0483 - Der Yeti ist da!
nicht aus. »Jasper, das hältst du nicht durch.«
»Was halte ich nicht durch?«
»Diesen Streß. Du bist einfach nicht der Typ, der so etwas bis zum bitteren Ende durchzieht.«
»Bitter für dich, Karl.«
»Auch. Wenn ich hier sterben sollte, wird Culver ebenfalls für dich das Grab.«
Moore lachte. »Niemals. Falls du auf deine beiden Helfer hoffst, kannst du dir es abschminken. Ich habe nicht umsonst befohlen, daß sie im Hotel bleiben sollen. Alles hat seinen Grund, und ich werde ihn dir auch nennen. Der Yeti hat von mir den Auftrag bekommen, die beiden zu töten. Er wird das Hotel überfallen, und unter den zahlreichen Opfern werden sich auch deine Helfer befinden. Mit dir rechne ich persönlich ab, aber mit den anderen der Yeti. So, jetzt weißt du, was auf dich zukommen wird, Dr. Karl Mertens…«
***
Ich hatte tatsächlich mein Zimmer betreten, aber nicht, um mich zu entspannen. Mein Plan sah anders aus. Ich wollte mich ein wenig umschauen. Das mußte von meinem Zimmer aus klappen.
Zuerst öffnete ich die Balkontür und betrat den hölzernen Anbau. Um diese Zeit hielt sich kein Gast mehr in der Kälte auf. Mich würde man kaum beobachten.
Das Dach des Hotels war weit vorgezogen. Es schwebte über dem Geländer des Balkons, war schneebedeckt, und von der Dachrinne herab hingen unterarmlange Eiszapfen.
Ich kletterte auf das Geländer der Brüstung, hielt mich an der Dachrinne fest, prüfte deren Stärke und war zufrieden. Dann kletterte ich hoch. Drei Klimmzüge benötigte ich. Es war eine verdammte Wühlerei, bis ich auf der Schräge lag, der Schnee unter mir knirschend zusammensackte und mich erst einmal erholte.
Viel hatte ich nicht erreicht. Als ich mich umschaute, erkannte ich, daß ich auf einem Vordach gelandet war und das eigentliche erst weit über mir begann.
Die Sicht war nicht viel besser als auch vom Balkon aus. Um sie zu bekommen, hatte ich die Mühen überhaupt auf mich genommen, weil ich davon ausging, daß ich aus der Höhe den Yeti möglicherweise sehen konnte, wenn er sich dem Hotel näherte.
Bisher hockte ich auf dem Dachvorsprung wie eine frierende Katze, schaute in die Tiefe, wo die Dunkelheit über der weißgrauen Schneefläche lag und sich nichts bewegte.
Das Hotel besaß einen Pool hinter dem Haus. Er war im Winter zugefroren. Nicht einmal ein Licht brannte dort. Helligkeit fiel nur durch die Fenster über mir.
Um sie zu erreichen, mußte ich die mit Schnee bedeckte Dachschräge hoch. Bevor die Schräge auslief und die nächste Hauswand steil anstieg, hatte irgendein schlauer Kopf einen relativ breiten Sims angebaut, der zwar dicht mit Schnee beladen war, mir aber die Chance gab, mich auf ihm bewegen zu können.
Noch immer konnte ich mir nicht vorstellen, daß der Yeti so einfach zur Tür hereinspazieren würde.
Diese Bestie griff sicherlich dort an, wo es niemand vermutete.
Heimtückisch, von außerhalb, aber dann direkt mit einer Brachialgewalt.
Trotz der glatten Oberfläche konnte ich den Sims erreichen. Auf dem Dach waren, im rechten Winkel zu den Pfannen angebracht, die sogenannten Schneefänger. Leichtmetallgitter, die eine große Schneemasse abhielten.
Eines dieser Gitter befand sich auch in meiner Nähe. Ich bewegte mich auf allen vieren darauf zu, klammerte mich fest, zog mich weiter, passierte das Gitter und robbte zum nächsten.
Einige Minuten später hatte ich mein zweites Etappenziel erreicht. Ich sah selbst aus wie ein Schneemann. Die weiße Pracht klebte an meiner Kleidung fest, und auch an der Gesichtshaut hingen die kleinen Eiskristalle.
Die erleuchtete Reihe der Hotelfenster lag links von mir. Wenn ich mich streckte, konnte ich die Unterkanten der Balkone erreichen. Ich aber lief unter ihnen hinweg. Sie fanden sich über meinem Kopf wie schützende Dächer.
Manchmal vernahm ich Stimmen oder das Rauschen einer Wasserspülung. Es wurde geduscht, gebadet, sich herausgeputzt, um für das »Aprés Ski« schön zu sein.
Ich lief im Dunkeln weiter. Der Lichtschein über mir verlor sich bereits auf den Balkons, deshalb war ich gezwungen, meine Schritte so behutsam wie möglich zu setzen.
Auf einmal hörte ich es!
Es war ein Schaben, dann polterte vor mir etwas, ich schaute hin und glaubte, zu sehen, daß die Schneefläche rechts von mir auf dem schrägen Dach in Bewegung geraten war.
Nein, es war nicht der gesamte Schnee. Einige Eisklumpen rollten vorbei und verschwanden.
Ohne Grund?
Ich wurde noch vorsichtiger. Die Beretta hatte ich in die rechte
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