Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0456 - Der Geisterseher

0456 - Der Geisterseher

Titel: 0456 - Der Geisterseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
er es sich mit dieser Entscheidung nicht leicht gemacht hatte. Aber trotz seiner Unterwelt-Beziehungen schien er wenig Chancen zu sehen, selbst etwas herauszufinden. Ombre nahm sein Amulett in die Hand und wog es nachdenklich.
    »Falls du einen von uns hereinlegen oder austricksen willst«, sagte er leise, »werde ich dich hiermit vernichten. Es entspricht der Zauberwaffe Zamorras. Es wirkt gegen Dämonen und Schwarze Magie. Betrügst du, vernichte ich dich.«
    Julian lächelte.
    »Ich hatte es noch nie nötig zu betrügen«, erwiderte er. »Zeige mir das Gummigeschoß, das dich traf.«
    Cascal schluckte. »Woher weißt du davon?« stieß er erschrocken hervor.
    »Manchmal«, sagte Julian, »brauche ich Informanten, die mir Bericht erstatten. Manchmal sehe ich etwas. Und ich sehe jetzt dieses Gummi-Geschoß, das reden will. Es hat mir viel zu erzählen. Gib es mir.«
    Zögernd holte Ombre die Kugel hervor und hielt sie Julian entgegen. Der Fürst der Finsternis nahm sie in die Hand und betrachtete sie.
    »Kannst du dir vorstellen, wer eine solche Katapult-Waffe benutzt?« fragte er.
    Ombre zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Es könnte jeder sein, der nicht direkt töten will. Aber in diesen Kreisen kenne ich mich nicht aus.«
    »Die Kugel hat mir verraten, wer sie verschoß«, sagte Julian. »Ich werde nun ihn befragen, warum er das getan hat. Und er ist auch derjenige, der Angelique entführte.«
    Julian ließ die Kugel einfach fallen und verließ die Kellerwohnung. Ombre folgte ihm zögernd. Er fühlte sich unsicher. Der Tag war nicht das Element des Schattens; da gab es zuviel Licht.
    Aber Julian Peters schien sehr genau zu wissen, was er wollte.
    ***
    »Wartet«, sagte Zamorra, als sowohl der Gnom wie auch Nicole vorwärts stürmen wollten, um Monica Peters aus dem Spinnennetz zu befreien. Hinter ihnen entstand ein ratschendes Geräusch. Don Cristofero hatte den Degen aus der Scheide gezogen, die er mittlerweile wieder an seinem breiten Gürtel befestigt hatte.
    »Wartet! Das ist doch auch wieder nur so ein Spuk.«
    »Das wissen wir doch!« entfuhr es Nicole. »Aber Monica hängt in diesem Spuk fest!«
    »Das ist sie nicht«, sagte Zamorra düster. »Sie ist Teil dieser gespenstischen Illusion! Sie wird uns ebenso vorgegaukelt wie das Netz selbst. Was glaubst du wohl, warum sie keinen Ton von sich gibt, warum sie nicht einmal locker gezappelt hat, als wir hereinkamen und sie sahen?«
    »Sie kann nicht. Sie ist völlig von den Klebepunkten fixiert«, beharrte Nicole. »Wir müssen ihr doch helfen!«
    »Spinnennetze sind sehr flexibel. Selbst wenn das Opfer so befestigt ist, daß es sich nicht lösen kann, kann es trotzdem mit den Netzfäden zappeln und Schwingungen hineinbringen! Und außerdem kann es, sofern es menschlicher Abkunft ist, sprechen!«
    »Schock-Sprachlähmung«, behauptete Nicole.
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Blödsinn«, sagte er. »Völliger Blödsinn. Das ist nur ein Trugbild. Darf ich mal, Señor?« Er nahm dem Grande den Degen einfach aus der Hand und schritt auf das Spinnennetz mit dem darin hängenden Mädchen zu. Er berührte einen der Fäden zwischen zwei Klebepunkten mit der scharfen Schneide und verstärkte den Druck. Im gleichen Moment, als er den Faden anritzte, spritzte es rot daraus hervor. Die Gestalt, die aussah wie Monica Peters, öffnete den Mund zu einem ohrenbetäubenden hallenden Schrei, der in den unterirdischen Räumen durch die Echos weiter verstärkt wurde. Dann verwandelte die Gestalt sich. Sie schrumpfte zusammen, verfärbte sich, und weitere Gliedmaßen brachen aus dem zur Kugel verschmelzenden Mittelkörper hervor. Aus dem Gesicht platzten scharfe Beißzangen hervor, die Augen verwandelten sich zu Facetten-Halbkugeln. Von einem Moment zum anderen klebte die Gestalt nicht mehr gefangen im Netz, sondern schnellte sich auf Zamorra zu.
    Der sprang zurück, stieß den Degen vor - und der markerschütternde Schrei der wandelbaren Spinne verstummte, als sie sich selbst mit ihrem Angriffssprung aufspießte. Die Klinge wurde quer durch den Spinnenkörper getrieben, weiteres Blut spritzte aus der Doppelwunde hervor, und der Degen wurde Zamorra aus der Hand gerissen. Die durchbohrte Riesenspinne wieselte auf ihren langen, dürren Beinen durch den Raum, während hinter ihr das Netz zerbröckelte und zu Staub wurde. Dann verlangsamten sich die Bewegungen, und das Monster blieb schließlich erschlaffend liegen. Die Beißzangen schnappten noch einige Male nach Zamorra

Weitere Kostenlose Bücher