046 - Xendarro, der Vampir
handelte.
Sein Vorschlag, wie man dem gefährlichen Blutsauger zu Leibe rücken sollte, wurde von der Bäckersfamilie dankbar angenommen.
Manuel Salguero war bereit, alles zu tun, um seine Tochter zu retten.
Pater Pedro traf bei Einbruch der Dunkelheit seine Vorbereitungen. Er salbte Carmen und besprengte das Bett mit geweihtem Wasser. Aber er konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob diese Maßnahmen wirksam genug waren, um den gierigen Blutsauger von ihr fernzuhalten.
Je größer die Gier war, desto mehr riskierten diese Schattenwesen, und manchmal nahmen sie sogar große Schmerzen auf sich, um ihr Ziel zu erreichen.
Das wußte Pater Pedro aus Büchern. Er selbst hatte noch nie mit einem Vampir zu tun gehabt, deshalb konnte er nur hoffen, daß er die Feuertaufe gut überstand und Carmen zu schützen imstande war.
Ein großes Silberkreuz, schlicht in der Form, an den Enden mit Edelsteinen besetzt, lag vor ihm auf dem Tisch, und auf dieses Kruzifix war sein Blick unentwegt gerichtet.
Damit wollte er den Blutsauger bekämpfen. Den Anblick eines Kreuzes können Vampire nur unter Qualen ertragen. Dieses Kreuz war noch dazu aus Silber und geweiht.
Es würde dem Schattenwesen besonders zusetzen, und Pater Pedro glaubte fest, daß es ihm gelingen würde, den Vampir für immer von diesem Haus zu verbannen.
Insgeheim hegte er den Wunsch, dem Blutsauger sein unseliges Leben nehmen zu können, aber das würde ihm wohl nur gelingen, wenn der Himmel ihm beistand.
Er war ein Mann um die Fünfzig, hatte nur noch einen Haarkranz auf dem Kopf, helle, gütige Augen und ein großes Herz für seine Gemeinde. Man konnte mit jedem Problem zu ihm kommen, jeder fand bei ihm ein offenes Ohr, und wenn er helfen konnte, tat er es, ohne dafür Dank zu erwarten.
Er war ein guter, sanfter Hirte, dessen Kontakt zu seiner Gemeinde vorbildlich war. Er stand ganz im Dienste der Menschen, die in Granadell lebten.
Das war manchmal sehr anstrengend, aber er hatte sich noch nie beklagt, denn darin sah er seine Aufgabe und seinen Lebensinhalt.
Dieses endlose Warten machte auch ihn mürbe und nervös. Er wurde allmählich unsicher. Hatten die dämonenabweisende Salbe und das Weihwasser versagt?
War der Vampir bereits über Carmen hergefallen?
Es war mit Carmen vereinbart, daß sie schreien sollte, sobald sich der Blutsauger in ihrem Zimmer befand. Wenn ihre Stimme aber vor Angst versagte – was dann?
Pater Pedro hatte ein langes Gespräch mit ihr geführt und ihr erklärt, daß sie sich nicht zu fürchten brauche, da es dem Vampir nicht möglich sein würde, sie zu berühren.
Er hatte versucht, dem Mädchen Mut zu machen, und Carmen hatte auch großes Vertrauen gezeigt. Aber nun war sie seit Stunden allein.
Da fangen Zweifel an zu nagen… Und Zweifel sind ein guter Nährboden für Unsicherheit und Angst!
Pater Pedro fuhr sich mit der Hand über die Glatze, wandte den Kopf und sah das bangende Ehepaar an.
»Vielleicht kommt er nicht«, sagte der Bäcker leise. »Vielleicht weiß er, daß wir auf ihn warten.«
»Wir haben Vollmond. In solchen Nächten ist die Gier dieser Unholde noch größer«, erwiderte Pater Pedro.
Fena Salguero unterdrückte ein lautes Schluchzen. »Mein Kind, mein armes Kind«, flüsterte sie und schüttelte fassungslos den Kopf.
Sie verstand immer noch nicht, warum es Vampire gab, und sie begriff auch nicht, warum sich dieser schreckliche Blutsauger ausgerechnet ihre Tochter ausgesucht hatte.
Ihr Mann wollte etwas sagen, doch Don Pedro ließ ihn mit einer raschen Handbewegung verstummen. Manuel Salguero schaute den Priester mit großen Augen an.
»Ich glaube, jetzt ist er hier«, sagte der Pfarrer.
»Ich habe nichts gehört«, sagte der Bäcker.
Merkwürdig, dachte Pater Pedro. Mir kommt vor, als könnte ich seine Nähe spüren. Da ist eine Kälte in mir… kann das Einbildung sein?
Er hob den Kopf, hielt den Atem an und lauschte.
Und dann gellte Carmens schriller Schrei durch das finstere Haus!
***
Pater Pedro sprang auf. Er schnappte sich das Kruzifix und stürmte los. Carmens Leben hing in diesem Moment an einem seidenen Faden.
Wenn ihr nicht schnellstens jemand Beistand leistete, war sie nicht mehr zu retten. Die Todesangst konnte sie aus dem mit Weihwasser präparierten Bett treiben, dann schützte nur noch die Salbe sie, aber würde das ausreichen?
Auch Manuel und Fena Salguero sprangen auf. Die Frau klammerte sich zitternd an ihren Mann.
»Es ist soweit, Manuel! Dieser blutgierige Teufel ist in
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