0455 - Der Lord und die Geister-Lady
das Blut in den Kopf. »Nein«, sagte ich, »das kann nicht sein. Sie ist tot.«
»Es interessiert mich nicht mehr, ob sie tot ist oder nicht. Ich habe den Namen gehört.«
»Aus welch einem Mund?«
»Man flüsterte ihn und sprach davon, daß die Stunde des Sieges nahe sei.«
»Aber sie war noch nicht da?«
»Ich weiß es nicht. Es sind Dinge, über die ich nicht nachdenken werde. Ich bin eine andere, ich leite und geleite Susanoos Diener in diese Welt, die unter den Strahlen der Dämonensonne verbrennen sollen. Einige haben es geschafft. Sie sind bereits da.«
»Auch diese Shao?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was du mit ihr immer hast. Sie interessiert mich nicht.«
»Aber sie ist etwas Besonderes gewesen.«
»Man sprach von ihr.«
»Wie lauten Ihre weiteren Pläne, Lady Mary? Welchen Auftrag hat man Ihnen gegeben?«
»Ich werde in diesem Haus einen Stützpunkt des Dämons Susanoo errichten. Es wird eine Quelle für ihn werden, die immer sprudelt. Haben Sie mich verstanden? Eine Quelle!«
»Ja. Und Ihr Mann?«
»Steht auf meiner Seite!«
»Das stimmt, Mary!«
Ich hörte ihn hinter mir schreien und drehte mich um. Er hatte sich von dem Treffer sehr schnell erholt, und nicht nur das. Ohne daß ich es bemerkt hatte, war er in einen anderen Raum gelaufen und hatte sich den schweren Schürhaken geschnappt.
Bei seiner Frau war es ihm nicht gelungen, mich aber wollte er damit erschlagen.
Und seine Gattin trieb ihn an. »Ja!« schrie sie. »Schlage ihn tot. Zerhämmere ihn…«
Dann lachte sie und ging weg! Der Lord aber hatte längst zu einem mörderischen Hieb ausgeholt…
***
Durch den das Haus umgebenden dunklen Park huschte so schnell eine Gestalt, daß sie mit Blicken kaum zu verfolgen war. Sie nutzte die natürliche Deckung der Bäume und Hecken aus, so daß sie sich ungesehen dem Haus nähern konnte.
Die Gestalt war Suko.
Dank seiner Erfahrungen und Beziehungen war es ihm gelungen, das Haus der Danfords sehr schnell zu finden, nur wollte Suko auf keinen Fall angemeldet kommen.
Er liebte die Überraschungen. Besonders in der letzten Zeit.
Als Suko die Wand des Hauses erreichte, blieb er stehen. Nur jetzt keine übergroße Eile. Er schaute an der Fassade hoch und sah hinter einigen Fenstern Licht.
Auch im Obergeschoß waren Scheiben erleuchtet. Also hielt man sich unten und oben auf.
Suko nahm den Würfel zwischen die Handflächen. Er besaß einen besonders entwickelten Sinn und hatte irgendwie gespürt, daß sich hinter den Mauern etwas tat.
Eine dämonische Unruhe. Etwas, das nicht in diese normale Nacht hineinpaßte, ein lauerndes Grauen, das bereit war, sich zu zeigen, um zuzuschlagen.
Der Würfel »lebte«.
Zwar bewegte er sich nicht, aber in seinem Innern herrschte eine gewisse Unruhe, als hätte er sich schon von selbst aktiviert, obwohl die Schlieren nicht vibrierten.
Er spürte etwas… Suko wartete noch. Seine Blicke hielt er auf die Schlieren gerichtet, denn sie waren die Indikatoren für etwas Böses.
Der Inspektor wurde überrascht, als der Würfel entgegengesetzt handelte. Die Informationsträger zogen sich zurück, als hätten sie einen Stoß bekommen.
Dafür stieg ein Bild aus den Tiefen des Würfels allmählich hoch.
Rot, noch intensiver leuchtend als die Farbe des Würfels selbst. Es war eine Sonne.
Die Dämonensonne mit ihren breiten Strahlen, die wie erstarrte Feuerzungen wirkten.
Die Spannung nahm zu. Suko schaute sich um, er spürte die Gefahr, sie war bereits in der Nähe, aber sie zeigte sich nicht. Nur der Würfel gab ihm Auskunft.
Und er sah ein Gesicht!
Es war ihm fremd, aber es schob sich ebenfalls aus der Tiefe des Würfels in die Sonne hinein.
Ein Frauengesicht!
Der Chinese hatte es noch nie gesehen. Im ersten Augenblick dachte er auch an ein normales Gesicht, bis er es besser erkannte und feststellen mußte, daß es aus zwei Hälften bestand.
Aus einer rechten, völlig normalen Hälfte und aus einer linken, die skelettiert war.
Mensch und Monstrum!
Das mußte die Lady sein!
Plötzlich interessierte sich der Inspektor nicht mehr für den Würfel. Das Haus und die Frau waren wichtig. Noch einmal warf er einen Blick an der Fassade hoch und ließ dabei den Würfel verschwinden. Er suchte nach einem sicheren Einstieg, denn durch die Tür wollte er nicht gehen. Die Fenster im Erdgeschoß sahen sehr verschlossen aus. Suko wollte einmal um das Haus herumlaufen.
Wenn er dann nichts fand, blieb ihm nur die normale Eingangstür.
Nach dem
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