0465 - Heute Engel - morgen Hexe
mit einem riesigen Aufhänger vergleichen konnte. Eben das Typische für ein ägyptisches Henkelkreuz.
»Wer hätte das gedacht«, sagte Suko. Er schüttelte den Kopf. »Und damit soll die Große Mutter in Verbindung gebracht werden?«
»Das begreife ich auch nicht. Schon deshalb nicht, weil auf meinem Kreuz dieses ägyptische Kreuz ebenfalls abgebildet ist.«
»Vielleicht gibt es einen Zusammenhang.«
»Klar, Suko. Deshalb müssen wir auch runter.« Ich deutete in die Tiefe.
»Nur dort wird man uns Auskunft geben.«
»Das schätze ich auch.«
Als ich gehen wollte, hielt mich mein Freund fest. »Nein, John, ich bleibe hier oben.«
»Weshalb?«
»Weil ich dem Frieden nicht traue. Ich möchte dir Rückendeckung geben. Sind wir beide unten, hätte ich das Gefühl, ein Gefangener zu sein. Da würde der Rückweg für uns sehr lang werden. Von hier aus habe ich einen besseren Überblick.«
Es war keine Feigheit, die Suko zu diesem Tun veranlasste. Ich kannte ihn da besser. »Okay, wie du meinst.«
»Viel Glück, und ich behalte dich im Auge.«
Es war günstig, dass der Nebel nicht in den Krater hineindrang. Bis zur Treppe brauchte ich nur wenige Schritte zu gehen. Bevor ich die erste Stufe betrat, hängte ich mein Kreuz nach außen und sah es mir noch einmal genau an.
Auf dem unteren senkrechten Balken sah ich die Abbildung des ägyptischen Henkelkreuzes. Es unterschied sich nur in der Größe von dem, das am Grund des Kraters aus dem Boden zu wachsen schien.
Ich war schon auf den ersten Stufen aufgeregt. Erst auf der Treppe wurde mir bewusst, wie weit es noch bis zum Grund des Kraters war.
Vom Rand des Kraters hatte es wirklich näher ausgesehen. Zudem verengte sich die Treppe zusehends. Der Vergleich mit einer Sprungschanze war nicht zu weit hergeholt.
Stufe für Stufe lief ich zurück. Mein Kreuz hatte ich unter die wetterfeste Jacke gesteckt, konnte es aber jeden Augenblick durch einen Zug an der Kette hervorholen.
Die Temperatur veränderte sich ebenfalls, je tiefer ich in den Krater hinabstieg.
Sie stieg zusehends an.
Ich ging in die Wärme hinein.
Unterwegs gelang es mir, die Frauen zu zählen. Es waren zehn.
Hatte das etwas zu bedeuten?
Man hätte mich längst sehen müssen, aber die Frauen nahmen keine Notiz von mir. Sie hockten auf dem Boden, starrten das Kreuz an und sahen aus, als wären sie in tiefer Trance versunken.
Vergeblich suchte ich nach Gitty Oldman. Sie befand sich nicht unter ihnen.
Und die dort versammelten Frauen trugen eine andere Kleidung als die Alltagskluft. Sie hatten ihre Körper in lange Gewänder gehüllt, die türkisfarben schillerten. Ich glaubte daran, dass die Gewänder eine bestimmte Bedeutung hatten.
Weit mehr als die Hälfte der Strecke lag bereits hinter mir, und noch immer regte sich keine der Frauen. Ihre Trance war einfach zu tief.
Vielleicht wollten sie auch keine Notiz von mir nehmen.
Das Licht war nicht hell. Man konnte es als normal bezeichnen. Wäre es über dem Krater dunkel gewesen, hätte ich in der Tiefe kaum etwas erkennen können.
Einmal warf ich einen Blick schräg zurück und suchte meinen Freund Suko.
Er stand am Rand des Kraters und war ziemlich klein geworden. Ein Beweis, dass ich mich schon ziemlich weit entfernt hatte. Ich ging auch den Rest, nach dem mir der Inspektor zugewinkt hatte.
Schließlich erreichte ich den Grund. Jetzt befand ich mich auf einer Höhe mit den Frauen, stand auch dicht vor dem Kreuz und erkannte seine eigentliche Größe.
Es war schon gewaltig, und ich musste einsehen, dass ich mich getäuscht hatte.
Es war nicht nur von doppelter Menschengröße, es ging bereits auf die dreifache zu.
Sollte es tatsächlich aus purem Gold bestehen, dann war es quasi unbezahlbar. So dick wie ein Männerarm, wahrscheinlich ungewöhnlich schwer, und ich fragte mich, wer es hier in diesen Krater hineingestellt haben konnte.
Ich umrundete das große Henkelkreuz und achtete gleichzeitig auf eine Reaktion bei meinem.
Es rührte sich nicht, obwohl das ägyptische Henkelkreuz im unteren Balken eingraviert war.
Ich strich mit einer Hand über das Gold. Es fühlte sich sehr warm an, als würde in ihm Leben fließen.
Noch immer rührte sich keine der Frauen. Aber nur sie konnten mir die Auflösung des Rätsels geben. Ich wollte endlich wissen, was Lilith mit diesem Henkelkreuz zu tun hatte.
Außen schritt ich um die sitzenden Frauen herum. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie sich glichen. Nicht allein in der Kleidung, nein, sie
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