon seit Jahrtausenden davon die Rede ist, alle überlebenden Lemurer auf Atlantis zu versammeln. Besonders jene Südamerikas. Darum auch die sogenannte 'Unterhaltung der Götter'. Es besteht somit die Möglichkeit, daß in tausend oder zweitausend Jahren auch der letzte Lemurer Südamerika verlassen haben wird. Kein Wunder, wenn es keine Spuren gibt."
„Und was ist mit den Steinbauten, den unvergänglichen Kunstdenkmälern, die es hier gibt? Die Zeichnungen? Man wird sie später finden und feststellen, daß sie nicht älter als fünftausend, höchstens zehntausend Jahre sind. Warum irrt man sich so sehr?"
„Man wird verschiedene Zeitbestimmungen machen und sich streiten. Kein Wunder, Sir. Denken Sie nur an Nazca, an den Angriff der dortigen Robotbomben. Sie beschossen uns mit atomaren Waffen. Glauben Sie nicht auch, daß die dabei entstandene Radioaktivität die in unserem Zeitalter angewendete C-14-Methode unwirksam macht, ganz davon abgesehen, daß man damit nur Zeiträume bis zu zehntausend Jahren bestimmen kann?"
Rhodan nickte zustimmend.
„Vielleicht haben Sie recht, Doktor. Vielleicht war es wirklich so.
Nun wird mir auch klar, für wen die riesigen Zeichnungen an den Felswänden, die Hinweise, bestimmt sind. Für die späteren Atlanter, die ein neues Lemuria schaffen wollen. Für sie, die alle Kinder und Götter in die neue Heimat holen sollen. Darum auch das Bestreben, hier zwar Kulturdenkmäler, aber keine menschlichen Überreste zurückzulassen. Vielleicht wollte man damit bezwecken, daß landende Haluter annahmen, die Lemurer seien inzwischen ausgestorben. Das alles kann jedoch nur im Unterbewußtsein geschehen sein, denn das Wissen ging unter.
Selbst die Götter haben vergessen, also die reinen Lemurer in den Bergen und Bergfesten."
Atlan sagte ruhig: „Asien kommt in Sicht. Sagte man nicht einmal, Asien sei die Wiege der Menschheit?"
Dr. Bashra fühlte sich in seinem Element.
„In gewissem Sinn ist das nicht unwahr, wenn auch nicht ganz richtig. Von Lemuria aus konnten sich die Überlebenden nach allen Richtungen hin retten. Über den Pazifik nach Südamerika und Atlantis. Nach Westen zu über die Inselbrücke nach Asien. Von dort gelangten sie nach Europa. Da Atlantis zehntausend Jahre vor Christi unterging und fast alle Spuren verwischt wurden, blieb nur Asien als angenommene Wiege der Menschheit. Der Cromagnon kam von dort und vernichtete die Neandertaler. So geschehen in Europa, im Mittelmeerraum, auf dem Balkan, etwa fünfunddreißigtausend Jahre vor Christi."
„Es gibt noch genug Widersprüche."
„Wir werden sie niemals ganz klären können." Dr. Bashra überlegte einige Sekunden, dann fügte er hinzu: „Darf ich einen Wunsch äußern, Sir?"
Rhodan nickte.
„Bitte, Doktor."
„Wenn wir schon Europa besuchen, wo die Eiszeit bereits beendet ist und der Mensch der Steinzeit sich einzurichten beginnt, schon das Feuer entdeckt hat, dann könnten wir doch einen Abstecher nach Marburg unternehmen. Südlich davon liegt das Karstgebiet mit seinen unzähligen Höhlen. Ich kenne viele dieser Höhlen, und in einigen fand man aufschlußreiche Wandzeichnungen und sonstige Überreste von Neandertaler und Cromagnon. Krapina - das wäre mein Wunsch. Ich habe die Höhle dort in der Gegenwart besucht, nun möchte ich sie einmal in ihrem Urzustand sehen."
„Das läßt sich machen", versprach Rhodan und nickte Atlan zu.
Stumm nickte der Arkonide zurück.
Der Stamm war von Süden gekommen, an der Küste des warmen Meeres entlang gewandert, und schließlich hatte er die nördlichen Berge erreicht. Im Süden war das Leben leichter gewesen, aber im Norden gab es mehr Wild. Im Süden war es warm, aber die Männer und Frauen des Stammes hatten Hunger.
Im Norden mußten sie frieren, aber sie wurden satt.
Moru war nicht nur der älteste Mann des Stammes, sondern auch sein Anführer. Schon mehrmals war ihm diese Stellung von jüngeren Männern streitig gemacht worden, aber immer wieder war es ihm gelungen, den Herausforderer zu töten. Da er jedesmal dessen Frau zu übernehmen hatte, besaß er nun einen ganzen Harem. Als die Sonne dem Horizont entgegensank, ließ Moru das Nachtlager errichten.
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