0447 - Totenschiff der Templer
Kreuz aus der Dorfkirche geholt. So sieht es aus.«
Die Überraschungen in diesem Fall rissen nicht ab. Ich fragte:
»Wann findet die Wallfahrt statt?«
»Morgen geht es los.«
»Aber das Kreuz ist schon da?«
»Ja, sie holen es immer vorher. Es ist ein sehr beschwerlicher Weg von den Bergen bis in das Dorf. Vier Pferde ziehen den Wagen, auf dem das Kreuz seinen Platz gefunden hat.«
Suko mischte sich ein. »John, du kannst sagen, was du willst, aber das muß ein großer Teil des Motivs sein. Eine andere Erklärung habe und finde ich nicht.«
Ich wandte mich wieder an Mario. »Können Sie uns Einzelheiten über die Herkunft des Kreuzes berichten?«
Er hob die Schultern. »Nein, eigentlich nicht. Das liegt alles im Dunkel der Geschichte.«
»Gibt es auch keine Verbindung zu den Templern?«
Er nickte. »Doch. Es stammt aus der Zeit des Hector de Valois. Soviel weiß ich auch.«
»Wer hat es gebaut?«
»Vielleicht war er es.«
»Gibt es jemand im Dorf, der genauer über das Kreuz Bescheid weiß?« wollte Suko wissen.
Mario Scirea überlegte. Er drückte einen Finger unter sein Kinn.
»Ja, ja«, murmelte er nach einer Weile. »Da kann es jemand geben. Da muß es sogar jemand geben. Wir haben einen alten Pfarrer in Estre wohnen. Er ist längst pensioniert, schon über 80, aber der kennt, wie die meisten Pfarrer, die Geschichte seiner Gemeinde. Er war wohl immer in Estre tätig.«
»Dann müssen wir mit ihm reden. Und zwar noch am heutigen Abend.«
Mario verzog das Gesicht. »Das Fest hat schon begonnen. Es wird nicht einfach sein, den Pfarrer wegzulotsen.«
»Wir versuchen es.«
Mittlerweile waren wir in Küstennähe gekommen. Auf den Wellen tanzten quirlige Schaumkronen. Die Gischt sprühte über das Boot hinweg, wenn ich die Wellen anschnitt. Vor uns öffnete sich der kleine Hafen.
Auf den Kaimauern brannten Lichter. Dahinter schaukelten bunte Laternen. Die Uferstraße war geschmückt worden. Manchmal wehte der Wind Musikklänge zu uns herüber.
Ein kleiner Ort wollte feiern. Und niemand ahnte, welch eine Gefahr im Hintergrund lauerte. Ich war fest davon überzeugt, daß die Zombie-Piraten der abtrünnigen Templer erscheinen würden.
Sicher lenkte ich das Boot in den Hafen. Im Schein der Laternen wiegten sich die Masten der hier liegenden Segelschiffe. Auch die festgetäuten Motorboote rieben mit den Bordwänden aneinander.
Diese Geräusche bildeten zusammen mit dem Klatschen der anlaufenden Wellen den typischen Hafenhintergrund.
Suko war schon auf den Kai gesprungen und schnappte das Tau, das ich ihm zuwarf. Er wickelte es um einen Poller. Mario stieg nach ihm von Bord. Er hatte Schwierigkeiten beim Gehen und zog das Bein nach. Eine Oberschenkelwunde machte ihm so zu schaffen. Das Pflaster mußte erneuert werden.
»Mario, wenn Sie sich ausruhen wollen…«
»Nein, ich bleibe bei Ihnen. Ich will jetzt wissen, wie die verdammte Sache weitergeht.«
»Okay, einverstanden.«
Wir standen auf dem Kai. Licht umhüllte uns.
Die Hitze des Tages hatte sich verflüchtigt, die Kühle der Nacht war noch nicht gekommen. Die angenehme Zwischentemperatur war für uns erholsam.
Ich erkundigte mich nach dem Zentrum des Ortes. Da fand sicherlich auch das Fest statt.
Mario deutete über die Uferstraße in die schaukelnden Lichter hinein. »Dahinter liegt der Marktplatz. Dort versammelt sich alles, was Rang und Namen hat. Anschließend ziehen die Menschen dann in einer Prozession durch Estre. So war es immer, so wird es auch weiterhin sein. Es sei denn, etwas stoppt sie.«
»Was wir doch nicht hoffen wollen.«
Zwar war die WM vorbei, dennoch rollten Wagen über die Uferstraße, deren Fahrer die Finger nur intervallweise von der Hupe nahmen. Das Plärren der Autoradios gefiel mir überhaupt nicht. Die verschiedenen Sender überboten sich mit Pop- und Rockmusik.
Es waren auch viele Fremde im Ort. An der Côte d’Azur wird eben jedes Fest mitgenommen, da für die meisten der Sommer noch immer viel zu kurz ist.
Viele Geschäfte hatten geschlossen. Auch Marios Kiosk war zu.
Vor der Verkaufsöffnung befand sich der Schlagladen. Auf ihm klebten flüchtig angebrachte Plakate, mit denen der Wind spielte.
»Brigitte ist auch feiern?« fragte ich.
»Sicher. Man reißt sich um sie.«
»Und Sie nicht?«
Mario schüttelte den Kopf. »Nein, sie ist eine Verwandte. Aber ich passe auf, daß sie nicht in die Hände irgendwelcher Playboy-Haie fällt, die zu viel Geld und auch zu viel Zeit haben.«
»Ist Ihnen das
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