0456 - Gedungen und zum Mord bestellt
Dentico. Am 30. Juli 1949 wurde sie wegen Totschlags zu sechzehn Jahren Zuchthaus verurteilt.«
Ich läutete in der Kantine an. Phil war schon wieder auf dem Weg ins Office. Kaum hatte ich den Hörer aufgelegt, als mein Freund in der Tür stand.
»Die Landini-Akten sind unterwegs«, sagte Phil, »es war gar nicht so einfach, sie heraussuchen zu lassen. Außerdem ist Al Bitcher tatsächlich in unserem Archiv vertreten.«
»Jedenfalls wissen wir, warum Miß Landini ins Zuchthaus ging«, sagte ich. »Sie hat einen Mann in ihrer Wohnung erschossen. -Wahrscheinlich handelte es sich um einen ihrer Freunde, vielleicht eine Eifersuchtstragödie. Wir können weder Miß Landini noch diesen Mr. Dentico fragen. Aber vielleicht hat es Augenzeugen gegeben. Warten wir auf den Bericht.«
»Ich habe bereits für dich ein Hawaii-Steak bestellt.«
»Okay, Phil, ich bin in der Kantine. Morgan schickt vier Augenzeugen, die den Mord an der Landini gesehen haben. Rufe den Kollegen an, der das Vaicom bedient. Er soll alles vorbereiten. Wir brauchen das Bild des Mörders so schnell wie möglich. Jede Minute ist kostbar.«
Der Vaicom ist ein Projektor, der aus sechs Dias ein Gesicht auf die Leinwand zaubert. Der Zeuge beschreibt die Gesichtsform, Mund, Nase, Augen, Ohren, Haaransatz. Unser Kollege sucht aus 150 Dias die entsprechenden aus und schiebt sie in den Projektor. Gewöhnlich dauert es nicht länger als zwanzig Minuten, bis die Zeugen mit dem Ergebnis zufrieden sind.
»Okay«, sagte Phil, »und guten Appetit Jerry.«
Trotz meiner Vorliebe für Hawaii-Steaks schmeckte es mir diesen Mittag nicht. Ich war mit meinen Gedanken bei dem Fall Landini und stand vom Tisch auf, ohne das Dessert angerührt zu haben. Die Serviererin blickte mir kopfschüttelnd nach.
Als ich nach einer Viertelstunde wieder das Office betrat, saß Phil über eine Akte gebeugt.
Er hatte bereits dreißig Seiten verschlungen. Phil blätterte zurück und wies mit dem Finger auf die Mitte der Seite.
»Lies selbst — die Tat dürfte von Interesse sein. Übrigens habe ich bereits im Telefonbuch nachgesehen. Die Firma Dentico besteht auch heute noch. Kleidergroßhandel.«
Ich vertiefte mich in die Mordszene. Sie war recht dürftig beschrieben. Guilio Dentico hatte Carol an einem Nachmittag besucht. Sie waren in Streit geraten. Deritico hatte das Girl beleidigt. Carol zog eine Pistole aus der Schrankschublade und drohte ihm. Der Mann lachte jedoch — und Carol feuerte zweimal. Die Geschosse drangen Dentico in den Kopf. Der Mann war auf der Stelle tot. Carol Landini benachrichtigte selbst die Polizei, ließ sich willenlos verhaften und legte ein Geständnis ab. Sie blieb- auch während der Gerichtsverhandlung bei der Schilderung der Tat und nahm das Urteil an.
»Ein sonnenklarer Fall«, sagte ich und schob Phil die Akte wieder zu.
»Sieht zumindest so aus«, räumte mein Freund ein, »die Tänzerin sitzt ihre Strafe ab, wird vorzeitig entlassen und direkt vor dem Gefängnistor erschossen.«
»Lieferst du mir nicht gleich den Täter?«
Phil holte weit aus, wie er es zu tun pflegt, wenn er mir eine Überraschung servieren will.
»Nein, das noch nicht. Aber überlege bitte. Giulio Dentico war Italiener, er besaß einen Kleidergroßhandel, Import-Export. Die Firma besteht heute noch. Das heißt, der Nachfolger führt das Geschäft. Ich habe mich erkundigt. Dentico stammt aus Sizilien. Hast du schon mal was von der Mafia gehört?«
»Nee — was ist das?« fragte ich ironisch. Jeder bei uns hier in den Staaten kennt die Mafia — Schlüsselwort für Gangsterterror, Erpressung, Mord.
»Glaubst du, daß die Mafia ihre Hände im Spiel hat und daß der Täter in den Kreisen der Firma Dentico zu suchen ist?« fragte ich schließlich.
»Ausgeschlossen ist es nicht«, erwiderte Phil.
»Es könnte sein«, gab ich zu, »jedenfalls werden wir uns die Firma Dentico einmal aus der Nähe ansehen.«
»Sollen wir uns Verstärkung mitnehmen?« fragte mein Freund.
»Nein, nicht nötig. Wir kreuzen bei Dentico vorerst als Händler auf, die sich für seine Kleiderangebote interessieren. Vorläufig wüßte ich nicht, gegen wen der Haftbefehl ausgestellt werden sollte.«
»Roberto Palmese, der heutige Inhaber, ist sogar in unserer Kartei vertreten«, belehrte mich Phil, »Urkundenfälschung, Bestechung und Rauschgifthandel. Gesamturlaub: Zweieinhalb Jahre. Vor fünfzehn Jahren war er schon Geschäftsführer bei Dentico. Und trotz der Vorstrafen hat der Boß ihn zu seinem
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