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047 - Amoklauf

047 - Amoklauf

Titel: 047 - Amoklauf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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hatte, nicht gefallen.
    »Seit Tagen bestürmen sie mich mit diesem Vorschlag«, sagte sie heftig. »Immer wieder reden sie von ihrem Schamanen. Aber ich halte nichts davon. Ich glaube nicht an die Kräfte, die er haben soll.«
    Langsam gingen wir zu Richardsons Zimmer. Ich trat ein und blieb überrascht stehen. Das Bett war leer. Das Fenster stand offen.
    Ich seufzte. »Ihr Bruder ist verschwunden. Wir müssen ihn suchen.«
    »Und wie stellen Sie sich das vor?« fragte sie. »Es ist stockfinster. Eine Suche hat überhaupt keinen Sinn.«
    »Er kann noch nicht weit sein«, sagte ich und schwang mich übers Fensterbrett.
    »Warnen Sie die Eingeborenen!«
    Ich holte die Bleistiftlampe aus der Brusttasche und knipste sie an. In die rechte Hand nahm ich die Pistole. Dann blieb ich kurz stehen. Der nächtliche Dschungel war nur hundert Meter entfernt. Ein schmaler Lichtschein fiel aus dem Fenster und verlor sich in der Dunkelheit. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich an den ohrenbetäubenden Lärm gewöhnt hatte. Unzählige Vögel und Affen kreischten durcheinander und veranstalteten ein Höllenspektakel. Ich suchte nach Spuren und fand schließlich einige Abdrücke, die von Richardson stammen konnten. Sie führten geradewegs in den Dschungel.
    Rasch ging ich weiter, und schon nach wenigen Metern tauchte Richardson vor mir auf. Ich hob die Lampe. Der Strahl fiel auf sein Gesicht. Er stand mit weit aufgerissenen Augen da und stierte zum Haus hinüber. Vorsichtig trat ich näher an ihn heran.
    »Mr. Richardson«, sagte ich, und er blickte mich an. Seine Augen flackerten unruhig. »Können Sie mich verstehen?«
    Er nickte. »Was soll diese dumme Frage?« brummte er. »Natürlich kann ich Sie verstehen.«
    Ich faßte ihn an der Schulter, doch er schüttelte meine Hand ab.
    »Fassen Sie mich nicht an!« fauchte er. »Was mache ich hier draußen? Ich kann mich erinnern, daß ich Sie vom Hotel abgeholt habe und wir hierher fuhren. Dann …«
    »Kommen Sie ins Haus!« sagte ich. »Ich erkläre Ihnen alles.«
    Er folgte mir. Ich ließ ihn nicht aus den Augen. Er schüttelte ununterbrochen den Kopf und grunzte dabei. Im Augenblick wirkte er völlig normal, doch ich hatte Angst, daß sich sein Zustand innerhalb weniger Augenblicke wieder ändern konnte. Die Haustür war abgesperrt. Richardson zog einen Schlüsselbund hervor und schloß auf. Er trat ein, und ich folgte ihm. Er ging normal, seine Bewegungen waren natürlich.
    Gloria kam uns entgegen, und ihre Augen weiteten sich, als sie ihren Bruder sah. Sie lief auf ihn zu. »Du bist wieder normal«, sagte sie und blieb vor ihm stehen.
    »Was willst du damit sagen?« fragte er böse und reckte sein Kinn angriffslustig vor. »Ich bin immer normal, was man von dir nicht behaupten kann.«
    »Sie waren nicht normal, Mr. Richardson«, sagte ich. »Sie gingen mit einem Dolch auf mich los. Dann versuchten Sie Tuanku zu töten. Das würde ich nicht unbedingt als normal bezeichnen.«
    Er blickte mich überrascht an. »Reden Sie keinen Unsinn!« fauchte er.
    »Es ist kein Unsinn«, sagte Gloria leise. »Es stimmt. Du wolltest Amok laufen.«
    »Das kann es doch nicht geben!« meinte er. »Ich kann mich nicht daran erinnern. Irrt ihr euch nicht?«
    »Nein«, sagte ich. »Wir irren uns nicht. Sie führten sich wie ein Verrückter auf.«
    Er setzte sich auf einen Stuhl und blickte uns an. »Ich glaube es noch immer nicht«, hauchte er schwach.
    Bevor ich noch etwas sagen konnte, trat William March ins Zimmer und blieb überrascht stehen.
    »Tony!« rief er, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
    »Du schaust mich wie einen Geist an, Will«, sagte Tony grimmig. »Habe ich Aussatz? Weshalb glotzt du mich so an?«
    »Kannst du dich an nichts erinnern?« fragte March und kam rasch näher. »Bist du wieder ganz in Ordnung?«
    Richardson lachte trocken. »Entweder seid ihr alle verrückt, oder ich bin es. Angeblich soll ich auf Stack und Tuanku losgegangen sein. Das kann ich mir aber nicht vorstellen.«
    »Es ist aber so«, sagte March und setzte sich. Dann erzählte er Richardson von den Vorfällen.
     

     

Eine Stunde später kam der Arzt und untersuchte Richardson. Er konnte jedoch nichts feststellen, was mich nicht sonderlich überraschte. Er gab ihm eine Spritze, und wir brachten Tony zu Bett. Innerhalb weniger Sekunden war er eingeschlafen.
    Ich vereinbarte mit March, daß wir abwechselnd bei ihm wachen würden. Ich wollte ihn nicht unbeaufsichtigt lassen.
    Der Arzt verabschiedete sich,

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