0456 - Der Geisterseher
und den anderen, aber vergeblich. Das Spinnenmonstrum starb.
Don Cristofero hatte sich zurückgezogen. Hinter einer Mauerecke ertönten würgende Laute.
Der Gnom flüsterte Zaubersprüche.
Zamorra und Nicole sahen sich entgeistert an. Mit einer solchen Verwandlung und Reaktion hatte keiner von ihnen gerechnet.
Aber das seltsame Schauspiel war noch nicht zu Ende.
Plötzlich verwandelte die Spinne sich zurück!
Sie wurde wieder zu Monica Peters - und die lag jetzt tot am Boden, von dem Degen durchbohrt, dessen lange Klinge aus ihrem Rücken emporragte. Eine dunkle Lache breitete sich unter dem Körper und um ihn herum aus.
»Verdammt«, murmelte Zamorra. »Das geht zu weit!«
Erneut versuchte er den Dhyarra-Kristall einzusetzen. Aber der blaufunkelnde Sternenstein bewirkte hier ebensowenig wie oben im Zimmer. Was auch immer das Fremde war, Zamorras Magie sprach einfach nicht darauf an.
»Hol's der Teufel«, murmelte er. Er griff nach dem am Boden liegenden Körper, um ihn herumzudrehen. Aber im gleichen Moment verlosch das Licht.
Es blieb nur wenige Sekunden dunkel. Dann flammte es wieder auf.
Auf dem staubigen Boden lag der Degen, der nicht einmal ein Geräusch von sich gegeben hatte, als er umfiel, seines bisherigen Haltes beraubt.
Von dem Spukphänomen war nichts mehr zu entdecken.
Zamorra hob die Klinge auf.
Das Licht flackerte abermals.
»Los, raus hier!« stieß Zamorra hervor. »Wieder nach oben!«
»Und wenn Monica und Uschi auch hier unten sind?« gab Nicole zu bedenken. »Wenn sie in irgendeinem Gang stecken, von dem wir noch nicht einmal etwas ahnen?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie bei ihrer Suchaktion dermaßen leichtsinnig vorgegangen sind«, sagte Zamorra. »Ich wette, die beiden stecken längst nicht mehr hier unten. Hier gab's nur noch den Spuk, der uns wieder einmal genarrt hat.«
Sie zogen sich zurück und nahmen Don Cristofero mit, der reichlich grün wirkte und nicht mehr besonders fest auf den Beinen stand. Er mußte sich teilweise an Zamorra lehnen, als sie die Treppe wieder hinaufstiegen. »Sagt«, murmelte er, »habt Ihr noch ein wenig von diesem hervorragenden Getränk, das Ihr Cognac nennt?«
Zamorra nickte. Er hatte das Gefühl, daß sie sich jetzt alle einen Schluck verdient hatten.
***
Etwas war nicht ganz so, wie es eigentlich hätte sein sollen. Julian war stehengeblieben und überlegte. Woran erinnerte die Situation ihn?
Etwas vermischte sich. Kraft floß. Er setzte Kraft ein, aber er fühlte, daß es viel mehr war, als er eigentlich zum Verfolgen der vagen Spur benötigte. Er versuchte den Kraftfluß zu reduzieren und zu begrenzen, aber es gelang ihm nicht. Hin und wieder glaubte er Traumfragmente wahrzunehmen, gerade so, als hätte er vor dem Verlassen des Höllenreiches seinen Traum nicht abgebrochen. Doch er wußte genau, daß er sich zum Erwachen gezwungen hatte. Es gab einen Break; er träumte nicht mehr. Das Spiel, das ihn amüsiert hatte, war gegenüber der wichtigeren Aktion in den Hintergrund getreten.
Doch nun kam es ihm so vor, als habe es sich verselbständigt.
Schon einmal war es ihm ähnlich ergangen. Er hatte die Kontrolle über seine Traumwelt teilweise verloren. Shirona hatte sich eingemischt, jenes seltsame Wesen, das nur ein Bewußtsein zu sein schien, das sich einen Körper gegeben hatte. Shirona, die aber auch mit dem Amulett Ombres in Zusammenhang stehen mußte.
Das mußte es sein.
Er war wieder mit Ombre zusammen. Vielleicht war es dadurch Shirona gelungen, Julians Traum zu rekonstruieren, erneut in ihn einzudringen und ihn jetzt nach ihrer Laune zu steuern.
Das war die Lösung.
Shirona würde sich wundern, wenn Julian wieder ›zurückkehrte‹. Er hatte dazugelernt. So einfach ließ er sich nicht mehr die Butter vom Brot nehmen wie damals, als er erst begonnen hatte, seine Träume und Kräfte zu studieren. Inzwischen hatte er gelernt, damit umzugehen.
Na warte, dachte er. Dich kriege ich auch noch in den Griff, Shirona!
Er konzentrierte sich wieder darauf, den Mann zu finden, der mit seinem Katapult die Gummikugel verschossen hatte. Fand er ihn, fand er auch Angelique.
***
Sie fanden die Peters-Zwillinge munter und unversehrt in den oberen Räumen des Châteaus. »Wir müssen ab sofort zusammenbleiben«, sagte Zamorra. »Das verringert die Möglichkeit, daß wir auf Spukgestalten hereinfallen. Wenn wir uns ständig gegenseitig im Blickfeld haben, wissen wir, wer echt ist und wer nicht.«
Don Cristofero nahm einen
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