0475 - Meine Totenbraut
hatten sie sehr bald hinter sich gelassen. Margaretha sah jetzt die dunklen Stöcke, die vom Grund aus in die Höhe wuchsen und wie dicht beieinanderstehende Gitterstäbe wirkten.
Der Wind war nicht so stark, als daß er sie bewegt hätte, so erinnerten sie an eine Mauer, die von den beiden Fackelträgern mit wuchtigen Tritten durchbrochen wurde, damit sie schnell ans Wasser kamen.
Sie schufen die Gasse, zertraten Schilfrohre oder bogen sie zur Seite, so daß Diablita und auch die beiden Träger den nötigen Platz bekamen, um fast ohne Widerstand ans Wasser zu gelangen.
Wäre Margaretha nicht festgebunden gewesen, wäre sie längst vom Bett gefallen. So hielten die Stricke, die auch tiefer in ihren Körper schnitten.
Die junge Frau schrie nicht. Ihr Gesicht war bewegungslos. Aus starren Augen schaute sie zum düsteren Himmel, wo sich die Wolken zu skurril anmutenden Figuren vereinten, auseinandergerissen wurden, so daß hin und wieder der Mond sein bleiches Licht auf die Erde streuen konnte.
Das Plätschern der Wellen vernahm sie lauter. Die Füße der Träger versanken im Uferschlamm. Es spritzte, wenn sie ihre Beine wieder hervorzogen. Die beiden Fackelträger standen bereits im Wasser. Sie trugen feste Stiefel, gegen deren Leder die Wellen schlugen und sich manchmal schaumig drehten.
Diablita blieb dort stehen, wo es noch einigermaßen trocken war. Ein leichter Windstoß spielte mit ihrem Haar und wehte es in die Höhe, so daß ihr Gesicht verdeckt wurde. Sie sprach kein Wort und schaute eiskalt auf Margaretha nieder, als diese an ihr vorbeigetragen wurde. In den Augen der schwarzhaarigen Fremden las die junge Frau das Todesurteil.
Urplötzlich spürte sie die Angst. Das Gefühl überkam sie wie eine Würgeklammer. Sie bewegte den Kopf, riß den Mund weit auf und schnappte nach Luft, doch in ihrem Innern befand sich plötzlich eine Sperre. Sie hörte das häßliche Lachen des Trägers am Kopfende und sah auch, als sie die Augen verdrehte, seinen stechenden Blick.
Die Männer wateten bereits durch das Wasser und blieben erst dann stehen, als es ihnen fast bis an die Knie reichte.
Die anderen beiden leuchteten. Der Schein fiel auch nach unten und berührte die Wellen des unruhig gewordenen Sees. Sie gaben ihnen eine unheimlich und geisterhaft wirkende Farbe, die aus der dunklen Tiefe hochzusteigen schien.
Diablita war dort stehengeblieben, wo das Ufer noch einigermaßen trocken war. Sie schaute auf den See. Ihre Lippen hatte sie zu einem Lächeln gekrümmt, das keinerlei Freude ausdrückte und so grausam und fürchterlich kalt wirkte.
Den rechten Arm hatte sie erhoben, der Gruß wirkte eingefroren. Ihre Helfer wußten, was dies bedeutete, die beiden Träger faßten das Brett mit der Frau fester und warteten auf den endgültigen Befehl.
Diablita ließ sich Zeit. Sie wollte noch etwas sagen. Aus der Dunkelheit fuhr ein kalter Wind über den See, kräuselte das Wasser noch, so daß es sich hektisch bewegte.
»Du hast ihn mir wegnehmen wollen, mein hübscher Engel!« rief sie laut. »Aber niemand wird ihn bekommen, dafür sorge ich. Es wird eine Zeit kommen, wo er sich wieder an mich erinnert, für dich aber, mein Engel, ist die Zeit endgültig angebrochen. Ich sehe in dir die erste, die einen magischen Tod erleiden wird. Die Hexenprobe werden wir mit dir durchführen, aber was dich tatsächlich erwartet, ist noch schlimmer, das kann ich dir versprechen. Tod und Grauen, keine Ruhe, stets auf der Suche. Du wirst dich verändern und eine andere Schönheit sein. Eine, die auch dem Teufel gefallen könnte…«
Ihr Arm fiel nach unten.
Das Zeichen für die beiden Träger.
Synchron holten sie aus und schleuderten das Brett mit dem angebundenen Opfer in die kalten Fluten des Sees…
***
Die eisige Kälte des Wassers kam ihr vor wie ein Todesstoß. Margaretha hörte noch das Klatschen, als sie aufkam, rechnete damit, daß sie auf dem Rücken liegen bleiben würde, sie irrte sich, denn das Bett drehte sich herum.
Auf den Bauch und unter Wasser geriet sie, hatte den Mund nicht geschlossen, so daß die Flüssigkeit hineinspülen konnte und sie eine wilde Panik erfaßte.
Die Angst, jämmerlich zu ertrinken, wurde in diesen Augenblicken überstark. Sie dachte auch daran, daß noch niemand die Hexenprobe bestanden hatte.
Die Fesseln saßen so hart, daß sie einfach nichts tun konnte. Bewegungslos blieb sie unter Wasser.
Eine Welle rollte heran, drückte sie noch tiefer, schleuderte sie aber auch wieder herum und
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