0461 - Ein Killer läßt die Wallstreet wackeln
sich nur deswegen so schnell von mir einfangen, weil er an meine Millionen herankommen wollte.«
»Haben Sie Hovers Pistole jemals gesehen?«
»O ja. Vermutlich glaubte er, er könne mir mit dem Ding imponieren. Es war eine schwere Pistole.«
»Wußte außer Ihnen noch jemand, daß Hover eine Waffe besaß?«
Sie verzog den Mund zu einem verächtlichen Lächeln. »Wenn er mir mit dem Schießeisen zu imponieren versuchte, so hat er es bei anderen Girls, vielleicht auch bei Männern, bestimmt ebenfalls versucht.«
»Wie war das Verhältnis zwischen Ihrem Stiefvater und Hover?«
»Selbstverständlich kann Daddy John nicht leiden, aber Daddy hat sich viel zu sehr in der Gewalt, um diese Abneigung zu zeigen. Zwei- oder dreimal hat er versucht, mir Jonny auszureden, aber als ich darauf nicht reagierte, ließ er das Thema fallen.«
»Trotz seiner Abneigung übernahm er die Verteidigung?«
»Selbstverständlich, weil ich es war, die ihn darum bat.«
»Mr. Ragley sagte mir vor rund einer Stunde, daß er mit Hover telefonisch gesprochen habe. Hover habe ihn um Geld gebeten, um die Staaten verlassen zu können.«
Sie stützte die Arme auf den Tisch und legte das Gesicht auf die Hände. »Mir ist rätselhaft, warum Jonny nicht versucht hat, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Er muß annehmen, daß ich in ihn verschossen bin, und Männer glauben doch, daß Frauen, die in sie verliebt sind, alles für sie tun. Nicht wahr, Mr. Cotton?«
Sie schoß einen Seitenblick auf mich ab. »So hoch schätze ich mich selbst nicht ein«, antwortete ich lächelnd. Ich stand auf, »Vielen Dank für Ihre Auskünfte, Miß Deville. Bitte, denken Sie daran, daß Sie uns sofort benachrichtigen müssen, wenn Sie etwas über Hover erfahren.«
Offensichtlich paßte es ihr nicht, daß ich gehen wollte. Der Henker mag wissen, was sie von unserer Zusammenkunft erwartet hatte. Auf jeden Fall ließ sie mich nicht einfach aus den Fingern. »Warten Sie einen Augenblick, G-man! Ich habe schon genug von diesem Laden und fahre nach Hause. Bringen Sie mich wenigstens bis zu meinem Wagen.«
Auf dem Parkplatz ging sie zum Angriff über. »Ich hoffe, Sie haben genauso wenig Lust, nach Hause zu gehen wie ich«, sagte sie. »Bieten Sie mir einen Abend, wie ihn die faden Millionärssöhnchen nicht auf die Beine stellen können. Ich wette, Sie kennen eine Menge heißer Läden, in denen echte Gangster verkehren. Mit Ihnen wage ich mich in jede Kaschemme hinein.«
»Sie machen sich falsche Vorstellungen von den Gewohnheiten echter Gangster, Außerdem kann ich Ihnen nicht als Führer durch New Yorks Unterwelt dienen. Ich muß heute abend noch einige Leute sprechen.«
»Sie sind langweilig wie ein Verkehrspolizist«, fauchte sie. »Mein Wagen steht dort drüben.«
Ich dachte, sie hätte es aufgegeben. Als sie hinter dem Steuer ihres Schlittens saß, eines kleinen italienischen Sportflitzers, kramte sie in ihrer Handtasche. »Ich scheine den Schlüssel verloren zu haben«, murmelte sie. Ich war fest davon überzeugt, daß sie log. Sie legte den Kopf zurück und lachte, mich an. »Würde es gegen Ihre Dienstvorschriften verstoßen, Mr. G-man, wenn Sie mich in Ihrem Dienstfahrzeug nach Hause brächten?«
»Durchaus nicht, Steigen Sie um!« Ich half ihr aus dem Sportflitzer und brachte sie zum Jaguar. Sie hängte sich bei mir ein, schwatzte irgendwelches Zeug und schleifte den Pelzmantel achtlos hinter sich her. Als sie den Jaguar sah, stieß sie einen Pfiff der Anerkennung aus. Sie machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem. »Bieten Sie mir wenigstens die Sensation einer rasenden Fahrt!« verlangte sie. »Schalten Sie das Rotlicht ein und treten Sie den Gashebel durch.«
Ich lächelte. »Ich halte dreißig Meilen in der Stunde für eine gesunde Geschwindigkeit.« Betont langsam fuhr ich sie nach Kingsbridge. Sie verlor ihre gute Laune. Auf der zweiten Hälfte des Weges zeigte sie sich ausgesprochen mürrisch. Als ich den Jaguar vor der Villa stoppte, raffte sie ihren Pelzmantel vom Notsitz und stieg aus, bevor ich den Schlag öffnen konnte.
»Hören Sie zu, Polizist!« zischte sie mich an. »Verglichen mit Ihnen wäre ein Panzernashorn ein amüsanter Gesellschafter!«
Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging nicht auf den Eingang zum Vorgarten der Villa zu, sondern die Straße hinunter. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, welches Ziel sie hatte. Es ging mich auch nichts an. Ich war nicht ihr Kindermädchen.
Ich klemmte mich hinter das Steuerrad des
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