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0474 - Metro-Phantome

0474 - Metro-Phantome

Titel: 0474 - Metro-Phantome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nicht, aber die U-Bahnhöfe anderer Großstädte kamen da teilweise noch schlechter weg. Das größte Problem überall war wohl die Sauberkeit.
    »Es gibt auch Stagnationen, die ganz anders aussehen«, versicherte Saranow. »Da schlackerst du mit den Ohren, Brüderchen. Das Modell der Station Majakowskaja wurde 1938 auf der Weltausstellung in New York preisgekrönt - ein architektonisches Kunstwerk aus dunkelgrauem Marmor, roten Halbedelsteinen und rostfreiem Stahl. Oder Nowoslobodska, mit den beleuchteten Buntglasfenstern, die aussehen, als käme Tageslicht herein und deren Glasbilder wunderbare Motive zeigen. Oder Komsomolskaja, Kiewskaja, Krasnopresnenskaja, Kropotkinskaja…«
    Lachend unterbrach ihn Zamorra. »Bevor du dich noch weiter schwärmerisch in Fahrt redest: Kann man die Namen, die du mir da an den Kopf wirfst, auch aussprechen, ohne einen Knoten in die Zunge zu bekommen? Und überhaupt - buchstabieren oder gar schreiben kann man das doch sicher erst recht nicht…«
    »Du bist ein elender Ignorant und Barbar«, schimpfte Saranow. »Kein Respekt vor der wundervollen russischen Sprache… aber was soll man schon von Leuten erwarten, die eine Nasenkrankheit als Sprache hochstilisieren?«
    »Meinst du etwa französisch?« grinste Zamorra.
    »Was sonst?«
    »Laß das bloß keinen Franzosen hören«, warnte Zamorra schmunzelnd. »Sonst erlebt der Napoleon-Feldzug eine morderne Zweitauflage.«
    Saranow zuckte mit den Schultern. »General Winter würde ihn stoppen und besiegen, wie er bisher noch jede feindliche Armee vor Mütterchen Moskau gestoppt und besiegt hat. Da kommt der Zug.«
    Sie stiegen ein und ließen sich einige Stationen weiter befördern. Während sie auf die Bahn warteten und plan derten, hatte Zamorra überlegt, wie er reagieren würde, wenn ausgerechnel in jenem Moment die Metro-Phantome auftauchen würden. Aber nichts dergleichen war geschehen; wenn sie ge rade jetzt zuschlugen, denn anderswo. Und vielleicht hatte Saranow recht, und sie wurden tatsächlich in den Nachtstunden nicht aktiv. Aber bei all der Unsystematik, die in den Überfällen steckte, war damit zu rechnen, daß sie über kurz oder lang auch dieses Schema durchbrechen würden…
    Saranow blieb auf dem Bahnsteig stehen, drehte sich im Kreis und sagte: »Hier ist es wohl gewesen. Vorzugsweise stoßen sie ihre Opfer vor den einlaufenden Zug, aber es gibt auch ein paar andere recht mörderische Methoden. Diesmal sollen sie einem alten Mann so ein Beinchen gestellt haben, daß er sich beim Sturz das Genick gebrochen hat.«
    »Sie wenden also immer körperliche Gewalt an?«
    »Ja. Das zumindest geht übereinstimmend aus allen Schilderungen hervor.«
    »Hat schon mal jemand versucht den Spieß umzudrehen und diese Metro-Phantome festzuhalten?«
    »Bisher anscheinend noch nicht. Aber du darfst auch die Schrecksekunde nicht vergessen, Zamorra. Bis die Menschen registrieren, was da passiert, sind die Phantome schon wieder im Nichts verschwunden.«
    Zamorra nickte. »Ich habe die Karte momentan nicht im Gedächtnis - ist es schon einmal vorgekommen, daß eine Station zweimal heimgesucht wurde?«
    »Bisher nicht.«
    »Also auch nichts, worauf man sich verlassen könnte… bei Merlins Bart, wenn doch nicht alles so vage und unbestimmt wäre!«
    Er öffnete ein paar Hemdknöpfe und löste das Amulett von der Silberkette um seinen Hals. Fasziniert betrachtete Saranow die handtellergroße Silberscheibe. In der Mitte befand sich ein stilisierter Drudenfuß, umgeben von den Symbolen der zwölf Tierkreiszeichen und schließlich eingeschlossen von einem Band mit eigenartigen hieroglyphischen Schriftzeichen. Zamorra ließ sich dort, wo nach Saranows Angaben die Attacke der Metro-Phantome stattgefunden haben sollte, im Schneidersitz auf dem Boden nieder. Daß andere Gäste, die auf die nächste Bahn warteten, ihn erstaunt ansahen, störte ihn nicht. Er konzentrierte sich auf das Amulett und gab ihm gedankliche Befehle, die Merlins Stern nur zu gut kannte.
    Er versetzte sich selbst in Halbtrance.
    Saranow blickte ihm über die Schulter. Er sah, wie mit dem Amulett eine Veränderung vorging. Dort, wo sich eben noch der Drudenfuß befunden hatte, zeichnete sich jetzt ein Bild ab. Winzig klein, wie bei einem jener japanischen Mini-Fernseher auf LCD-Basis, die man wie eine Armbanduhr tragen konnte.
    Dieser magische »Mini-Bildschirm« zeigte die Stelle, an der Zamorra sich gerade befand, wie die Rückwärtsprojektion eines Filmes. Merlins Stern tat

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