0458 - Der Zombie-Zug
hin, was die Frau erzählte. Er ging zum Fenster, lehnte sich hinaus und schaute in die Dunkelheit hinein, durch die feuchte Nebeltücher trieben.
Vielleicht war es eine Einbildung, möglicherweise auch nicht, denn er glaubte, eine Bewegung zu sehen. Da ging jemand durch die Nacht und den Nebel.
Eine leicht taumelnde Gestalt, die betrunken nach Hause zu gehen schien.
Für den Konstabler war die Sache klar. Er holte Madge ans Fenster, deutete hinaus und sagte: »Ich glaube, da läuft Ihr Mann…«
***
Sie hatte geschrien und den Kopf geschüttelt. Vorbei war es mit ihrer Beherrschung. Zu lange hatte sie sich zusammenreißen müssen.
»Ein Toter, der wegläuft, der flieht…« Madge war völlig durcheinander und setzte sich auf die Bettkante. Sie hörte auch nicht, daß Field ihr etwas von seinen Plänen berichtete, deshalb setzte er auch keine zweite Erklärung hinzu, schwang sich auf das Fensterbrett und dann hinüber. Er wollte sich den Toten einmal genauer ansehen.
Gilbert Claim war verschwunden!
Wie ein begossener Pudel stand der Konstabler da, schüttelte den Kopf, schaute vor, zurück, nach rechts und links, doch Gilbert Claim entdeckte er nicht.
Diesmal schienen ihn Nacht und Nebel regelrecht verschluckt zu haben. James war sauer. Eigentlich ging ihn die ganze Sache ja nichts an. Da hatte der alte Claim seiner Frau sicherlich einen Streich spielen wollen, aber sein unbestimmtes Gefühl sagte ihm doch, daß an dieser Sache mehr war, als man angenommen hatte.
Streiche konnte man auch anders spielen. Was Claim getan hatte, war schon sehr böse.
Er dachte wieder an den Pfiff der Lok, den nahegelegenen Bahnhof und die stillgelegte Strecke. Seit Jahren rollte kein Zug mehr durch den Ort. Das Pfeifen hatte bestimmt nicht von einer Lok gestammt. Da mußte sich jemand einen Scherz erlaubt haben.
Field beschloß, sich diesen Scherzbold einmal näher anzuschauen.
Deshalb ging er in Richtung Bahnhof. Und wahrscheinlich würde er da auch den alten Gilbert Claim finden.
Der Konstabler hätte sich auch auf den normalen Wegen halten können. Darauf verzichtete er. Querfeldein kam er auch voran, kürzte zudem ab und würde das Ziel möglicherweise noch vor dem angeblich Toten erreichen.
Zwischen dem Haus der Claims und dem alten Bahnhof befanden sich keine Hindernisse mehr. Nur normales, mit Buschwerk bewachsenes, leicht ansteigendes Gelände. Jetzt lag es unter der Dunkelheit und den grauen Tüchern verborgen.
Obwohl die nächtliche Stille herrschte, kam sich der Konstabler vor, als würde er durch eine gewisse Unruhe schreiten. Die treibenden, quirligen, sich bewegenden Schwaden machten ihn nervös. Sie kamen ihm vor wie gespenstische Wesen, die immer nach ihm greifen wollten, ihn aber nie zu fassen bekamen.
Der Konstabler hatte das Gefühl, mehr zu rudern, als sich normal durch den Nebel zu bewegen.
Aber er kam weiter.
Die Entfernung zum Bahndamm betrug vielleicht 500 Yards. Und in gleicher Höhe mit dem Damm lag auch der alte Bahnhof, heute nur mehr eine Ansammlung alter, allmählich dahinsiechender Schuppen, die irgendwann einmal zusammenkrachen würden.
Wider Erwarten hatten sie bis heute gut gehalten, doch die nächsten Stürme würden sie bestimmt nicht überleben.
Field stampfte durch das nasse, manchmal bis zu den Schienbeinen hochwachsende Gras. Er atmete die feuchte Luft ein und hatte dabei das Gefühl, als würden Geister seinen Mund füllen. Immer wieder hielt er Ausschau nach Gilbert Claim, doch die treibenden Schwaden deckten alles zu. Field rechnete auch mit einer Enttäuschung, der alte Mann brauchte nicht zum Bahnhof zu gehen, er hätte sich auch woanders verbergen können.
Die letzten Yards gestalten sich etwas schwieriger, weil der Weg doch steiler wurde und der Konstabler achtgeben mußte, daß er nicht ausrutschte.
Er schaffte es, blieb auf dem Damm stehen und schaute zu Boden, wo die beiden alten Gleise auch kaum zu erkennen gewesen wären, wenn es den Nebel nicht gegeben hätte.
Gras, Unkraut und Bodendecker hatten das Metall fast völlig verschwinden lassen.
Field schaute nach links. Dort befand sich der alte Bahnhof. Noch waren die Gebäude nicht einmal zu ahnen. Der Nebel lag davor wie eine rollende Wand.
Auch jetzt sah er Claim nicht. Daß der Mann tatsächlich gestorben war, damit rechnete er nicht mehr. Seine Frau mußte sich einfach geirrt haben. Gemächlicher als zuvor näherte er sich seinem Ziel. Der Wind war noch kälter geworden. Bald würde in den Highlands der
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