0481 - Das As der Killer-Gang
blieb an meiner Seite und informierte mich über die Ereignisse, soweit sie zu rekonstruieren waren.
Ich sah im Schalterraum eine Menge Blumen und verängstigte Gesichter der Angestellten.
»Die Interstate-Bank hat heute diese Filiale eröffnet«, erläuterte Meyer. »Der Direktor kam auf die Idee, einen Tag der offenen Tür zu machen, wie das in solchen Fällen üblich ist. Er hat die Bevölkerung der umliegenden Straßen eingeladen, um ihr die Bank zu zeigen und außerdem ein Stück Kuchen und eine Tasse Kaffee zu spendieren. Sie wissen, so eine Art Kundenwerbung. Nur sind die falschen Kunden angerückt und haben den Tag der offenen Tür auf ihre Weise genutzt.«
»Erstreckte sich die offene Tür auch auf den Tresor, den Safe oder den Panzerschrank?« fragte ich.
»Natürlich«, schaltete sich der Direktor mit wimmernder Stimme ein. »Wir wollten den Leuten doch zeigen, wie sicher ihr Geld bei uns untergebracht ist.«
»Allerdings, davon haben die Besucher ein gutes Bild erhalten«, entgegnete Meyer ironisch.
»Wir haben hundert Filialen mit dem gleichen Werbetrick eröffnet«, jammerte Tompkins, »und nicht ein einziges Mal ist etwas dabei passiert.«
»Ja, einmal ist es immer das erstemal«, bemerkte ich geistreich und zog den Kopf ein, als wir die feuersichere Treppe hinunterturnten. Der Tresorraum war zur Treppe mit einer Gittertür abgesichert, die jetzt aber offenstand. Schließlich war es ein Tag der Offenen Tür.
Am Panzerschrank waren zwei Monteure in blauen Overalls beschäftigt. Sie hatten auf dem Boden ihre Werkzeuge ausgebreitet, vom Bohrhammer bis zum kleinsten Schraubenzieher. Der Panzerschrank war neuestes Modell, blaulackiert und trug die Aufschrift der Herstellerfirma. In der Tür befanden sich zwei Schlüssellöcher.
»Der Schrank muß mit nassen Händen geöffnet worden sein«, sagte Lieutenant Meyer neben mir, »denn wir fanden kleine Wasserlachen vor der Panzertür, außerdem eine Spur, die vom Handwaschbecken herüberführt. Inzwischen sind die Tropfen eingetrocknet. Es handelte sich um klares Wasser. Der Kassierer muß sich die Hände bereits gewaschen haben und war dabei, sie abzutrocknen, als er von den Gangstern überrascht wurde.«
Ich sah zum Waschbecken hinüber. Zwischen Spiegel und Becken klebte eine Kunststofftafel mit dem Aufdruck:
,Vergiß nicht: Geld ist schmutzig, wasch deine Hände!
»Stand der Panzer schrank auch offen?« fragte ich Direktor Tompkins.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, wo denken Sie hin? Die Tür muß geschlossen gewesen sein. Das heißt, ein Schloß war bereits geöffnet. Ünd zwar hatte der Oberkassierer schon aufgeschlossen, weil er in den oberen Räumen zu tun hatte. Nur Calvin Pride brauchte noch zu öffnen.«
»Allerdings scheinen das die Gangster gewußt zu haben, oder sie haben mit eigenen Augen gesehen, wie Ihr Hauptkassierer seinen Schlüssel in die Stahltür stieß und aufschloß«, entgegnete ich, »wo befindet sich der Kassierer, der in diesem Raum war?«
»Wahrscheinlich im Tresor«, jammerte der Direktor und verschränkte die Hände vor seinem vorspringenden Bauch, »die Monteure sind schon dabei, die Stahlplatten einzeln abzuschrauben.«
»Kann Mr. Pride nicht entführt worden sein?« fragte ich.
»Die Gangster sind zu dritt in den Wagen gestiegen«, erwiderte Meyer, »aber keine Beschreibung paßt auf Pride. Er könnte im Schrank stecken. Ich habe mir von den Monteuren eine Zeichnung anfertigen lassen. Das Mittelfach ist groß genug, um einen Menschen mit angezogenen Knien unterzubringen.«
»Wieviel Kubikmeter Luft hat der Schrank?«
»Etwa drei«, antwortete Tompkins. »Man kann sich an fünf Fingern ausrechnen«, sagte ich, »wie lange Pride noch Sauerstoff hat, vorausgesetzt, er lebt noch. Die Gangster haben Prides Schlüssel mitgenommen?«
»Ja, wahrscheinlich«, antwortete Meyer, »wir haben alles gründlich abgesucht, aber nichts gefunden. Und Nachschlüssel gibt es für solche Tresore nur bei der Herstellerfirma.«
»Wieviel Geld befand sich im Schrank?«
»Siebenhunderttausend«, sagte Tompkins, »es war der erste Transport. Wenn die Burschen heute nachmittag gekommen wären, hätten sie eine Million erwischt.«
»Gibt es keine Möglichkeit, den Tresor zu sprengen?« fragte ich.
»Nein«, erwiderte Tompkins, »aber die Tür besitzt zwei Knöpfe im Innenraum. Einer löst Alarm aus. Dieser Knopf befindet sich an der hinteren Wand des Schrankes. Der zweite ist mehr ein Hebel an der Türinnenseite, der beide
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