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0460 - In der toten Stadt

0460 - In der toten Stadt

Titel: 0460 - In der toten Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sprang ihn an wie ein wildes Tier, und er schaffte es nicht, abzublocken und sich dagegen zu wehren, gegen das Furchtbare. Er wünschte sich, die damaligen Ereignisse hätten nicht stattgefunden.
    Aber es war passiert.
    Und Gryf wurde das Gefühl nicht los, daß Merlin es hätte verhindern können, wenn er nur gewollt hätte.
    Doch Merlin verschanzte sich hinter dem unabänderlichen Zeitablauf. Sie waren damals in der toten Stadt aufgetaucht, in diesem verteufelten Hexenkessel, und Zamorra…
    »Nein!« stöhnte Gryf auf. »Nicht noch einmal…«
    »Es ist doch längst geschehen«, sagte Merlin leise. »Und niemand kann es ändern, ohne eine Katastrophe heraufzubeschwören! Es war damals…«
    »Aber ich habe nie wahrhaben wollen, daß es wirklich geschah«, flüsterte Gryf erstickt. »Ich habe es immer für einen Alptraum gehalten. Dieses furchtbare Ende… ich habe es später nie wirklich geglaubt! Aber jetzt - JETZT SIND SIE DORT!« schrie er. »Jetzt sehe ich, daß es Wirklichkeit ist! Kein Alptraum mehr… Merlin, warum konntest du mein Gedächtnis nicht auch blockieren? Warum nicht? Ich…«
    Er schüttelte sich.
    Totenbleich war er geworden, als er Merlin jetzt den Rücken zukehrte und davonging. Gebeugt, als spüre er die Last jedes einzelnen seiner mehr als achttausend Lebensjahre. Innerhalb weniger Augenblicke war Gryf ein alter Mann geworden.
    Er wußte jetzt, daß Zamorra von diesem Zeitsprung in die Vergangenheit nicht zurückkehren konnte.
    Wie denn auch, wenn Gryf ihn ermordet hatte?
    ***
    Katia begriff erst überhaupt nicht, was geschah, als der Vampir, der sich bereits über sie gebeugt hatte, plötzlich in Flammen stand. Vor seiner Brust glühte ein dunkelroter Fleck, und sein Umhang loderte hell auf. Das Ungeheuer schrie, schlug um sich und floh in den Raum zurück, aus dem er gekommen war. Katia sah einen silbernen Schatten heranhetzen und dem Vampir folgen. Sie hörte durch den anhaltenden, gellenden Schrei das Bersten von morschem Holz und das Klirren von Glas, dann wieder das seltsame Zwitschern.
    Dann wurde es still.
    Der Mann in Silber kam zurück.
    Ich träume, dachte Katia. Das kann ’s gar nicht geben. Ich bin längst tot. Der Vampir hat mich erwischt, und was ich jetzt sehe, gehört zum Delirium des Sterbens…
    Aber es war Wirklichkeit.
    Der Mann in Silber streckte ihr eine Hand entgegen, und als sie von sich aus nicht zugriff, faßte er zu und zog Katia mit einem schnellen, aber nicht schmerzhaften Ruck auf die Beine.
    Sie zwang sich, stehenzubleiben, obgleich sie gleich wieder zusammensinken wollte, weil sie immer noch nicht wieder genug Kraft hatte. Es war gut, daß es hinter ihr die Wand gab, an die sie sich lehnen konnte.
    Sie sah den Mann an.
    Der Overall schlotterte um seinen Körper, als sei er eine Nummer zu groß. Dafür unterstrich der dunkle Gürtel, wie schlank die Taille des Dunkelhaarigen wirklich war, dessen Gesicht kantig wirkte. In diesen Mann verlieben konnte Katia sich nicht; er war alles andere als ihr Typ. Was sie faszinierte, war der blau funkelnde, etwa taubeneigroße Kristall in seiner Gürtelschließe. Was sie abstieß, war die Magnetplatte am Gürtel, an der eine seltsame Waffe klebte, wie Katia sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Pistolenähnlich bis auf den Lauf, der von schmalen Spiralen umlaufen wurde und vorn in einem kleinen Trichter endete, aus dem ein Dorn spitz hervorstand. Und am Verschlußstück der Waffe leuchteten Dioden und LCD-Anzeigen.
    Gerade, als stamme diese Waffe aus einem Science Fiction-Film.
    »Sind Sie in Ordnung, Lady?« fragte der Mann in Silber mit seinen kalten Augen.
    Erst wollte sie nicken, dann aber schüttelte Katia den Kopf.
    »Verletzt?« fragte er rauh.
    Wieder schüttelte sie den Kopf. »Ich… ich bin erschöpft«, sagte sie. »Ich habe keine Kraft mehr. Er… er hat mich zu lange gejagt. Ich glaube, Sie haben mich gerettet, oder?«
    »Vielleicht«, erwiderte er. »Warum sind Sie vor mir davongelaufen, Lady?«
    »Ich? Vor Ihnen?« Sie verstand nicht, was er meinte, weil sie ihn doch noch nie gesehen hatte.
    »Sie müssen meinen Schatten gesehen haben, den ich warf, als ich auf Sie wartete«, erklärte er.
    Sie hatte die Kraft, ihren Lebensretter jetzt wütend anzufauchen: »Und weshalb haben Sie sich dann nicht gezeigt, sondern versteckt gehalten wie dieser Vampir?«
    Er lachte!
    »Lady, nicht vor Ihnen habe ich mich versteckt, sondern vor der Vampir-Horde!«
    Das nackte Entsetzen sprang sie

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