047 - Der Schlitzer aus dem Jenseits
war
in Begleitung. Haben Sie auch daran gedacht?“
„Sie wollen
damit sagen, daß Mister Hunter doch etwas aufgefallen sein müßte?“ Winter
schwitzte. Er wußte nicht mehr, was er alles gesagt und was er nicht gesagt
hatte. Die Antwort Brents traf ihn wie eine kalte Dusche.
„… ich mache
Ihnen den Vorschlag, endgültig mit der Sprache herauszurücken, Winter“, sagte
Larry scharf. „Wenn Sie Näheres wissen, sagen Sie uns das, Winter! Auch wenn es
nur eine Vermutung ist. Das könnte uns jedoch schon weiterhelfen. Wir gehen von
folgenden Voraussetzungen aus: Wir sind auf der Suche nach einem ungewöhnlichen
Täter. Er ist nicht greifbar wie andere Menschen. Einiges spricht dafür, daß
Jack the Ripper der Täter ist! Jack the Ripper ist aber tot! Da Sie nun
Erfahrung im Umgang mit Toten haben, dachten wir uns, daß Sie uns
möglicherweise weiterhelfen können. Sie beschäftigen sich nicht nur mit okkulten
Phänomenen, Sie führen auch selbst Experimente durch, nicht wahr? Wäre es nicht
möglich, daß ein Medium in ihrem Kreis die Gabe der Materialisation besitzt?“
Horace Winter
schnappte nach Luft. Diese Fragen und Feststellungen klangen schon wie eine Anschuldigung.
Brent wußte, daß er einen Schritt zu weit ging, aber in Betracht der besonderen
Situation und der Widersprüche, in die sich Winter verwickelt hatte, sah er ein
solches Verhalten als gerechtfertigt an.
„Aber ich -
Sie wissen - ich meine…“ Winter wußte nicht, wo er anknüpfen sollte. Er hatte
endgültig die Beherrschung verloren.
Und er kam
nicht mal mehr dazu, sich weiter zu erklären. Schritte hörte man draußen auf
der Treppe, die Stufen knarrten.
Brent und
Higgins sahen sich an.
Eine Gestalt
tauchte in der Tür auf. Der Chiefinspektor erkannte sie sofort.
„Lunch? Sie
hier?“ fragte er erstaunt.
Lee Lunchs
Augen hatten einen fiebrigen Glanz.
„Ich habe
alles gehört, Chiefinspektor“, sagte er leise. „Ich war oben im Zimmer, und die
Tür stand offen. Es ist wohl besser, wenn endlich die Wahrheit gesagt wird,
Winter.“ Lunch streckte die Rechte aus. Auf seiner Hand lag ein langes, bis zum
Heft mit Blut besudeltes Fleischmesser. „Das kam eben an. Loretta hat es
apportiert. So kann es nicht weitergehen, Winter!“
Larry Brent
sah, wie der Kopf des Dicken auf die Brust sank. „Okay“, murmelte der
Zirkelleiter und er schnaufte stärker, als man es von ihm gewohnt war. Der
Schweiß stand auf seiner Stirn. „Dann werde ich auspacken. Ich weiß alles und
habe doch nicht die geringste Schuld. Niemand hat eigentlich Schuld, meine
Herren!“
Er sah sich
mit traurigen Hundeaugen um. „Niemand! Das ist das Besondere an diesem Fall. Es
gibt keinen Täter, keinen greifbaren, wie Sie selbst schon sagten, Mister
Brent. Das Medium ist für seine Veranlagung nicht verantwortlich zu machen.
Kommen Sie - sehen Sie selbst, machen Sie sich ein Bild von Loretta, und Sie
werden alles - verstehen.“
●
Es wurde eine
lange Nacht. Dennoch wurde die Müdigkeit nicht stärker. Im Gegenteil, sie nahm
sogar ab. Das Gespräch mit Winter führte genau ins Ziel, das Larry angesteuert
hatte. Der Zufall war ihm zu Hilfe gekommen.
Trotzdem war
er über diesen Erfolg nicht ganz glücklich. Jetzt, wo Sie den Urheber kannten,
stand das Hauptproblem noch offen: wie verhinderte man, daß Loretta abermals in
Trance fiel?
Es gab keinen
Grund, an Winters Worten zu zweifeln. Die junge Spanierin nahm die Einflüsse
aus der jenseitigen Welt auf, ohne sich dagegen wehren zu können. Sie war
selbst einer Folterqual ausgesetzt, der man sich als Außenstehender nicht
bewußt wurde.
„Loretta
bleibt eine Gefahr, solange ich nicht weiß, wie ich ihren Willen so lenken
kann, daß sie selbst es in der Hand hat, den Einflüssen genügend
Widerstandskraft entgegenzusetzen.“ Winter zündete eine neue Kerze an, die alte
war bis auf einen zentimeterdicken Stummel herabgebrannt. „Ich habe ein
gewisses Maß an Schuld, ich hätte vielleicht schon heute morgen, nach
Bekanntwerden der Bluttaten in London Scotland Yard unterrichten sollen. Aber
wozu wäre das gut gewesen? Hätten damit die Vorgänge in dieser Nacht wirklich
verhindert werden können? Ich bezweifele das! Das gleiche wäre geschehen.
Niemand kann den Eingriff in das Diesseits verhindern. Durch das Medium Loretta
werden Kräfte frei, die uns unbekannt und im höchsten Maß unvorstellbar sind,
aber daß sie existieren, beweist ihre Person. Und wir können uns nur davon
befreien, in dem
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