0465 - Stop-Signal für einen Mörder
Körper?« fragte ich weiter.
»Das Labor ist dabei, die Leber zu untersuchen. Denn in der Leber wird das Morphium in unveränderter Form gespeichert«, antwortete der Doc.
Einer der Assistenten kam zur Tür herein. Er trug einen Glasbehälter. Er stellte ihn auf den Tisch und ging wieder hinaus. Mit einem Blick erkannte ich die Plastiktüte mit den Marihuanazigaretten. Jeder Gangster konnte mit Marihuana handeln. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, daß sich Loring mit diesen kleinen Geschäften abgegeben hatte.
Ich verlangte eine Pinzette und zog den Beutel aus dem Glasbehälter. Im Plastikbeutel befanden sich fünfzehn Zigaretten. Ich nahm jeden Glimmstengel einzeln heraus, ohne ihn mit den Fingern zu berühren. Bei der siebten Zigarette stutzte ich. Sie war bedeutend schwerer als die anderen. An beiden Enden steckte Tabak. Aber die Füllung in der Mitte bestand aus einem anderen Stoff.
Vorsichtig löste ich das Zigarettenpapier. Der Tabak an den Enden fiel auseinander, in der Mitte steckte eine Hülse aus Stanniol. Ich öffnete sie. Vor mir lag ein Zettel, nicht viel größer als ein Fingernagel. Das blütenweiße Papier war beschrieben.
»Haben Sie eine Lupe, Doc?« fragte ich.
Der Doc reichte mir das Vergrößerungsglas.
»Haben Sie etwas gefunden?« fragte er.
»Ich hoffe es«, gab ich zur Antwort und begann, den Text zu entziffern.
***
Die Haustür stand offen. Phil drückte trotzdem auf die Schelle. Nach wenigen Sekunden näherten sich schlurfende Schritte.
Phil sah in das aufgedunsene Gesicht eines Mannes zwischen fünfundfünfzig und sechzig. Die Nase sprang weit vor. Die buschigen Brauen waren zusammengewachsen. Über dem linken Auge klebte ein Pflaster von der Größe eines Handtellers. Ein zweiter Verbandstreifen zog sich vom rechten Ohr quer über die narbige Wange bis zum Mund.
Phil zückte seinen Ausweis.
»Ich habe schon auf Sie gewartet«, sagte der Kunsthändler. Er war einen halben Kopf kleiner als Phil und ließ die Schultern nach vorn hängen.
»Haben die Gangster Sie zusammengeschlagen?« fragte Phil.
»Ich bin noch mit einem blauen Auge davongekommen«, knurrte Reardon, »aber die Burschen haben mir versprochen, innerhalb von vierundzwanzig Stunden wiederzukommen, um das Geld zu holen.«
»Welches Geld?«
»Für die Gemälde, die ich ihnen abnehmen soll.«
»Um welche Gemälde handelt es sich?« fragte Phil.
»Ich weiß es nicht. Die Gangster behaupteten, daß es Bilder von Vermeer, Frans Hals und Rembrandt seien«, stöhnte der Kunsthändler und hielt sich den Kopf.
»Und wie kommen die Burschen an die Bilder, die normalerweise im Museum hängen?«
Mr. Reardon zuckte die Schultern.
»Sie wissen es nicht?« fuhr Phil fort, »dann will ich es Ihnen verraten. Sie erhalten ohnehin in wenigen Stunden die Liste mit der Aufzählung der gestohlenen Gemälde. Diese wertvollen Bilder wurden aus einem Transport entwendet, heute nacht, zwischen dem Nord-Güterbahnhof und dem Rangierbahnhof am Hudson-Tunnel.«
»Gestohlen — aus einem Eisenbahnwaggon?« fragte Reardon überrascht.
»Ja, geraubt«, sagte Phil.
»Kommen Sie herein, Mr. Decker«, sagte der Kunsthändler. Er ging voran. Der Flur war mit sehr teuren Teppichen ausgelegt. Es war ein vornehmes Wohnviertel, in dem sich Reardon angesiedelt hatte. Der Velours verschluckte jeden Schritt, aber jeder Fußstapfen zeichnete sich auf dem Teppich ab. Phil sah sich genau um.
»Sehen Sie, hier ist mein Arbeitszimmer. Diese Kannibalen. Nicht eine Schublade haben sie an ihrem Platz gelassen«, stöhnte der Kunsthändler.
Das Zimmer bot einen trostlosen Anblick. Akten waren durcheinandergestreut. Herausgerissene Briefe lagen auf dem Fußboden. An der Wand stand eine Couch. Jemand hatte an ihr Sezierkünste mit einem scharfen Rasiermesser erprobt, das Polstermaterial quoll heraus. Kissen lagen aufgeschlitzt auf dem Schreibtisch.
»Was haben die Burschen gesucht?« fragte Phil.
»Wahrscheinlich Dollars«, meinte Reardon.
»Dollars in Kissen?« fragte Phil ungläubig.
Der Kunsthändler zuckte die Schultern. Phil hatte in diesem Augenblick das Gefühl, daß Harold Reardon dem FBI einiges verschwieg.
Reardon bat Phil in den Nachbarraum. Es war ein einfaches Wohnzimmer mit antiken Möbeln ohne Schnörkel. Hier stand das Telefon. Sie nahmen in Sesseln Plätfc.
»Die Gangster haben Sie in Ihrem Arbeitszimmer überrascht?« begann Phil die Unterhaltung.
»Ja, ich saß gerade über meinen Büchern. Da schellte es.«
»Und Sie haben
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