0447 - Totenschiff der Templer
seinen Blick. Er schaute über den kleinen Platz, sah im ersten Augenblick nichts, dann jedoch erkannte er das Schlimme.
Sie hatten sich im Schutz der Dunkelheit versteckt gehalten und auch im Schatten der nahe wachsenden Bäume und einer Mauer.
Fast lautlos schlichen sie näher.
Säbel, Schwerter, Entermesser gehörten zu ihren Waffen. Es sah so aus, als wollten sie die Kirche stürmen.
Suko zog sich zurück.
Ich hatte geahnt, daß es passiert war. Bevor ich jedoch eine Frage stellen konnte, kam Suko auf mich zu und sagte mit leiser, aber gut verständlicher Stimme: »Sie sind da, John…«
***
Ich gab zunächst keine Antwort, nickte nur und erkundigte mich dann nach der Anzahl.
»Wahrscheinlich die gesamte Besatzung.«
»Auch der Kapitän?«
»Ihn habe ich nicht gesehen.«
»Aber das ist eine Kirche!« schrie Mario mit lauter Stimme. »Ich habe Vertrauen in die Kirche. Die Mauern sind dem Guten geweiht. Hier kommt nichts rein.«
»Im Regelfall nicht«, gab ich ihm recht. »Manchmal allerdings gibt es Ausnahmen. So wie jetzt.«
»Bleiben wir?«
Ich verzog das Gesicht. »Es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben.«
Auch Suko dachte ähnlich. Er hatte es nur nicht ausgesprochen, sondern seine Dämonenpeitsche gezogen. Er schlug einen Kreis über den Boden, die drei Riemen rutschten hervor, und er sagte mit knirschend klingender Stimme: »An Bord des verdammten Schiffes bin ich nicht dazu gekommen, die Peitsche einzusetzen. Das wird mir nicht noch einmal passieren. John, ich warte an der Tür.«
»Gut.« Von Mario wollte ich wissen, ob es noch einen zweiten Ausgang gab.
»Ja, links vom Altar. Der führt zur Sakristei.« Er bewegte unruhig seinen rechten Fuß. »Der Hinterausgang ist immer abgeschlossen, wie ich weiß. Nur wenn der Pfarrer da ist, kann man die Tür benutzen.«
»Das ist gut.«
»Aber es kann heute auch anders sein. Man weiß ja nie. Bei diesem Fest sind die Menschen alle auf den Kopf gestellt. Die Piraten haben sich einen guten Zeitpunkt ausgesucht.«
Jedenfalls traue ich meinen Gegnern alles zu, besonders einen Trick. Vielleicht hatten uns die Piraten nur ablenken sollen. Möglicherweise lauerte die eigentliche Gefahr woanders.
»Was soll ich denn jetzt machen?« erkundigte sich Mario.
»Sie warten ebenfalls ab.«
Er nickte. »Soll ich mich an ein Fenster stellen?«
»Wenn Sie hinausschauen können, bitte.«
»Ich werde es versuchen.« In seinem Gesicht arbeitete es. Er stand unter Druck. Wir befanden uns zwischen Mauern, die Hoffnung geben sollten, doch Mario brachten sie Angst.
Auch mir war nicht wohl zumute. Wenn ich daran dachte, daß die andere Seite es geschafft hatte, mein Kreuz zweckzuentfremden und das möglicherweise auch ein Zeichen für die Zukunft werden konnte, wurde mir ganz anders zumute.
Hector de Valois hatte einen Halbbruder besessen, und er war praktisch auf diesen Menschen reingefallen.
Das Kreuz stand wuchtig im Schein der Kerzen. Es warf einen gewaltigen Schatten, der sich auf dem Kirchenboden ausbreitete.
Mario Scirea schob eine kleine Kirchenbank unter das Fenster.
Das kratzende Geräusch durchdrang die Stille der Kirche. Unter dem Fenster ließ er die Bank stehen, kletterte hinauf und konnte, wenn er eine Klappe an der Scheibe öffnete, nach draußen schauen.
»Bei mir hat sich nichts getan!« meldete sich Suko. »Ich höre ihre Schritte nicht.«
»Was ist mit der Frau?«
»Ich habe nicht sehen können, ob sie noch lebt. Hoffe es aber.«
Schwere Schläge dröhnten von außen gegen die Kirchentür. Die Echos pflanzten sich fort, wurden auch von Mario vernommen, der einen ängstlichen Kommentar abgab.
»Verdammt, die brechen die Tür auf.«
»Bleiben Sie an ihrem Platz!« rief ich ihm zu. Noch einmal warf ich einen Blick auf das Kreuz. Der Kerzenschein huschte über die dicken, grauen Quader, aus denen es erbaut worden war.
Das Licht hatte auch seinen Weg in die eingeritzten Gravuren der Zeichen gefunden und füllte sie aus. So wirkte das große Kreuz wie ein geheimnisvoller Leuchtkörper.
Die Sakristei war wichtig. Mario hatte mir den Weg erklärt, den ich zu gehen hatte. Nicht eine Sekunde zögerte ich noch. Die Bankreihen hatte ich schnell hinter mir gelassen. Wieder dröhnten schwere Schläge gegen die stabile Kirchentür. Es würde der Zeitpunkt kommen, da begnügten sich unsere Gegner nicht mehr mit Schlägen. Da nahmen sie ihre Waffen und brachen das Portal auf.
Einen kurzen Blick gönnte ich dem Altar. Er gefiel mir, weil er
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