0465 - Stop-Signal für einen Mörder
aus meiner Jackentasche und legte ihn auf den Tisch.
»Ich muß deinem Gedächtnis nachhelfen, mein Name ist Cotton«, sagte ich. An der Veränderung seiner Mimik erkannte ich, daß es langsam bei ihm dämmerte. Er wollte sich erheben.
»Sitzenbleiben«, knurrte ich. Er gehorchte widerwillig.
»Was willst du von mir, G-man«, zischte Sartor, »es ist besser, einen Bogen um euch zu machen.«
»Was ich will? Eine ganze Menge. Zunächst plauderst du etwas über die netten Mitmenschen, die in dieser qualmigen Bude hocken. Dann erzählst du mir, was dich herführt.«
Sartor warf einen Blick in die Runde. Dann quengelte er: »Ich kenne keinen von denen, wirklich keinen einzigen.«
»Gut, damit wäre die Frage Nummer eins beantwortet«, gab ich zu. »Und warum bist du hier?«
Er sah mich überrascht an.
»Handelst du mit Marihuana?« fragte ich. Er warf einen verächtlichen Blick auf den Plastikbeutel. Dann schüttelte er den Kopf.
»Also andere Interessen?«
Er grinste.
»Es wäre besser für dich, wenn du mit der Sprache herausrücktest«, sagte ich, »wen willst du hier treffen?«
Sartor blieb stumm wie ein Fisch. »Einen von denen da?« bohrte ich weiter. Er schüttelte den Kopf.
»G-man, du hast keinen Grund, mich auszuquetschen«, knurrte Sartor. »Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen.«
Ich beugte mich dicht an sein Ohr, damit keine Silbe verlorenging. »Dann will ich sagen, auf wen du wartest. Auf Frank Loring.«
Sartor warf mir seinen glasigen Blick zu.
»Du bist verrückt, G-man, ich kenne keinen Loring«, knurrte er.
»Dann werde ich dich gleich mit ins Bellevue Hospital schleppen, ins Leichenschauhaus«, sagte ich gedehnt. Sartor starrte mich an. Seine Hände krallten sich um die Tischplatte.
Ich war auf einer heißen Spur. Der Bursche kannte Loring. Trotzdem war ich überzeugt, daß nicht Sartor Frank Loring den Beutel mit Marihuanas zugesteckt hatte. Irgendein anderer schien ein Interesse daran zu haben, Frank hier zu treffen.
»Wie oft bist du Loring begegnet?« fragte ich.
»Zweimal«, sagte er tonlos. Das Leichenschauhaus belastete sein Gemüt.
»W.as wolltest du von ihm? Hast du ihm ein Geschäft angeboten?« bohrte ich. »Warum hast du ihn für halb zwölf hierherbestellt?«
»Ich habe Frank Loring nicht hierherbestellt«, wehrte sich Sartor. Seine Augen verengten sich zu einem winzigen Spalt. Er biß die Zähne aufeinander.
Mit einem Griff fischte ich meine Geldbörse aus der Tasche. Ich öffnete sie und holte den Zettel heraus, der nicht größer war als ein Fingernagel. Ich legte das Schriftstück vor Sartor auf die blankgescheuerte Tischfläche. Er nahm den Papierfetzen kaum in sein Bewußtsein auf. Ich zog den Zettel zurück und verstaute ihn wieder in der Geldbörse.
»Ermordet«, fuhr ich fort, »durch einen Schuß in den Mund. Mit seinem eigenen Browning ermordet.«
Langsam löste sich der Krampf in Sartors Pranken.
»Wer hat Frank umgebracht?« stieß er hervor.
»Dieselbe‘Frage stelle ich mir auch seit einigen Stunden. Und vor allen Dingen, warum wurde er ermordet?« Der Kellner kam mit zwei Gläsern Whisky. Ich nickte. Er stellte das Getränk auf den Tisch. Ich griff zum Glas und hob es an die Lippen.
Hastig grapschte Sartor nach dem Whisky und ließ ihn durch die Kehle laufen.
»Verdammt, ermordet«, zischte Sartor, »oder ist das alles Bluff, G-man. Willst du mich aushorchen?«
»Ich habe dir angeboten, mich ins Leichenschauhaus zu begleiten«, sagte ich ruhig. »Also, welches Geschäft hattest du mit Frank Loring vor?«
Sartor schüttelte den Kopf. »Kein Geschäft«, knurrte er.
»Gut, wenn du nicht reden willst«, sagte ich, »dann werden dich die Richter dazu bringen. Denn immerhin bist du mit Frank Loring in Manhattan zusammengetroffen. Unter Umständen hattest du ein glühendes Interesse daran, Loring umzubringen. Wer weiß. Gewiß, im Augenblick reichen die Beweise noch nicht aus, dich festzunehmen. Aber ich komme bei Gelegenheit darauf zurück.«
»Du irrst dich, G-man«, knurrte Sartor, »für mich konnte nur der lebende Loring von Nutzen sein.«
»Du kannst dir überlegen, ob du plaudern willst«, sagte ich und warf zwei Dollar auf die Tischplatte für den Whisky, »oder ob du durch dein Schweigen die Mörder deckst. Meine Telefonnummer kennst du.«
Ich erhob mich und verließ das Lokal.
***
Plötzlich hörte ich Männerschritte hinter mir. Ich befand mich in der Gay Street, die keine zweihundert Yard lang ist. Dicht vor der Christopher
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