0469 - Tödlicher Flammengruß
griff wieder nach dem Glas und leerte es. Allmählich kehrte auch Farbe in das Gesicht zurück. Ein Zeichen, daß der Kreislauf wieder belebt worden war. Sarah hob die Schultern, als würde sie frösteln. Sie starrte ins Leere, dachte sehr angestrengt nach und schnippte plötzlich mit den Fingern.
»Ich glaube, ich hab's.«
»Was?«
»Moment, John, Moment. Ich sah die Gestalt für einen Moment und hörte sie, obwohl sie nicht sprach. Die Stimme vernahm ich nur in meinem Hirn. Sie war wie ein Echo.«
»Konntest du das Wort verstehen?«
»Ich glaube…«
Das klang mir nicht sehr überzeugend, aber Sarah Goldwyn dachte intensiv nach. Wie ich sie kannte, würde ihr auch dazu das Passende einfallen. Und sie gab eine Antwort.
»Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher. Er hat von einem Haus gesprochen. Dariolo House.«
»Wie?«
Sie wiederholte es, ich flüsterte den Namen auch, schaute Suko an, und der hob die Schultern.
»Nie gehört«, sprach ich Lady Sarah an. »Sorry, der Name sagt mir wirklich nichts.«
»Obwohl er sich ungewöhnlich anhört«, meinte Suko.
»Klar. Man kann ihn nur schwer vergessen. Aber damit hatten wir noch nie zu tun.«
»Ich im Prinzip auch nicht«, gab Lady Sarah zu. »Aber trotzdem ist er mir nicht so unbekannt wie euch.«
Als sie unsere überraschten Gesichter sah, lehnte sie sich zurück und weidete sich an unserem Ausdruck.
»Da staunt ihr, wie?«
»Und ob«, sagte ich.
»Aber woher kennst du den Namen?« fragte Suko. »Oder wo hast du ihn schon gehört?«
»Wenn ich das wüßte.«
Ich breitete meine Hände aus. »Mensch, Sarah, denke nach. Das ist die Spur.«
»Ja, weiß ich auch.« Sie nickte in Richtung Barschrank. »Ich brauche noch einen Schluck. Der regt das Gedächtnis an.«
»Bist du unter die Spritamseln gegangen?« fragte ich.
»Keine Sorge, ich weiß immer, wann ich aufzuhören habe. Im ernst, John, gib mir noch einen Kleinen.«
Den bekam sie auch, trank aber nicht, drehte das Glas zwischen den Händen und wiederholte murmelnd den Namen, der ihr eingefallen war. »Dariolo House… da war etwas. Der Name ist mir bekannt. Ich habe ihn schon gehört. Sie preßte ihren Handrücken gegen die Stirn. Wo war das denn nur, zum Henker?«
»Vielleicht in einem Film?«
»Nein, Suko, nein.«
»Bleibt ein Geschäft, ein Buch…«
Lady Sarah sprang so heftig hoch, daß der Cognac fast aus dem Glas geschwappt wäre. »Ja, das ist es. Das ist es genau. Ein Buch, John, ein Buch.« Sie wirkte so, als wollte sie mir jeden Moment um den Hals fallen. »Weshalb bin ich nicht vorher darauf gekommen?«
»Weil du nicht daran gedacht hast.«
»Richtig.«
»Hast du das Buch hier?« fragte Suko.
»Wahrscheinlich, aber das läßt sich feststellen.«
Ich verzog den Mund. »Wir haben ja die Nacht Zeit«, sagte ich und dachte dabei an die Unmengen von Büchern, die Lady Sarah in ihrem Haus verwahrte. Und nicht allein auf dem Speicher, wo sich auch der kleine Kinosaal befand, sondern ebenfalls im Keller. Dort standen Regale und auch Kisten mit Büchern, die noch nicht ausgepackt waren.
Wir standen auf und gingen in den Flur. Erst jetzt sah Lady Sarah das zerstörte Fenster. »0 je…«
»Das war nicht anders zu machen«, sagte ich. »Wir wären so schnell nicht durch die Tür gekommen.«
»Schon gut.«
Wir wollten zur Treppe gehen, aber Lady Sarah winkte ab. »Nein, ihr müßt mit in den Keller.«
»Wieso? Hast du umgeräumt?«
»Das nicht. Aber es gibt Dinge, die ich Jane Collins überlassen habe. Sie hat sich sehr nützlich gemacht. Ich wußte vorher nicht, daß sie auch eine Kartei anlegen kann.«
»Keine Ahnung.«
»Um es kurz zu machen, John. Jane und ich sind dabei, alles karteimäßig festzuhalten, was sich hier an Filmen und Büchern in diesem Hause befindet. Klar?«
»Okay.«
Die Treppe zum Keller war schmal. Lady Sarah hatte die Tür hell gestrichen, und Suko zog sie auf.
Keller können schmutzig sein oder als Werkstatt benutzt werden. Man kann sie auch so ausbauen, wie Lady Sarah es hatte machen lassen. Da gab es keine schmutzige Wand mehr. Wir sahen überall helles Holz, das einen warmen Ausdruck verbreitete, so daß man sich auch in den Räumen unter der Wohnung wohl fühlen konnte.
Teppichböden schluckten unsere Schritte. Die einzelnen Räume besaßen helle Lampen, deren Schein bis in jeden Winkel und jede Ecke reichte. Büromäßig waren sie eingerichtet.
Der größte Raum beherbergte die Kartei. Lady Sarah hatte sogar einen kleinen Computer gekauft, an
Weitere Kostenlose Bücher