0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat
so einen Radau zu machen.«
»Nimm die Hand weg, Goliath«, brummte ich. Mir reichte es allmählich für eine gewöhnliche Freitagnacht.
»Passt dir wohl nicht, Kleiner, he?«, rülpste er. Ich drehte den Kopf, um aus der Richtung seiner Schnapsfahne zu kommen. Er hielt es für ein Anzeichen von Schwäche. »Kriegst du schon keine Puste mehr, he?«, grölte er hämisch und zog mir den linken Handrücken durch mein Gesicht.
In keiner Dienstvorschrift steht, dass man sich von einem angetrunkenen Gorilla ohrfeigen lassen muss. Ich trat ihm gegen das Schienbein, damit ich ein bisschen Platz bekam, rammte ihm den Ellenbogen in die Brustgrube und setzte ihm die rechte Handkante auf den Unterarm, mit dem er mich festhielt.
Bevor er sich in irgendeine Wut hineinsteigem konnte, hatte er den blaugoldenen FBI-Stern vor Augen.
»Wenn du dich unbedingt schlagen willst, kannst du es haben. Aber das Ende erlebst du in einer soliden Zelle, wo du gesiebte Luft atmen kannst. Wo steckt dein Boss?«
Er rieb sich die Stelle an seinem Arm, wo ihn meine Hand getroffen hatte. Mit schmerzlich verzogenem Gesicht grunzte er: »Keine Ahnung.«
Ich tippte auf seine Schulter.
»Okay, Freundchen. Du kommst mit.«
»Wohin?«
»Ins Distriktgebäude. Wohin sonst? Ich nehme dich fest wegen Begünstigung.«
Er stotterte hastig ein bisschen herum, dann hatte er sich entschlossen. »Ich weiß es nicht genau«, krähte er giftig. »Wahrscheinlich sitzt er in der Hammon Bar.«
Kurze Zeit später parkten wir vor der Bude, die sich Hammon-Bar nannte, und die nicht mehr als ein gewöhnlicher Ganovenschuppen war, in dem Bier und vermutlich unverzollter Moonshine-Whisky verkauft wurde.
Die Attraktion des Lokals war drittklassiger Striptease von abends neun bis morgens fünf, und das ohne Pause. Als wir eintraten, blieb uns die Luft weg.
Die Mädchen auf der winzigen Bühne brauchten keine Schleier, denn die Rauchschwaden waren dicht genug, um alles einzunebeln. Wir suchten eine Weile herum, bis wir unseren Mann ganz vorne an der Bühne entdeckt hatten. Er war nicht allein. Mit einem einzigen Blick verständigte ich mich mit Phil. Er schob sich nach rechts zwischen den Tischen hindurch, während ich mein Ziel direkt ansteuerte. Rings um uns pfiffen, schrien und grölten ungefähr hundertzwanzig Männer, von denen garantiert die Hälfte bei der Polizei bestens bekannt war.
An dem Tischchen war noch ein Stuhl frei. Ich setzte mich, schob mir den Hut ins Genick und sagte:
»Hallo, Mockton. Stehen Sie vor der Pleite, daß Sie sich in einer so billigen Bude herumtreiben müssen?«
Bill Mockton trug einen Smoking, der wenigstens zweihundert Dollar mehr gekostet hatte als meiner. In seinem sonnengebräunten, von ein paar Falten durchzogenen Gesicht waren die stahlgrauen kalten Augen das Beherrschende.
Neben ihm thronte eine Riese von etwa zwei Metern. Sein dunkler Anzug mußte Maßanfertigung sein, denn für diese Ausmaße gab es keine Konfektionsgröße.
Der Kopf des Burschen glich einem Würfel, an den man zwei zerschlagene Blumenkohlohren und eine winzige Nase geklebt hatte. Seine Augen standen zu eng, waren gräulich und blickten gefühlvoll wie die einer aufgescheuchten Klapperschlange. Als ich mich diesen beiden Herzchen gegenübersetzte, mit dem Rücken zu dem braunhäutigen Zwillingspärchen, das sich auf der Bühne gerade entblätterte, sah der Riese fragend zu Mockton, bekam einen lässigen Wink mit dem Zeigefinger, als ob Mockton ein lästiges Insekt damit verscheuchen wollte, und wollte sich daraufhin gehorsam über mich hermachen. Vielleicht dachte er, er könnte mich als zweites Abendessen verspeisen. Nur legte ihm gerade in diesem Augenblick mein Freund Phil von hinten die Hand auf die Schulter und sagte sehr ruhig:
»Lieber nicht.«
Mockton schielte über die Schulter. Ich beugte mich ein wenig vor und hielt ihm den linken Handteller hin. Der blanke Stern reflektierte das Licht in blitzenden Funken.
Die kreisförmige Inschrift UNITED STATES DEPARTMENT OF JUSTICE — FEDERAL BUREAU OF INVESTIGATION mußte selbst ein Kurzsichtiger auf diese Entfernung hin lesen können.
Bill Mockton besah sich den Stern, trank einen Schluck Whisky und zeigte keinerlei Anzeichen von Nervosität. Der Riese schielte zu ihm herüber und wartete auf weitere Befehle. Mockton setzte das Glas gelassen auf den Tisch zurück und fragte:
»Was soll das? Was wollen Sie?«
»Kommen Sie mit an die Luft. Wir möchten mit Ihnen sprechen.«
»Haben Sie einen
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