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0471 - Im Bann der Hexe

0471 - Im Bann der Hexe

Titel: 0471 - Im Bann der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Robertina starrte ihn an. »Mich umzubringen«, flüsterte sie, und sie erinnerte sich daran, daß Don Cristofero sie bedroht und den Degen gegen sie erhoben hatte. Ja, wahrscheinlich hatte der familiaris recht. Die Fremden waren gefährlich. Sie waren eine Bedrohung. Es war besser, wenn sie starben.
    Die Herrin der Dunkelheit merkte nicht, daß der familiaris ihr Denken beeinflußte…
    ***
    Der Earl of Pembroke runzelte die Stirn, als der Besucher nach vorherigem höflichen Anklopfen die geschnitzte Eichenholztür zur Bibliothek des Earls durchdrang. An sich war der Schloßherr kein Nachtmensch; und alldieweil er einen gesunden Schlaf hatte, kam er mit seinen Gespenstern hervorragend aus - selbst nächtliches Kettenrasseln konnte ihn nicht stören. Doch an diesem Abend war er selbst über Mitternacht hinaus noch aufgeblieben; er wollte schließlich wissen, ob - und was - sein Freund Zamorra erreichte. Bloß hatte er dabei nicht persönlich zugegen sein wollen; er ging nicht zu Unrecht davon aus, daß seine Anwesenheit ein Störfaktor gewesen wäre; eine Art psychologische Hemmschwelle auf Beinen.
    Er erkannte Sir Anthony sofort. Es gab zwar in seiner Gespenstersammlung mehrere Erhängte, die mit einem Galgenstrick um den Hals herumspukten, aber Sir Anthony tat dies mit ganz besonderer, unnachahmlicher Würde.
    »Nun, das ging aber rasch«, stellte der Earl nach einem Blick auf die Knochenuhr fest, die ihm einer von Zamorras Freunden, der Geisterjäger Colonel Christopher Sparks, einmal geschenkt hatte. Es war wohl ein Beutestück gewesen, mit dem Colonel Sparks selbst nichts anzufangen wußte; er hatte ein asylsuchendes Gespenst und die Uhr praktisch als Bestechungsgeschenk dazu gleichzeitig hier abgeliefert. Fünf Minuten vor jeder vollen Stunde klappte ein Türchen auf, ein Mini-Skelett schaute heraus und ließ ein schauerliches Lachen hören - die Dauer richtete sich nach der Stundenzahl. Der Blick auf die Knochenuhr verriet dem Earl, daß seit Beginn der ghostly hour erst knappe zwanzig Minuten verstrichen waren. Wenn Zamorra tatsächlich in dieser kurzen Zeit einen Erfolg erzielt hatte, war der Mann nicht nur ausgezeichnet, sondern schlicht genial! »Ich hatte nicht so früh mit einem Resultat gerechnet«, fuhr der Earl fort. Sir Anthony hüstelte nachhallend. Das hinter ihm befindliche Bücherregal schimmerte durch seine Gestalt. »Es tut mir leid, Sir«, röchelte er. »Aber es sieht so aus, als wären der Professor und seine Begleiter auf dem gleichen Weg ebenso verschwunden wie Don Cristofero und sein Zeit-Zauberer.«
    Der Earl sprang auf. Er wurde blaß. »Sind Sie sicher, Sir Anthony?«
    »Absolut«, erwiderte der Geist des Erhängten. »Eine fremde Macht störte seinen Zauber. Wir haben es alle gespürt. Ein Weltentor öffnete sich und zog Ihren Freund, die Frau und den Wolf hinein, um sich dann wieder zu schließen.«
    »Können Sie mit vereinten Kräften das Tor wieder so öffnen, wie es Zamorra getan hat?« stieß der Earl erregt hervor. »Ich meine, können Sie sein Experiment wiederholen? Wenn das Tor geschlossen bleibt, kann er doch nicht zurück!«
    »Das entzieht sich unserer Macht. Wir sind Geister, schon allein dadurch geschwächt, daß wir aus unserer eigentlichen Heimat vertrieben wurden. Was wir an Kraft besitzen, stellten wir dem Professor zur Verfügung. Doch wir sind nicht selbst zauberisch befähigt. Wir können es nicht.«
    »Schockierend«, murmelte der Earl. Hastig ging er zum mitten zwischen Büchern in der Regalwand stehenden Fernseher, klappte den imitierten Bildschirm auf und nahm eine Flasche seines schwarzgebrannten Whiskys heraus, um sich ein Wasserglas voll einzuschenken. Er war kein Trinker, aber ein Genießer, und auf den Schrecken half ihm der Genuß, das Zittern in seinen Beinen wieder verschwinden zu lassen. »Gibt es einen Anhaltspunkt, wohin das Weltentor führte?« erkundigte er sich. Er hob die Flasche. »Auch einen, Sir Anthony?«
    Der Erhängte griff zu und trank - mochte der Himmel wissen, wie ein Gespenst den Whisky verarbeitete. »Keinen Anhaltspunkt«, erwiderte Sir Anthony. »Alles ist ungewiß. Ich denke, daß der Professor und seine Begleiter jetzt sehr viel Glück brauchen.«
    »Ja«, murmelte der Earl of Pembroke. »Ja, das fürchte ich auch - und ich wünsche ihnen alles Glück der Welt!«
    Darauf tranken sie zusammen noch einen Schwarzgebrannten. Aber dem Earl wollte er nicht mehr so richtig schmecken…
    ***
    Das Gras unter Zamorras Füßen raschelte

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