0469 - Tödlicher Flammengruß
den ein Monitor angeschlossen worden war. Der Bildschirm sah grau aus, und ich fragte nach der Speicherkapazität.
»Soweit sind wir noch nicht. Jane hat bisher alles auf Karteikarten geschrieben.« Sie deutete auf einen bis zur Decke reichenden Büroschrank, der ein Rollgitter besaß.
»Zieh es mal runter, John.«
Das tat ich auch und schaute zu, wie sich das Gitter in Höhe meiner Füße zusammenrollte und verschwand. Die Karteikästen bauten sich übereinander auf. Ich brauchte sie nur herauszuziehen.
Sarah Goldwyn trat neben mich. »Laß mich mal, mein Junge.« Ihre Stimme klang wieder forsch: Die alte Dame sah Land, und sie würde sich durch nichts mehr stören lassen. Jetzt konnte sie endlich schalten und walten.
»Hat Jane es schon geordnet?« fragte ich.
»Danach wollte ich gerade schauen.«
Ja, sie hatte es, denn auch ich erkannte die Buchstaben außen auf den Kästen. Den mit dem D zog Lady Sarah aus. Auf glatten Rollen fuhr er uns entgegen. Dicht an dicht standen die Karteikarten.
Der Rest war ein Kinderspiel.
»Dariolo!« rief Lady Sarah triumphierend. »Da habe ich es.« Sie zog die Karte hervor.
Das Licht war hell genug, um die Beschriftung lesen zu können. Wir erfuhren, daß Dariolo ein Pseudonym war. Der Zweitname für einen Autor, der populärwissenschaftliche Bücher schrieb und dabei versuchte, Phänomen auf den Grund zu kommen, die man durch die Methoden der realen Wissenschaft noch nicht erforscht hatte.
»Ein Esoteriker«, sagte Suko.
»Und du hast all seine Bücher?« erkundigte ich mich bei der Horror-Oma.
»Natürlich.«
»Ob wir da weiterkommen?«
Sarah Goldwyn widersprach. »Nein, John, auf keinen Fall. Ich kenne seine Bücher und kann mich auch an die Inhalte erinnern. Mit Feuer hat er sich nie beschäftigt. Auch nicht mit Höllenfeuer.«
Ich krauste die Stirn. »Weshalb hat man dir dann den Namen genannt?« murmelte ich.
»Du vergißt eines«, meldete sich Suko. »Diese Gestalt hat noch etwas hinzugefügt. Dariolo House.«
»Sein Wohnsitz.«
»Bravo.« Suko grinste.
»Das müßtet ihr doch herausbekommen«, sagte Lady Sarah.
»Und wie.« Ich war bereits auf dem Weg zum Telefon und rief die Fahndungs-Abteilung an. Vielleicht war dieser Mann erfaßt worden. Das wäre phantastisch gewesen.
Wie immer waren die Kollegen nicht begeistert. Sie versprachen aber, ihr Bestes zu tun, und ich hinterließ ihnen Sarahs Telefonnummer.
Sieben Minuten später meldete sich der Apparat. »Habt ihr was?« fragte ich hastig.
»Ja, ein wenig.«
»Laß hören.«
Ich erfuhr, daß Dariolo zwar nicht registriert war, aber die Kollegen hatten seine Adresse herausbekommen. Und die schrieb ich mir auf. Leider wohnte er nicht in London, sondern an der Küste, schon nach Cornwall zu. Dort hatte er sich zurückgezogen, um zu schreiben. Das Kaff, das man mir nannte, kannte ich überhaupt nicht.
»Okay, Freunde, ich bedanke mich.«
»Immer zu Diensten, John.«
Ich hielt den Zettel hoch. Lady Sarah setzte sich die Brille auf und las den Ortsnamen. »Lyme. Habe ich nie gehört. Ihr etwa?«
»Nein, auch nicht.«
»Der wird sich aber finden lassen.« Lady Sarah ging los und besorgte Kartenmaterial. Auf einer Spezialkarte fanden wir den Ort.
»Das ist weit weg«, sagte Suko. »Willst du heute nacht noch fahren?«
»Nein, erst morgen.«
»Kann es da nicht zu spät sein?«
Lady Sarahs Frage war berechtigt, aber sie konnte mich nicht umstimmen. »Wenn Jane noch lebt, wird das morgen ebenfalls der Fall sein. Ich bin wirklich zu müde.«
Auch Suko war es.
Wir fuhren nach Hause, nachdem wir das Fenster provisorisch abgedichtet hatten. Lady Sarah wollte auf keinen Fall für die nächsten Stunden in ein Hotel ziehen. Trotz der Vorgänge fühlte sie sich in der Wohnung sicher, wie sie behauptete.
Ich schlief schlecht. In meinen Träumen sah ich nur gewaltige Flammenwände, die alles, was sich ihnen entgegenstellte, rest- und spurlos verzehrten…
***
Als Autor hatte er in seinem Leben viel geschrieben. Nicht alles hätte einer Überprüfung standgehalten, aber was er jetzt sah, konnte kaum in der realen Welt existieren, obwohl er nur einfach die Vorderseite des Vorhangs hinter sich gelassen hatte.
Zuerst fiel ihm das Feuer auf. Er sah die Flammen wieder, und es waren die gleichen, die er auf das Haus hatte zuflackern sehen, aber jetzt standen sie still und bewegten sich kaum noch. Und sie verteilten sich in einer Halle, die kein Möbelstück aufwies, dafür jedoch ein Wirrwarr an Treppen. Sie
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