0473 - Drogenteufel von Stonehenge
genau gewußt. Ja, das wußtest du.« Sie ballte die Hände zu Fäusten, weil sie der Zorn überkommen hatte.
»Du wußtest, daß hier etwas passiert…«
Das Gesicht bewegte sich.
Es war ein Zucken, das über die fahlen Wangen lief. Gleichzeitig auch die Stirn erfaßte, so daß diese ein regelrechtes Muster bildete. Lizzy stand unbeweglich, sie starrte jetzt die Lippen im Gesicht an, denn auch diese hatten sich in die Breite gezogen, als würde der flache Schädel sie angrinsen.
Furchtbar…
Lizzy hätte ihrem Freund eigentlich nachlaufen müssen, das tat sie nicht. Statt dessen ging sie auf den Stein zu, wo sich das Gesicht abmalte.
Sie streckte beide Arme aus, weil sie es berühren wollte. Das kostete sie eine starke Überwindung, und als sie mit den Fingerkuppen über die Stirn fuhr, drang ein Schrei aus ihrem Mund. Lizzy zog die Hände blitzartig zurück, brachte die Finger dicht vor ihre Augen und sah die schwarzen Flecken auf den Kuppen.
Wie verbrannt sah das Fleisch aus!
Das Mädchen schüttelte sich. Plötzlich konnte es nicht mehr an sich halten. Tränen flossen aus ihren Augen. Sie preßte die verbrannte Hand zur Faust zusammen, die Wangen zuckten, als sie seufzend weinte, sie drehte sich - und sah auch die anderen Gesichter.
Vier weitere schwammen in ihrer unmittelbaren Umgebung wie in einem Meer der Finsternis.
Sie zitterten, sie zuckten, und sie sahen aus, als wollten sie jeden Moment auf sie zuschweben.
Lizzy wußte nicht, was sie noch tun sollte. Die Panik überschwemmte ihr Denken. Wenn sie nach rechts lief, würde sie ebenfalls erwischt werden. Das gleiche geschah auf der anderen Seite. Es gab eigentlich nur einen Ausweg für sie.
Nach vorn zu laufen, den gleichen Weg zu nehmen, den auch ihr Freund gegangen war.
Lizzy riß den Mund auf und holte tief Luft. Sie nickte hart, als sie einen Entschluß gefaßt hatte.
»Ja!« keuchte sie. »Ja, ich werde es tun! Ihr habt gewonnen, ihr verdammten Geister. Ihr seid stärker als ich. Pete, verdammt!« Diesmal schrie sie den Namen ihres Freundes, bekam aber keine Antwort.
Er mußte sie doch gehört haben. Vielleicht wollte er auch nicht antworten. Lizzy Moreno dachte darüber nicht länger nach. Sie blieb auch nicht mehr auf dem Fleck.
Weg wollte sie, nur weg.
Und so begann sie zu rennen.
Es war ein Laufen in die Finsternis hinein, in eine Dunkelheit, die ihr vorkam, als wäre sie körperlich vorhanden, um nur darauf zu warten, sie berühren zu können.
Lizzy bewegte ihre Beine automatisch. Sie hörte das Klatschen der Füße auf dem weichen Boden, den manchmal braunes Wintergras bedeckte, dann wieder nur aus feuchtem Lehm oder Schlamm bestand. Sie sprang und lief durch Pfützen. Wasser spritzte hoch und gegen ihre Waden.
Lizzy kümmerte sich um diese Dinge nicht. Sie wollte ihr Ziel erreichen, nur das zählte.
Aber was erwartete sie dort?
Wieder Gesichter, die so bösartig starren konnten und in deren Augen ein Versprechen lag, das nur mit dem Tod enden konnte. Vielleicht, aber sie würde auch Pete erwischen, und das war wichtig.
Sicherlich wußte er einen Ausweg aus dieser Misere. Schließlich hatte er ihnen die ganze Sache eingebrockt.
Lizzy rannte weiter.
Steine, Schatten, Dunkelheit, ein feuchter, rutschiger Boden, ein Weg, der sie immer tiefer in diesen Wirrwarr führte oder in die magische Geometrie von Stonehenge hinein, für die man noch immer keine Erklärung besaß.
»Pete, Pete!« Manchmal lösten sich die Schreie aus ihrem Mund. Sie rief und weinte, sie bekam schreckliche Beklemmungen, so daß sie bald nicht mehr rufen konnte.
Dann erhielt sie Antwort.
Lizzy war im ersten Augenblick so überrascht, daß sie die Worte einfach ignorierte.
Bis sie eine zweite Antwort vernahm.
Und die bestand aus einem tiefen Stöhnen, als würde jemand schreckliche Qualen leiden.
Lizzy blieb nach einer Rutschpartie stehen. In ihrem Kopf hämmerte es. Es fiel ihr schwer, klar zu denken. Sie schaute nach rechts und links, dann nach vorn und flüsterte den Namen ihres Freundes.
Er gab keine Antwort.
Nach einer Weile wurde Lizzy klar, daß sie selbst etwas tun mußte. Bevor sie ging, schaute sie sich um. Die unheimlichen Gesichter sah sie nicht mehr, sie waren von der Finsternis verschluckt worden. Aber auch vorn, wo Pete eigentlich sein mußte, konnte sie nichts erkennen.
Aber da mußte sie hin.
Diesmal ging sie langsamer. Lizzy setzte ihre Schritte sehr vorsichtig. Sie wollte auf keinen Fall in ihrem blinden Eifer einen Fehler
Weitere Kostenlose Bücher