0451 - Drei Gräber bis Soho
überwinden.
Er kam von einer anderen Welt in die Gegenwart, er musste Hindernisse zur Seite schaffen, die in jahrhunderte langer Arbeit aufgebaut worden waren.
Die Kraft der Sonnengöttin hatte ihn bisher zurückgehalten, das aber war nun vorbei.
Susanoo kam…
Suko und all die anderen schauten dorthin, wo Shao lag. Die Erde unter dem leblosen Körper, sie war bis jetzt dunkel gewesen, nahm eine andere Farbe an und geriet auch in Bewegung.
Aus der Tiefe stieg ein Licht empor, das eigentlich keines war. Denn bei diesem Licht überwog die Dunkelheit.
Ein finsteres Grün, überdeckt von schwarzen Schatten, und Suko erinnerte sich, dass Susanoo so aussah.
Seine Haut besaß ebenfalls einen grünen Ton, und er glaubte nicht, dass sich dies geändert hatte.
Plötzlich vernahm er wieder Buddhas geheimnisvolle Stimme. »Es ist soweit. Sie haben es geschafft, Suko. Die Wand ist durchbrochen, Susanoo kann kommen.«
»Und du?« fragte er in Gedanken. »Was willst du dagegen tun?«
»Ich kann nichts tun, nur warnen.«
»Kann ich ihn denn aufhalten?«
»Du hast den Stab…«
»Was? Soll ich das Wort rufen? Kann ich ihn dann stoppen? Bitte, sag es mir!«
»Nein, das schaffst auch du nicht. Man kann ihn nicht mit einem Wort stoppen. Er ist gewaltig, er ist mächtig, du hast ihn erlebt. Viele sagen, dass seine Kraft der seiner Schwester in nichts nachsteht. Beide gehören zu den uralten Göttergeschlechtern, die alles überstanden haben. Aber gib die Hoffnung nicht auf. Nie, hörst du? Nie…«
Die Stimme verstummte, und Suko konnte sich wieder auf die realen Vorgänge konzentrieren.
Unter Shao in der Erde tat sich etwas. Längst war das Licht heller geworden, und auch die Erde hatte eine gewisse Durchlässigkeit angenommen, so dass es dem Inspektor bereits gelang, hineinzuschauen. Er sah nicht nur den grünen Schein, auch eine Gestalt kristallisierte sich innerhalb seines Zentrums.
Eine menschliche Gestalt beim ersten Hinsehen.
Das genau war es.
Susanoo!
Wieder drängten die Erinnerungen in Suko hoch. Er sah sich im Garten der Conollys und gleichzeitig im Freibad, und er dachte auch daran, dass Susanoo als mächtigste Waffe Tokatas Schwert besaß. Ein mörderisches Instrument, das nicht allein Menschen vernichten konnte, auch Gegenstände, denn es besaß eine magische Stärke, die sich auf seine beiden haarscharfen Klingen verteilte.
Es war unheimlich, wie er in die Höhe stieg. Unheimlich und auch lautlos, denn Susanoo wurde vom gefährlichen Schweigen des Dunklen Reichs umgeben, das er aus der Tiefe mitgebracht hatte.
Und über ihm lag die tote Shao. Die letzte aus der langen Dynastie der Sonnengöttin.
Ihre anderen Vorfahren hatten davon nichts gewusst. Erst bei Shao war es zum Durchbruch gekommen, und sie besaß sogar »gesichtsmäßig« eine gewisse Ähnlichkeit mit Amaterasu, wie man auf alten gezeichneten Bildern hatte feststellen können.
Suko schaute wieder auf seine Freundin. Er nahm wahr, dass ihr Körper sich leicht bewegte. So etwas wie Schwingungen oder ein leichtes Zittern durchlief ihn, als würde sie nach einem langen Schlaf erwachen und etwas taumelig aufstehen wollen.
Aber sie blieb liegen. Shao war tot und nicht durch Magie zu einem Zombie geworden.
Wieder tobten in Suko die Gefühle. Er öffnete und schloss seine Hände, er fühlte den Schweiß auf den Flächen, die so feucht geworden waren, und er spürte den Druck in seiner Kehle.
»Susanoo…«
Zuerst rief nur Ondekoza den Namen des Dämons. Dann auch die anderen, und ihr Ruf hallte dumpf über den alten Friedhof, bevor er sich im Blattwerk der tiefer stehenden Bäume verfing und nicht mehr zu hören war.
Der Dämon stieg weiter hoch. Er verließ die Erde schließlich und baute sich über der toten Shao zu seiner ganzen Größe auf.
Ein raunendes Flüstern verließ die Kehlen der Zuschauer. Nur Suko und Ondekoza blieben ruhig. Sie verfolgten mit scharfen Blicken die Verwandlung eines Dämonengeistes zurück in Materie.
Susanoo nahm seine feste Gestalt an, und er hatte sich um keinen Deut verändert, seit dem Tage, als er von dem Sinclair-Team und Dr. Ganasaro im Garten der Conollys zurückgeschlagen worden war, um wieder einzutauchen in das Dunkle Reich. Aber jetzt war er zurückgekehrt. Als er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete, überragte er alle. Und er besaß eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Eisernen Engel, denn auch aus seinem Rücken wuchsen mächtige Flügel, deren Federn zur Hälfte in einem satten Grün
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