0479 - Eine Puppe aus Manhattan
Rifford hatte sich ‘ne brillante Geschichte ausgedacht, um die Neureichen der Stadt zu melken. Ein paar fielen prompt darauf herein. Der Boß gehörte dazu. Sie kauften Rifford das Märchen ab, das er ihnen auftischte. Warum auch nicht? Ich muß zugeben, daß er die Sache überzeugend vortrug. Außerdem hatte er ja den echten Goldbarren, um die Zweifler aufs Glatteis zu führen.«
»Wieviel hat Rifford von dem Boß bekommen?«
»Zehntausend.«
»Ich verstehe«, nickte Phil. »Der Boß witterte Unrat und forderte den gewährten Kredit zurück, aber Rifford konnte oder wollte nicht zahlen.«
»Er konnte nicht, nehme ich an. Rankins hat ihn ganz schön ausgenommen. Rifford war ein betrogener Betrüger.« Die Tür öffnete sich. Steve kam herein. »Shaeffers hat gestanden«, sagte er. »Er ist völlig am Ende.«
»Das sind sie alle«, meinte Phil grimmig. »Warum begreifen sie das bloß erst, wenn es zu spät ist?«
***
Ein Verbrechen aufzuklären, ist eine Sache. Die Beweisführung mit allen Protokollen und Unterlagen für den District Attorney fertigzumachen, ist eine andere.
Glücklicherweise hatten wir mit Pete Shaeffer keine große Mühe. Er packte aus, was er wußte. Auch Rod, der mit bürgerlichem Namen Rodney Shark hieß, und Pinky, der auf den simplen Namen Tom Miller hörte, waren im großen und ganzen voll geständig. Coster bemühte sich weiterhin darum, seine Killerrolle zu verkleinern, aber wir durchschauten ihn, und seine Chancen standen denkbar schlecht.
Kellys Anklage befand sich in Vorbereitung, und auch Pete Shaeffers' blonde Freundin mußte mit einer Strafanzeige rechnen. Wir arbeiteten mit Hochdruck. Trotzdem ging es uns noch zu langsam.
Kein Verbrechen läßt sich scharf abgrenzen. Die meisten Fälle werfen Nebenprodukte ab; sie bringen Querverbindungen, Hinweise und neue Perspektiven, denen wir nachgehen müssen. In unserer Arbeit präsentiert sich fast jedes Verbrechen als eine Kettenreaktion. Der Fall Rankins bildete dafür den überzeugenden Beweis.
Buck Rifford war ein phantasiebegabter Gangster gewesen, der mit Hilfe einer brillanten aber unausgegorenen Idee die Syndikatsbosse und andere, weniger seriösen Geschäftsleute geschröpft hatte. Vermutlich war es Riffords Plan gewesen, eine möglichst große Summe herauszuholen, um dann mit ihr und dem Goldbarren in eine andere Stadt oder in ein anderes Land zu verschwinden. Die Unzuverlässigkeit eines Partners und der enttäuschende Umfang der Kredite hatten seine Absichten jedoch vereitelt.
Rifford war gezwungen gewesen, Rankins aus dem Wege räumen zu lassen. Das war der Auftakt zu einer Folge verbrecherischer Ereignisse gewesen, deren letztes Opfer er selbst geworden war.
Aus dem Fall Rankins hatte sich eine Vielzahl anderer Fälle entwickelt. Der Fall Trenton zum Beispiel. Die Fälle Shark und Miller. Vor allem aber der Fall des Bosses! Das war für uns die interessanteste Entwicklung.
Allerdings hatte er es verstanden, sich zunächst einmal unserem Zugriff zu entziehen. Er war getürmt.
Es gehörte nicht viel Phantasie dazu, sich auszumalen, daß er von dem gleichfalls flüchtigen Brooks gewarnt worden war. Durch Rundsprüche, Telegramme und Fernschreiben verständigten wir alle Polizeiorganisationen. Brooks und der Boß befanden sich noch auf freiem Fuß, aber das Netz, in dem sie schon bald zappeln würden, hing bereits dicht über ihnen.
***
Jimmy Brooks hatte sich das Haar färben lassen. Quer über seine linke Wange lief eine künstlich erzeugte Operationsnarbe. Außerdem klemmte stets eine Zigarette zwischen seinen Lippen, obwohl die Zeitungen und der Polizeibericht ihn als Nichtraucher schilderten.
Er war in Druck. Täglich ging er zum Postamt, um das Geld abzuholen, aber seine stereotype Frage nach einer Sendung mit dem Kennwort »Mauerblümchen« wurde von dem Beamten stets mit einem nicht minder stereotypen Kopfschütteln beantwortet.
Brooks fühlte sich verraten und verkauft. Er verfluchte den Boß, aber er war außerstande, etwas gegen ihn zu unternehmen.
Der Mann, der Brooks die Narbe und das gefärbte Haar verpaßt hatte, forderte sein Honorar. In der Pension bestand man auf Vorschuß. Es wurde hohe Zeit, daß er etwas unternahm, um die mißliche Finanzlage zu ändern.
Brooks dachte daran, einen Laden zu überfallen, aber die Narbe, die ihn schützen sollte, erwies sich plötzlich als ein großes Handicap. Sie war auffällig genug, um nach dem Überfall eine Identifizierung möglich zu machen.
Brooks war
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