0447 - Totenschiff der Templer
gelungen?«
»Bis jetzt ja.«
Wir hatten mittlerweile eine der Gassen erreicht, die zum Marktplatz führten. Auch die schmalen Straßen waren geschmückt worden. Aus den Fenstern hingen Fahnen. Bunte Lichterketten bildeten Brücken zwischen den einzelnen Häusern.
Uns kamen tanzende Jugendliche entgegen. Sie hielten Rotweinflaschen in den Händen und begrüßten Mario mit großem Hallo. Er nahm ihre Einladungen nicht an.
Sie lachten ihn aus und liefen weiter.
Vom Markt her erklang Musik. Nicht aus Radios oder Recordern, das war live.
Fünf Musiker standen auf einem Podest und spielten populäre Schlager und Chansons. Gekleidet waren sie ganz in Weiß. Nur die Sängerin trug ein enges schwarzes Kleid, das viel von ihren Reizen sehen ließ. Das Haar war zu blond, um echt zu sein und so frisiert, daß es Ähnlichkeit mit der Frisur der Monroe aufwies.
Auf direktem Weg mündete die Gasse in den Marktplatz. Man hatte lange Bänke aufgestellt. Dazwischen standen die erhöhten Tische. Auf einer Seite bewegte sich schaukelnd ein gewaltiger Schwenkgrill unter dem Holzkohle-Feuer.
Auch hier überspannten bunte Leuchtgirlanden den Platz. Sie hingen von Fenster zu Fenster.
Es war schwer, einen Platz zu bekommen. Wer nicht tanzte, aß oder sich anderweitig beschäftigte, saß auf den Bänken dicht an dicht mit seinem Nachbarn.
Der Rotwein floß in Strömen. Es gab aber auch Rose, einen Weißen, und ich entdeckte ebenfalls ein großes Bierfaß.
»Einen Schluck könnte ich vertragen«, sagte Mario.
Wir hatten nichts dagegen.
Für Bier entschieden wir uns. Das löschte am besten den Durst.
Man hatte Mario Scirea erkannt. Er wurde mit großem Hallo begrüßt und dann ungläubig bestaunt, als man seine Pflaster entdeckte und auch die zerfetzte Kleidung.
»Hast du mit einem Hai gekämpft?«
»Oder war Brigitte so wild?«
»Nein, gib das Bier und laß mich in Ruhe.«
»Schon gut«, sagte der Zapfer, »schon gut.«
Suko zahlte diesmal. Mit den Glaskrügen in der Hand schlenderten wir über den Marktplatz.
Das Bier tat gut. Ich fühlte mich fast so ausgetrocknet wie ein alter Schwamm.
Neben einem freien Platz, der als Tanzfläche benutzt wurde, blieben wir stehen. Auch Mario Scirea ließ seine Blicke über die Anwesenden wandern. »Ich sehe den alten Pfarrer nicht.«
»Vielleicht ist ihm das Fest zu aufregend.«
»Kann sein, aber…« Er hob die Schultern. »Sonst war er immer dabei. Zudem ist er noch ziemlich rüstig.«
»Wo wohnt er denn?« fragte Suko.
Mario deutete auf den Schatten eines Kirchturms, der sich zwischen den Häusern und hinter dem Marktplatz deutlich sichtbar erhob. »Oberhalb der Kirche.«
»Wo steht denn das Kreuz?«
»Das müßte in der Kirche sein.«
»Dann laßt uns zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen«, schlug ich vor. »Zum einen besuchen wir den alten Pfarrer und sehen uns anschließend das Kreuz an.«
Niemand hatte etwas einzuwenden. Wir wollten auch schon gehen, als Mario den alten Mann doch entdeckte. Er hatte am Schwenkgrill gestanden und hielt ein kleines Papptablett fest, auf dem ein Stück Fleisch lag. Jetzt suchte er einen Platz.
Mario war schneller. Er baute sich vor dem alten Herrn auf und deutete auf eine Lücke auf einer Bank. Den alten Pfarrer hatten wir in die Mitte genommen.
»Das ist ja wie bei einem Tribunal. Was habt ihr mit mir vor?«
»Wir möchten, Abbé, daß Sie uns einige Fragen beantworten«, erklärte Mario.
»Jetzt?« Er schob sich mit den Fingern ein Stück Fleisch in den Mund. Sein Gesicht zeigte kaum Falten. Es war wetterbraun, und auf dem Kopf wuchsen dünne, weiße Haare.
»Ja, es ist wichtig.«
Der Abbé schaute uns an. »Auch für diese Herren hier?«
Mario nickte. »Es sind meine Freunde, und es geht um verdammt viel, Abbé.«
»Dann laß mal hören, Junge.«
»Sie kennen das Kreuz in der Kirche.«
Der Pfarrer aß, nahm einen Schluck Wein und schob Weißbrot zwischen die Lippen. »Wer kennt es nicht? Wir haben es ja für den heutigen und morgigen Tag herholen lassen.«
»Wie alt ist es?«
Der Abbé hob die Schultern. »Das kann man auf ein oder zwei Jahre nicht bestimmen.«
»Es war aber schon vorhanden, als Hector de Valois hier an Land ging -oder?«
»Man sagt es so.«
»Und wer hat es angefertigt?«
Der Abbé hob den Blick. »Weshalb willst du das wissen, Mario? Bist du plötzlich so fromm geworden?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht frommer als sonst auch. Aber ich brauche eine Antwort.«
»Die Historiker haben sich
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