0448 - Salomos Omen
Kraft sich durch den Körper fraß.
Sie zerstörte ihn.
Die hellen Augen verschwanden aus dem Gesicht. Etwas drückte sie nach innen. Knochen, sofern sie noch vorhanden waren, fielen zusammen. Sie verwandelten sich in knisternden Staub, aus dem schließlich auch die gesamte Gestalt bestand, die als Rest vor uns am Boden lag und sich nicht mehr rührte.
Ich drückte mich wieder hoch und flüsterte: »Das habe ich mir gedacht.«
»Wie?« fragte McLagglen.
»Es sind unterschiedliche Magien.« Die Antwort galt meinem Freund Suko. »Wenn sie aufeinandertreffen, muss die schwächere einfach unterliegen. So lautet das Gesetz.«
»Jetzt kann man ihn zusammenfegen!« flüsterte der Kollege. Er hob die Schultern. »Und so etwas war einmal ein Mensch. Ich… ich komme nicht darüber hinweg.«
»Ja, das ist auch schwer. Aber sehen Sie es mal anders. Sie brauchen sich um diesen Fall nicht mehr zu kümmern. Wir übernehmen ihn.«
Ob McLagglen glücklich darüber war oder nicht, konnte ich nicht erkennen. Er gab keinen Kommentar mehr ab. Ich trat auch zur Seite und zündete mir eine Zigarette an.
Suko untersuchte den Rest noch einmal, der zurückgeblieben war. Er wunderte sich ebenfalls und musste sich räuspern. »Es ist mir vieles ein Rätsel. Sogar die Scheibe hat sich aufgelöst. Sie steckte in seinem Seesack.«
»Hast du sonst noch etwas gefunden, das von Bedeutung werden könnte?«
»Nein, nur normale Dinge. Kleidungsstücke, die man an Bord trägt. Arbeitsanzüge.«
»Stellt sich die Frage, woher er diese Motivscheibe hatte?«
»Das kann ich dir sagen. Der muss sie einfach aus seiner Heimat mitgebracht haben.«
»Und was war der Grund?«
»Vielleicht erfahren wir den, wenn wir das Schiff untersuchen, mit dem er kam.«
»Sicher, kann sein.« Ich nahm einen Zug und trat die Zigarette dann aus.
»Weshalb hat er seinen Seesack mitgenommen und ihn nicht auf dem Schiff gelassen, wenn sich doch nur alte Arbeitsklamotten darin befanden? Das war doch nur eine Belastung.«
»Okay, durchsuchen wir das Schiff.« Ich sprach mit McLagglen darüber und fragte ihn auch, ob er dies veranlassen könnte.
»Ich werde mich sofort darum kümmern.« Der Captain verschwand.
»Das ist wie bei der Schlangenhand in Portugal«, murmelte ich. »Auch da spielte ein Schiff die Hauptrolle. Es war mit einer Magie geladen. Mal sehen, wie es hier läuft.«
»Kannst du dir ein Motiv für diesen Amoklauf vorstellen?« erkundigte sich mein Freund.
»Nein.«
»Ich auch nicht.«
»Außerdem hat er von der Hölle Salomos gesprochen«, fügte ich noch hinzu.
»Dann muss es für ihn eine Hölle gewesen sein.«
»Vielleicht ist er ausgestoßen worden. Er muss sich irgendwie verfeindet haben.«
»Wie auch die andere Besatzung des Schiffes?«
Suko lachte. »Das werden wir ja bald wissen, John.«
Noch mussten wir auf McLagglen warten, aber der ließ sich Zeit. So standen wir weiterhin zwischen den alten, grauen Häuserfronten, die so aussahen, als würden sie im nächsten Moment zusammenbrechen. An den Fenstern zeigten sich die ersten Bewohner. Die Neugierde hatte ihre Furcht verdrängt. Manchmal öffneten sie sie auch und lehnten sich hinaus.
Kommentare gab niemand ab. Wir wurden schweigend beobachtet und fühlten uns unter den Blicken nicht wohl, da wir Fremdkörper waren.
Endlich kam McLagglen zurück. Bevor er uns erreicht hatte, sahen wir seinem Gesicht an, dass etwas schiefgelaufen sein musste.
Kopfschüttelnd blieb er bei uns stehen.
»Da ist nichts mehr zu machen. Das Schiff ist ausgelaufen.«
Ich starrte ihn an. »Ach, so plötzlich?«
»Ja.«
»Gab es einen Grund?«
»Den braucht wohl niemand anzugeben. Außerdem hatten wir bisher keinen Grund, den Kahn festzuhalten. Die Star of Salomo ist weg, daran müssen wir uns gewöhnen.«
»Sie kann noch nicht weit sein!« warf Suko ein.
»Das ja.«
»Dann müssen wir hinterher.«
»Die Drei-Meilen-Zone hat der Kahn längst verlassen. Und ihn auf dem offenen Meer zu stoppen, ist immer eine riskante Sache.«
Da hatte er recht. Aber wir mussten auf den Kahn. Wahrscheinlich lag dort das Geheimnis des Amokläufers verborgen.
»Star of Salomo heißt das Schiff«, sagte Suko. »Ich finde es irgendwie bezeichnend.«
»Stimmt.«
McLagglen meinte: »Ich kann mich erkundigen, wo es sich ungefähr befinden müsste. Das Hafenamt ist zwar nur noch schwach, weil kaum Schiffe uns hier anlaufen, aber die Unterlagen müssten dort sein.«
»Das wäre gut.«
Diesmal folgten wir McLagglen und
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