0459 - Geheimwaffe Ghoul
Sonst noch etwas?«
»Ja.«
»Haben Sie sich zum Reden entschlossen?«
»Ich hätte noch eine Frage.«
»Die letzte.«
»Sicher, Mr. Unbekannt. Es geht um die Ghouls. In welchem Verhältnis stehen diese verfluchten Wesen zu Ihnen und diesen Leuten hier? Sagen Sie es, legen Sie die Karten auf den Tisch.«
Sein Gesicht blieb ausdruckslos. »Ghouls«, wiederholte er und begann zu lachen. »Ja, es gibt sie, und ich will Ihnen ehrlich sagen, daß sie unsere neue Geheimwaffe sind. Die Geheimwaffe Ghoul. Man hat vieles versucht und ausprobiert, aber auf diese Idee ist noch keiner außer mir gekommen. Sie werden zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle sein, Sinclair. Verlassen Sie sich darauf.«
»Vielleicht in zwei Tagen?« fragte ich.
»Möglich.«
Dieser Mann war nicht nur eiskalt, auchaalglatt. Er ließ sich nicht in die Karten schauen.
Nur seine Augen bewegten sich, sein Kopf nicht. Diese Gestik reichte aus, um zwei Wachen reagieren zu lassen. Die Soldaten traten mit stoisch wirkenden Gesichtern zur Seite, legten aber weiter auf uns an. Wie sie das taten, ließ darauf schließen, daß wir es bei ihnen mit Scharfschützen zu tun hatten.
Die anderen Männer schritten in Richtung Tür. »Wie gesagt«, meinte der Mongole. »Sie haben nicht geredet. Ihr Pech, und das Meer soll hier sehr tief sein.«
Er drehte sich um und ging zur Tür. Jemand öffnete sie ihm. Dann stoppte er plötzlich, als wäre ihm noch etwas eingefallen, drehte sich auch, verließ aber dann den Raum.
Die Männer folgten ihm. Als der letzte die Tür zuknallte, hörte es sich an wie ein Schuß.
Zurück blieben vier Männer.
Die beiden Soldaten und wir.
Ich schaute Suko an, der den Mund verzog und die Schulter hob.
Das gefiel den beiden Scharfschützen nicht. Sie brüllten ihn an.
Was sie sagten, verstanden wir nicht, aber Suko blieb auf der Stelle stehen und rührte sich nicht mehr.
Die Männer hoben ihre Schnellfeuergewehre. Sie legten sehr langsam an und zielten über Kimme und Korn.
Über meinen Rücken rannen die Schweißtropfen in langen Bahnen. Die Mündungen der Waffen kamen mir plötzlich verdammt groß vor. Meine Beine fingen an zu zittern, ich wunderte mich darüber, daß ich mich noch auf den Füßen halten konnte.
Verdammt, wo blieb Mark Baxter?
»Ich glaube, es ist das Ende, John«, sagte Suko leise. »Wir haben zusammen gegen die Hölle gekämpft und werden auch gemeinsam sterben. Mach’s gut, alter Junge. Asmodis wird sich freuen.«
»Kann sein.«
Ich wollte nicht mehr in die Mündung schauen und schielte zur Seite. Der Schreibtisch geriet in mein Blickfeld und auch unsere persönlichen Sachen, die auf ihm lagen.
Alles war noch da, nur meine Beretta sah ich nicht mehr. Hatte der Mongole sie mitgenommen?
Da peitschte der Schuß.
Und noch einer!
***
Ich wartete auf den Einschlag der Kugel, auf den bohrenden Schmerz im Oberschenkel, das Zucken der Muskeln, vielleicht auch das Blut, das fließen würde.
Nichts davon trat ein.
Dafür bewegten sich die beiden Scharfschützen. Sie erinnerten mich plötzlich an Puppen, so wie sie mich anstarrten und Suko ebenfalls, den auch kein Treffer erwischt hatte.
Puppen mit bleichen, blassen Gesichtern unter den Helmen, die eine Besonderheit aufwiesen.
Das Loch zwischen den Augen!
Sie hatten den Todesschuß bekommen!
Und der riß sie von den Beinen, hatte ihre Reflexe zerstört. Wir hörten den Fall, als sie gemeinsam zu Boden krachten und dabei übereinander fielen.
Ich schloß für einen Moment die Augen und atmete tief ein.
Gleichzeitig wußte ich, wer uns gerettet hatte.
Mark Baxter, der Unsichtbare!
Und ich dachte auch über die Todesschüsse nach, über die man diskutieren konnte, die aber in gewissen Situationen, wie bei einer Geiselnahme oder bei uns, einfach eingesetzt werden mußten. Da gab es auch eine rechtliche Grundlage. Hätte Baxter woanders hingezielt, wären wir wahrscheinlich verloren gewesen. So mußten mit einem Treffer die Reflexe der Mörder ausgeschaltet werden.
Als ich wieder die Augen öffnete, hörte ich die Stimme des CIA-Agenten. »Okay, Leute, ihr habt es überstanden.«
Ja, verdammt, das hatten wir. Aber ich konnte mich nicht einmal darüber freuen. Zu sehr steckten mir noch der Schock und die Todesfurcht in den Knochen.
Ich hatte das Gefühl, vor einem brodelnden Vulkan zu stehen. Der Boden kreiste, warf gleichzeitig Wellen, und in meinen Ohren hörte ich ein lautes Rauschen.
Wenn ich mich jetzt nicht irgendwo festhalten
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