0444 - Die Nonne mit der Teufelsklaue
Platten trat, wußte sie, daß hier ein Grabstein verborgen lag.
Sie orientierte sich dorthin, wo die Gruft der Nonne lag. In diesem begrenzten Gebiet hatte sich die fremde Magie konzentriert, da war ihr Kontakt zu Bethsame besonders intensiv.
Karen hatte den Ruf vernommen. Sie wußte auch, daß es in den nächsten Stunden eine Entscheidung geben würde. Die beiden Männer waren gefährlich. Besonders der Blonde, der eine Waffe trug, vor der sich die Nonne fürchtete.
Karen selbst nicht, aber sie hatte die telepathisch übermittelten Worte ihrer Geistführerin genau verstanden, und sie wußte auch von dem Plan der Nonne.
Gemeinsam wollten die beiden diese Eindringlinge töten!
Karen Cullogh setzte ihre Schritte so sachte wie möglich. Nur das hohe Gras raschelte, wenn sie sich voranbewegte. Längst lag der Schweiß auf ihrem Körper. Vom Sumpf her wehte ein fauler Geruch über den Friedhof. Er paßte zu dieser Umgebung.
Um die übrigen Grabstätten kümmerte sie sich nicht. Für Karen war die Gruft wichtig, und als sie ihr Ziel erreicht hatte, lehnte sie sich mit dem Rücken gegen das Gestein, um tief durchzuatmen.
Allmählich beruhigte sich ihr Herzschlag. Karen ließ ihren Blick über den Friedhof gleiten. Still und verlassen lag er vor ihr. Manchmal bewegten sich die Blätter der Bäume, wenn der Wind für einen Moment auffrischte.
Ansonsten war es still.
Auch von den beiden Grabschändern hatte sie noch nichts gesehen. Es war ein Frevel gewesen, das Grab zu betreten und den Sarg zu öffnen. Aber sie würden dafür bezahlen.
Nur Karen hatte das Recht, die Gruft zu betreten.
Sie öffnete vorsichtig die Tür, schaute hinein und sah noch das Loch, auf dessen Grund der alte Steinsarg stand. Da war sie vor über 400 Jahren beerdigt worden, aber sie war nicht tot. Die Hölle hatte ihr eine Hintertür offengelassen.
In der Gruft war es stickig. Die Luft war verbraucht. Selbst die alten Steine strahlten eine gewisse Fäulnis aus. Karen fühlte sich zwar nicht wohl, aber sie durfte die Gruft auch nicht verlassen, wenn der direkte und intensive Kontakt erhalten bleiben sollte.
Jeder sollte sterben, der das Geheimnis entdeckt hatte. Und es hatte Tote gegeben. Karen fühlte sich nicht als Mörderin, obwohl sie indirekt daran beteiligt war, denn sie allein hatte es der Nonne ermöglicht, diese Taten durchzuführen.
Die nächsten Stunden waren die entscheidenden, aber Karen konnte nicht allein entscheiden. Sie brauchte Hilfe. Deshalb rief sie nach der verstorbenen Nonne.
»Bethsame…« Ihre Stimme klang nicht laut, dennoch wurde der Ruf gehört, dessen war sie sicher.
Noch tat sich nichts, auch beim zweiten Ruf nicht, aber das Mädchen wußte, daß der Geist der Nonne bereits in der Nähe lauerte. Sie hatte einfach das Gespür dafür. Zwar zeigte sich äußerlich alles normal, doch der Druck in ihrem Innern kam nicht von ungefähr. Die Nonne mußte in der Nähe sein.
Und sie kam…
Aus dem Unsichtbaren hervor drängte sich die Geistgestalt dem Mädchen entgegen.
Karen ging zurück, bis sie mit dem Rücken gegen eine Gruftwand stieß. Dort blieb sie mit ausgebreiteten Armen und mit flach gegen die Wand gelegten Handtellern stehen.
Bald, bald war sie in ihr.
Karen wartete. Ein kühler Hauch strich plötzlich durch die Gruft und an ihrem Gesicht entlang, wo er sich konzentrierte. Das Mädchen öffnete seinen Mund und spürte plötzlich die Kälte.
Die Nonne war da!
Karen sagte nichts. Sie konnte auch nicht sprechen, aber sie fühlte, daß sie zu einer anderen wurde. Äußerlich sah sie aus wie immer, aber in ihrem Innern hatte etwas Unheimliches von mir Besitz ergriffen.
Karen stand an der Wand gelehnt, aber sie nahm es nicht richtig wahr, denn sie hatte das Gefühl, einfach wegfliegen zu können. Sie kam sich so leicht wie eine Feder vor. Vieles, das ihr als normaler Mensch verschlossen geblieben war, hatte sich ihr plötzlich eröffnet.
Alles war so frei geworden, so wunderbar…
Neue Dimensionen wurden ihr erschlossen, besonders dann, als sie die Stimme der Nonne vernahm, die nicht nur ihr Gehirn durchschwang, sondern sich überall im Körper verteilte.
»Du bist gekommen, Kind, um mich zu begrüßen…«
»Nicht nur das!« Karen sprach keuchend und stockend. »Es gibt einen anderen Grund.«
»Ich weiß, die beiden Männer.«
»Ja, sie sind Zeugen. Sie wissen Bescheid, und sie sind gefährlich. Ich habe es erlebt. Sie wissen von mir.«
»Du hast dich nicht gut verhalten, denn du bist in das
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