047 - Der Schlitzer aus dem Jenseits
seine Aura, wurden nicht vernichtet. Und es muß hier in London
irgend jemand geben, der in der Lage ist, mit seinen übersensitiven Sinnen die
Bestie zurückzuholen. Was hier wie ein Film vor unseren Augen abgerollt ist,
übersteigt das Begriffsvermögen eines Normalsterblichen. Wir haben es selbst
erlebt, und wir stehen staunend und angsterfüllt vor dieser Tatsache.
Unsere Welt,
unsere Gesetze scheinen nicht mehr zu stimmen. Und wir sind nicht mal in der
Lage, dem furchtbaren Morden ein Ende zu setzen, weil unsere Waffen stumpf
sind. Wer tot ist - kann nicht noch mal sterben!“
Higgins
wischte sich über die schweißnasse Stirn. In seiner langjährigen Praxis als
Chiefinspektor war ihm kein ähnlicher Fall bekannt geworden. Er merkte, wie es
ihm schwerfiel, in sein Weltbild etwas Derartiges einzureihen.
„Aber das
Messer“, schnitt er ein neues Problem an. „Wie kann eine solche Waffe in die
Hände eines Wesens gelangen, das nicht mehr…“ Alles in ihm sträubte sich, den
Rest des Satzes auszusprechen.
„Ich verstehe,
was Sie meinen.“ Brent nickte. Sein Gesicht war ernst. „Ich habe eine
Vermutung. Psychokinetische Kräfte.“
Higgins kniff
die Augen zusammen.
„Sie sind
wissenschaftlich nachgewiesen“, schaltete sich der Russe ein. „Wissenschaftler
im Parapsychologischen Institut der Duke-Universität sind psychokinetischen
Phänomenen nachgegangen. Dr. J. B. Rhine, der Leiter des Instituts, ist dabei
auf erstaunliche Ergebnisse gestoßen.“
„Er stellte
fest, daß es einige wenige Personen gibt, die materielle Gegenstände durch die
Luft transportieren können, ohne Hand anzulegen.“
Larry nickte.
„Genau daran denke ich auch. Und wenn dies hier der Fall ist, dann haben wir
eine Chance, doch etwas zu unternehmen. Denn es ist wohl kaum von der Hand zu
weisen, daß das Medium, durch das Jack the Ripper gerufen wird, auch über
psychokinetische Kräfte verfügt und dem Mörder praktisch die Waffe reicht.
Gegen den Spuk selbst können wir nichts ausrichten! Wohl aber gegen diese
Person! Wir müssen sie finden“
„Wie wollen
Sie das anstellen, Larry?“ fragte Higgins.
„Eine harte
Nuß ist das, ich weiß. Wir müssen sämtliche spiritistischen Zirkel unter die
Lupe nehmen.“
„Eine
Wahnsinnsarbeit!“ Higgins stöhnte, als hätte diese Arbeit bereits angefangen.
„Ich brauche die Unterstützung Ihres ganzen Stabes, Edward“, forderte Brent.
„Wir werden
Wochen zu tun haben, um alle Zirkel in und um London zu sondieren.“
„Ja, das
fürchte ich auch.“ X-RAY-3 blickte abwesend über die schemenhaft wirkenden
Kreuze und Grabsteine hinweg. „Und dann ist noch lange nicht gesagt, daß wir
auch wirklich auf denjenigen stoßen, den wir hoffen zu finden. Es gibt auch
Zirkel, die nicht registriert sind.“
„Dann können
wir uns hier in London als Dauermieter einquartieren“, stellte der Russe
trocken fest. „Und gerade jetzt, wo es Herbst wird. - In der Zentrale hatte ich
etwas davon läuten hören, daß man meinen Einsatz auf den Bahamas vorgesehen
hat. Irgend jemand soll dort Fische beobachtet haben, die nachts über Land
wandern und sogar einsame Spaziergänger am Strand belästigen.
Es wird von
einer Frau berichtet, die einen Fisch im Bett gefunden hat. Aber wenn Ihr mich
fragt, dann schlage ich mich lieber mit einem kalten Barsch herum, der zu mir
ins Bett steigt, als mit einem Phantom, das selbst gegen Laserstrahlen immun
ist!“
„Wir müssen
die Dinge eben so nehmen, wie sie wirklich sind, und - das ist das
Entscheidende - uns etwas einfallen lassen. Die Serie der grausamen Morde hat
in der letzten Nacht begonnen“, überdachte Larry Brent die Situation, „und der
Vorfall hier hat bewiesen, daß der Unheimliche in der Lage ist, jeden
Augenblick an jedem Ort zuzuschlagen. Er ist uns - was Raum und Zeit anbelangt
- in jeder Hinsicht überlegen.“
„Das kann
heiter werden, Towarischtsch. Wir müssen uns also einfallen lassen, wie einer,
der tot ist - noch toter zu kriegen ist!“
●
„Loretta?
Loretta!“
Die Stimme
füllte die Dachkammer.
Lee Lunch
stand vor der Tür und hörte das Rufen von Horace Winter und verstand nicht, was
hier oben unter dem Dach vorging.
Winter hatte
Besuch? Er lebte allein in dem großen Haus, und es war bekannt, daß er außer
den Mitgliedern seines Zirkels keinen Besuch empfing.
Lunch hielt
den Atem an und legte vorsichtig sie Hand auf die Klinke. Langsam drückte er die
Tür auf. Er öffnete sie einen Spalt breit und
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