0468 - Der Mordgötze
die Angelegenheit ohnehin schleifen. So würden sie eine doppelte Überraschung erleben. Einmal dadurch, daß Eysenbeiß-Salem ihnen die Verhandlungsführung aus den Händen nahm, und andererseits, daß er ihre Machtkämpfe beenden würde, indem er sich selbst an ihre Spitze stellte.
Sich selbst zu befördern, war schon immer seine Spezialität gewesen. Und daß er einen Machtkristall besaß, daran kamen die Alphas dann nicht mehr vorbei. Die Ausstrahlung des Sternensteins reichte als Legitimation völlig aus. Eysenbeiß brauchte nicht den Beweis anzutreten, daß er ihn auch benutzen konnte - es sei denn, es gelänge gerade in dieser Zeit einem jener rivalisierenden Alphas, selbst einen Machtkristall zu schaffen. Dann würde er Eysenbeiß zwangsläufig zum Zweikampf fordern - und diesen Zweikampf konnte Eysenbeiß nicht gewinnen. Das war sein Risiko.
Aber nach Salems Wissensstand hatte noch kein Alpha Ansätze zeigen können, einen Kristall 10. Ordnung zum Machtkristall aufzustocken. Und wenn Eysenbeiß erst einmal selbst der ERHABENE war, würde er entsprechende Versuche zu unterbinden wissen, damit ihm niemand seine Position mehr streitig machen konnte.
Er wußte auch, wie er selbst als der, welcher er war, unerkannt bleiben konnte. Sara Moon hatte es ja ebenso geschafft, die gesamte Dynastie zu düpieren - bis heute wußte keiner außer dem selbst bis vor kurzem noch ahnungslosen Salem, daß der ERHABENE eine Frau gewesen war…
Eysenbeiß-Salem brauchte bloß in die gleiche Maske zu schlüpfen.
Und niemand würde ihn entlarven können, so wie auch niemand Sara Moon enttarnt hatte.
Lange genug war sie in der Hölle und damit in seiner Nähe gewesen; er wußte fast alles über sie. Von daher würde es ihm nicht besonders schwer fallen, in ihre Rolle zu schlüpfen.
Um die Ewigen zu beherrschen und zu neuem Ruhm und neuer Macht zu führen…
Aber zunächst galt es, sich einen Vorsprung zu erarbeiten. Eysenbeiß-Salem begab sich nach El Paso, Texas.
***
Weil der Abend und damit die Ladenschlußzeiten nahte, hatten Zamorra und Nicole sich getrennt. Während Zamorra und Kommissar Bianchi im Dienstwagen den Antiquitätenhändler aufsuchten, fuhr Nicole mit Ted Ewigks Mercedes-Coupé zu Yasmin Bond. Die Negerin war von dem Besuch zunächst nicht sonderlich begeistert, weil sie selbst gerade vom Einkauf zurückkehrte und ihre Tüten und Kästen auspacken wollte. Entschlossen griff Nicole mit zu. Allmählich taute Yasmin Bond auf.
»Patrizias Tod macht mir zu schaffen«, gestand sie später, als sie es sich im kleinen Wohnzimmer gemütlich gemacht hatten. »Felicitas dürfte noch mehr geschockt sein, schließlich waren die beiden gute Freundinnen. Und ich bekam immerhin eine ganze Menge Modellaufträge von Pat. Jetzt muß ich zusehen, wie ich die entstandenen Lücken auffülle. Die Konkurrenz ist groß, hübsche Mädchen gibt es wie Sand am Meer. Bei Pat wußte ich wenigstens, daß sie mich nicht einfach fallenläßt, sondern mich immer wieder für ihre Fotosets heranzieht. Außerdem konnte ich mir bei ihr sicher sein, daß es sich nur um seriöse Akt- oder Softsexaufnahmen handelte. Es gibt auch Fotografen, die ihre Modelle in harte Pornoproduktionen tricksen, und wer nicht mitspielt, ist schnell raus aus dem Geschäft. Man rutscht da sehr rasch ab, und das will ich nicht. Nackte Haut in manchmal witzigen, meist recht dümmlichen Fotoserien, okay. Aber direkt dahinter ist die Grenze. So was wie gestern, das macht Spaß, wenn auch Felicitas das größte Risiko dabei getragen hat, von den carabinieri erwischt zu werden. Auch bei so was war Pat großartig; statt uns fallenzulassen, wenn es Ärger gab, deckte sie uns ab und zahlte die Bußgelder wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses aus ihrer Spesenkasse, statt es uns von unseren Modellhonoraren hinblättern zu lassen. Auch das ist nicht immer üblich. - Sie waren doch gestern auch in dem Laden, Nicole, oder irre ich mich? Wie hat Ihnen die Aufnahmenserie gefallen?«
Nicole lächelte. »Hätte mir vielleicht auch Spaß machen können«, sagte sie. »Vielleicht… nur etwas mehr Pfiff hätte die Story haben müssen. - Wer kauft diese Fotogeschichten eigentlich?«
»Agenturen, Magazine… und je ausgefallener und nackter, desto mehr wird bezahlt. Himmel, daß Pat tot ist, darüber komme ich immer noch nicht richtig hinweg. Ich bin erschüttert. Als die Polizei bei mir war, wußte ich einfach nicht, was ich sagen sollte. Ich war fix und fertig, und eigentlich
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