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0474 - Metro-Phantome

0474 - Metro-Phantome

Titel: 0474 - Metro-Phantome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wenn sie unpraktisch groß und spritsaufend waren. Aber sie waren formschöne Relikte einer Zeit, in der nicht der Windkanal, sondern die Ästhetik die Form schuf.
    Als ebenso schön erwies sich das zentral gelegene Jugendstil-Hotel »Metropol«, das erst 1991 von einer finnischen Firma restauriert worden war. Es besaß teilweise westlichen Komfort, wenngleich auch die Zimmer mit bis fast 600 Rubel pro Tag sündhaft teuer waren. »Sag mal«, murmelte Zamorra, nachdem er die von Saranow organisierte Unterkunft mit anerkennenden Blicken gewürdigt hatte, »bist du sicher, daß deine Firma diese Unsummen bezahlen will? Da käme es auf den besagten Mercees 200 doch auch nicht mehr an…«
    Saranow rang plötzlich schuldbewußt die Hände. »Weißt du, Brüderchen Zamorra…«
    »Da ist doch ein Haken!« entfuhr es Zamorra. »Raus mit der Sprache.«
    »Wir sind ziemlich knapp mit den Mitteln«, seufzte Saranow. »Uns wurde sogar der Transport wichtiger technischer Hilfsmittel gestrichen. Deshalb bat ich dich, zu kommen. Mit deinem Amulett ersetzt du diese technischen Mittel völlig. Allerdings…«
    »Weiter«, verlangte Zamorra. Soweit verstand er Saranow ja noch. Es war durchaus logisch; wenn Zamorras und des Amuletts Anwesenheit eine Unzahl an paratechnischem Gerät ersetzte, war es einfacher, wenn Zamorra hier war. Aber das war doch nur die Spitze des Eisbergs…
    »Allerdings«, gab Saranow sich einen Ruck, »bezahlt dir und Nicole unsere Firma weder den Flug noch die Unterkunft. Das heißt, zehn Prozent der Flugkosten werden bezuschußt, und für das Hotelzimmer hundert Rubel pro Tag. Den Rest… äh…«
    »… müssen also wir aus eigener Tasche bezahlen«, stieß Zamorra hervor. »Mein lieber Boris Iljitsch Saranow…«
    »Warte, Brüderchen Zamorra…«
    »Ich nehme dir das verdammt übel«, sagte Zamorra drohend.
    »Laß dir doch erklären, Zamorra, ich…«
    »Deine Schlitzohrigkeit an sich ist es nicht mal«, sagte Zamorra. »Daß du versuchst, mit geringsten Mitteln und größten Tricks ein Maximum an Erfolg zu erreichen, spricht ja für dich. Aber ich nehme dir übel, daß du mir das nicht vorher gesagt hast. Ich dachte immer, wir wären Freunde.«
    »Und ich dachte, es trifft ja schließlich keinen Armen«, ächzte Saranow.
    Zamorra verdrehte die Augen. »Trotzdem hättest du was sagen können.«
    »Willst du in ein billigeres Hotel?«
    »Der Himmel behüte mich davor. Ich fürchte Moskaus billigere Hotels. Das ist schon ganz richtig so. Das Geld läßt sich ja verschmerzen. Wirklich teuer ist es ja nur für euch Russen, weil wir im Westen mit ganz anderen Löhnen und Gehältern rechnen können… aber dafür, daß du uns so hereingelegt hast, mein Lieber, wirst du bluten müssen. Du gibst uns ein Abendessen aus, und zwar im allergrößten Stil. So eins, wo man in Abendkleid und Frack erscheint und alle Orden anlegt…«
    »He«, protestierte Nicole. »Ich wußte nicht, daß Abendkleid verlangt wird. So was ist nicht in meinem Mini-Köfferchen. Ich werde einkaufen müssen…«
    »Seid ihr mit einer wüsten Wodka-Fete in meinem Quartier einverstanden?« lockte Saranow. »Da brauchst du kein Abendkleid, Schwesterchen Nicole.«
    »Einverstanden«, sagte Zamorra sofort. »Der Einkaufsbummel ist gestrichen, Schwesterchen Nicole. Du brauchst kein Abendkleid, du kannst getrost nackt erscheinen.«
    Saranows Augen leuchteten auf.
    »Das könnte euch Lustgreisen so passen!« protestierte Nicole. »Nichts da. Ich kaufe mir einen knöchellangen Wintermantel aus Zobelfell.«
    »Er hat Ihnen noch nicht alles gesagt«, warf der Assistent ein.
    »Elender Verräter!« zischte Saranow.
    »Eigentlich hat er Sie nur hergebeten, damit Mademoiselle Duval Frühstückskaffee kocht«, erklärte Dembowsky.
    Nicoles Augen wurden groß und rund wie Flak-Scheinwerfer. »Hääh?« machte sie entgeistert.
    »Diesen heimtückischen Verrat werde ich Ihnen heimzahlen, Genosse Fedor Martinowitsch!« drohte Saranow. »Ich werde Ihnen eine Spinne aufs Kopfkissen legen!«
    »Igitt!« entfuhr es Dembowsky. Hilfesuchend sah er Zamorra an. »Helfen Sie mir. Der bringt das glatt fertig… Außerdem soll er mich nicht immer Genosse nennen. Die Zeiten sind doch erfreulicherweise vorbei…«
    Saranow winkte ab. »Hör nicht auf ihn, Genosse Zamorra. Er regt sich immer nur künstlich auf. Das ist gar nicht gut für seine Galle.«
    »Nicole soll also Kaffee kochen, und wir sollen unseren Flug und das teure Zimmer selbst bezahlen«, erinnerte Zamorra.

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