046 - Xendarro, der Vampir
Gegend.«
»Das wäre zwar schön für Granadell, aber dann treibt er anderswo sein Unwesen.«
»Vielleicht kehrt er dorthin zurück, woher er kam – wo immer das sein mag. Vielleicht heftet sich eines Tages ein Vampirjäger an seine Fersen, dann geht es ihm an den Kragen.«
»Aber bis dahin sind viele Menschen in Gefahr.«
»Wir werden die Augen offenhalten«, sagte Pater Pedro. »Sollte jemand das Versteck des Vampirs entdecken, werde ich nicht davor zurückschrecken, ihm noch einmal entgegenzutreten, und ich werde beim zweitenmal vorsichtiger sein, denn erst jetzt weiß ich, wie gefährlich dieser Blutsauger sein kann.«
»Wenn Sie Hilfe brauchen, Pater, ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung.«
»Danke.«
»Wir müssen zusammenhalten, denn Einigkeit macht stark, und mit dieser Stärke, unterstützt von der Kraft unseres Glaubens, können wir den Unhold vernichten.«
Pater Pedro nickte. »Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Pater, und nochmals herzlichen Dank für Ihre selbstlose Hilfe. Seien Sie auf dem Heimweg vorsichtig.«
»Ich glaube, heute nacht hat von dem Blutsauger niemand mehr etwas zu befürchten«, sagte der Priester und verließ das Haus des Bäckers.
Niemand störte die Stille und den Frieden des kleinen spanischen Dorfes.
In der Sakristei sank Pater Pedro vor dem kleinen Altar auf die Knie und dankte dem Herrn dafür, daß er seine schützende Hand über ihn gehalten hatte.
***
Wir standen im Keller meines Hauses. Klobige Ohrenschützer deckten meine Lauscher ab, und ich feuerte mit meinem Colt Diamondback auf die Zielscheibe.
Selbstverständlich verwendete ich dafür keine geweihten Silberkugeln, sondern normale Munition. Die elektronische Anzeige präsentierte mir eine Trefferleistung, mit der ich zufrieden sein konnte.
Neben mir stand meine blonde Freundin Vicky Bonney. Sie gab jeweils eine Serie von vier Schüssen ab und lud die vierläufige Derringer-Pistole anschließend nach.
Auch ihre Treffsicherheit ließ nichts zu wünschen übrig. Sie nahm ihre Aufgabe sehr ernst, hatte in den letzten Monaten viel dazugelernt, und ich trainierte sie weiter in allen erdenklichen Disziplinen, damit sich ihre Siegeschancen erhöhten, falls sie das Ziel einer schwarzen Attacke wurde.
Ich lud den Diamondback ein letztes Mal mit dem Speed loader.
Der Vorteil davon war, daß ich gleich alle sechs Kammern der Trommel auf einmal laden konnte.
Mir ging es beim Schießen nicht nur darum, alle Kugeln ins Zentrum zu bringen, sondern ich achtete auch darauf, daß die Zeit stimmte, denn während meiner Einsätze waren oft Sekundenbruchteile entscheidend.
Mit gegrätschten Beinen, leicht in der Hocke, stand ich da und hielt den Colt im Beidhandanschlag, und dann jagte ich die Kugeln in rascher Folge durch den Lauf.
Alle Geschosse saßen im schwarzen Feld. Das letzte Projektil hatte etwas höher eingeschlagen, doch wenn ich einen schwarzen Gegner vor mir gehabt hätte, wäre auch dieser Treffer tödlich gewesen.
Ich nahm die Schallschützer ab und hängte sie an einen Haken.
»Das reicht für heute.«
Vicky Bonney beendete ihr Schlußtraining ebenfalls. Wir verließen den Schießstand und gingen nach oben.
Ich nahm mir einen Pernod und drehte mich mit dem Glas in der Hand um. Zwischen meinen Schläfen war ein unangenehmer Druck, und ich fühlte ein kaltes Brennen in mir.
Irgend etwas stimmte nicht mit mir, aber ich vermochte nicht zu sagen, was es war. Vielleicht war so etwas Banales wie eine Grippe im Anzug.
Davor sind auch Privatdetektive, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Geister und Dämonen zu jagen, nicht gefeit. Ich nahm einen Schluck von meinem Lieblingsgetränk und stellte fest, daß der Pernod mir nicht schmeckte.
Ich mußte wirklich krank sein.
Vicky sah, wie ich mein Gesicht verzog und das Glas zurückstellte.
Sie kam zu mir und schlang ihre Arme um meinen Hals. Für gewöhnlich war mir das sehr angenehm.
Aber heute…
Ihre veilchenblauen Augen strahlten mich aus nächster Nähe an.
»Was ist los mit dir, Tony?«
»Ich wollte, ich wüßte es.«
»Du bist heute so schweigsam, so schrecklich ernst. Hast du Sorgen?«
Die hatte ich natürlich auch, immerhin hatte mir Mr. Silver erst kürzlich von einer schrecklichen Ahnung erzählt, daß jemandem aus unserem engsten Freundeskreis der Tod drohte. [1]
Aber das war es nicht allein, was mich schweigsam und ernst machte. Wenn ich in mich hineinhorchte, stieß ich auf etwas, das ich nicht begreifen konnte, und das machte mir
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