0440 - Mein letzter Fall?
du die Dinge erfahren hättest, die für die Gegenwart äußerst wichtig sind. Das will man verhindern. Die Hölle will eben triumphieren.«
Ich hatte noch zahlreiche Fragen, weil ich davon ausging, daß der Seher mehr über mein Schicksal wußte, aber die Brücke zwischen ihm, dem Kreuz und mir wurde schwächer.
»Ich mache also weiter wie bisher und als wäre nichts geschehen?«
»Das mußt du, John Sinclair. Gib auf keinen Fall auf, hörst du? Nicht aufgeben. Du kannst deinem Schicksal nicht entrinnen. Lenke dich ab, das ist am besten…«
»Und du, Seher? Kannst du nichts für mich tun?« Ich hatte in Gedanken geschrien.
»Ich? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Denke immer daran, daß auch meine Macht begrenzt ist, John Sinclair…«
Was er noch hinzufügte, konnte ich nicht mehr verstehen. Die Worte klangen so, als hätte sie der Wind verschluckt, der aus der Unendlichkeit gekommen war.
Aus, vorbei.
Ich erwachte wie aus einem tiefen Traum, lag in meinem Bett, war naßgeschwitzt und atmete keuchend. Die letzte Nachricht hatte mich fast umgeworfen.
Wie sollte es weitergehen? War es Bluff, was mir der Seher mitgeteilt hatte?
Nein, er bluffte nicht. Er gehörte zu den geheimnisvollsten Gestalten, die durch die Geschichte der Menschheit geisterten und deren Entwicklung beobachteten.
Dabei wußte ich nicht einmal genau, wer er eigentlich war. Ich konnte nur Vermutungen anstellen und glaubte inzwischen, daß er sich aus drei Personen zusammensetzte. Aus drei Geistern, die viel wußten und ihr Wissen zu einem vereinigt hatten. Dieser Hinweis war mir schon vor längerer Zeit gegeben worden, als ich zum ersten Mal Lilith, dieser mächtigen Teufelin, begegnet war. [1]
Allmählich wich meine Angst. Es blieb nur dieser Druck zurück, der auf meinem Brustkasten lastete. Vergeblich versuchte ich, an etwas anderes zu denken. Die Sache mit Peter Whyler kam mir plötzlich so weit weg vor. Sie war regelrecht bedeutungslos geworden.
Oder gab es möglicherweise einen Zusammenhang? Eine Sache, die von langer Hand vorbereitet worden war?
Auch daran mußte ich denken, aber ich durfte mich keinesfalls verrückt machen lassen.
Zum Glück spürte ich die Müdigkeit. Und tatsächlich gelang es mir, tief und traumlos zu schlafen. Ein Schlaf, der schon fast einem Abgleiten ins Jenseits glich…
***
Der Mann saß am Kopfende des langen Konferenztisches wie ein Denkmal und musterte die vier Männer, die sich in seiner Nähe niedergelassen hatten, aus kalten Augen.
An der linken Seite des freundlich eingerichteten Raumes fiel helles Licht durch die Scheibe aus Panzerglas. Um nicht geblendet zu werden, war das Rollo herabgelassen worden, und das Sonnenlicht kroch nur noch in dünnen Streifen durch die Ritzen, wobei es sich auf dem Boden als Muster verteilte.
Auch im Gesicht des Mannes rührte sich nichts. Wahrscheinlich hatte man ihm aus diesem Grund den Namen Granitgesicht gegeben, nur hütete man sich in seiner Umgebung, diesen Begriff auszusprechen. Ein jeder kannte die Grausamkeit und Härte des mächtigsten Londoner Mafiabosses, der Logan Cöstello hieß.
Er war in der Stadt längst zu einer Institution geworden. Die Männer, die ihn jagten und in all den Jahren noch nicht gefaßt hatten, verglichen ihn mit einem dicken Krebsgeschwür, das sich immer mehr ausbreitete und auch nicht zu stoppen war. Cöstello beherrschte die Londoner Unterwelt, die er zudem mit eiserner Strenge regierte. Was es an organisiertem Verbrechen gab, lag irgendwie in seinen Händen. Ob Rauschgift, Glücksspiel oder Prostitution, auch reine Wirtschaftsverbrechen bis hin zur Manipulation von Computern, er hatte alles im Griff. Daß dies so blieb, dafür sorgten seine Leute, die, sorgfältig von ihm ausgewählt, ebenfalls mit eiserner Strenge vorgingen und Widerstand sofort im Keim erstickten. Wenn die Leichen aus der Themse gefischt wurden, stand die Polizei machtlos da, ahnte zwar, auf wessen Konto die Verbrechen gingen, aber nie war es gelungen, Logan Cöstello etwas zu beweisen. Der hatte es immer wieder geschafft, sich den Hütern des Gesetzes zu entziehen.
Dabei besaß er einen gewaltigen Vorteil!
Dieser Vorteil war nur wenigen Eingeweihten bekannt. Von seinen Männern wußte kaum jemand etwas davon, dafür waren seine ärgsten Feinde informiert.
Cöstello konnte sich als ein Günstling des Teufels bezeichnen. Früher war er die rechte Hand des Mordliga-Chefs Dr. Tod gewesen. Nach dessen Vernichtung hatte sich Asmodis seiner erinnert, um
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