0483 - Der Yeti ist da!
hingen schlanke Eiszapfen nach unten wie kleine Messerklingen.
Er schellte.
Zunächst tat sich nichts. Die Schritte hörte er nicht, die sich näherten. Dafür spürte er den Schwall Wärme, der ihm entgegenflog, als die Tür ruckartig aufgezogen wurde.
Nicht Jasper Moore stand vor ihm, sondern Doris Haley. Das Deckenlicht flutete auch über ihr Gesicht, so daß die angstvoll aufgerissenen Augen deutlich zu erkennen waren. Mertens sah der Frau an, daß sie geweint hatte, deshalb zwang er sich zu einem Lächeln.
»Ich bin Karl Mertens«, sagte er.
Doris nickte nur.
Aus dem Hintergrund erklang eine scharfe Stimme. »Ja, du bist es, Karl. Ich habe dich an der Stimme erkannt. Ich will dir jetzt schon sagen, daß ich irgendwelche Tricks sofort mit einer Kugel beantworte. Was ich hier in der Hand halte, ist ein Revolver. Die Mündung zielt auf den Rücken der Frau.«
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Jasper. Ich bin gekommen, um mit dir zu reden.«
Moore ließ ein Lachen hören. »Etwas anderes bleibt dir wohl kaum übrig, mein Freund.«
»Kann ich eintreten?«
»Ja, gern. Sie werden sich zurückziehen, Doris. Aber geben Sie acht, keine Dummheiten.«
»Nein, nein…« Die Frau ging zurück. Sie zitterte und konnte sich kaum auf den Beinen halten.
Nachdem sie drei Schritte gegangen war, betrat auch Karl Mertens die warme Vorhalle des Hauses.
Er schaute sich sofort um. Sein Widersacher stand rechts von ihm. Die Mündung der Waffe verfolgte den Weg der Hausherrin, die schon zuvor Anweisungen bekommen haben mußte, was sie tun sollte, denn sie blieb neben einer Tür und dicht vor der Wand stehen.
Moore schwenkte seine Arme. Er hielt den Revolver mit beiden Händen fest und zielte jetzt auf Karl Mertens' Brust.
»Du kannst ruhig näher kommen«, sagte er. »Aber hübsch vorsichtig, keine Dummheiten.«
Mertens setzte sich in, Bewegung. Es sah so aus, als würde er auf Zehenspitzen schreiten. Bis in die Mitte des Raumes ließ Moore ihn kommen. »Jetzt bleibst du stehen!«
Mertens stoppte.
Der andere schaute ihn an. Dabei nickte er. »Viel hast du dich nicht verändert, Karl. Ich hörte, daß du Karriere gemacht hast, aber gelernt hast du nicht viel.«
»Was meinst du damit?«
»Wahrscheinlich denkst du über den Yeti noch ebenso wie vor fünf Jahren - oder?«
»Ja, das muß ich. Er hat getötet, er ist ein Killer.«
»Es ist seine Natur.«
»Dann muß man sie eben vernichten!«
»Du, Karl!« flüsterte Jasper Moore, »wirst nicht mehr dazu kommen, das verspreche ich dir.«
»Wir werden sehen, Jasper.«
»Und noch eines wollte ich dir sagen. Wer so hoch gekommen ist, wie du, der ist bewaffnet. Solltest du eine Kanone mitgebracht haben, dann leg sie jetzt ab.«
»Mach' ich.« Karl Mertens zog den Reißverschluß nach unten und griff unter seine Jacke. Jede Bewegung wurde von Moore sehr genau beobachtet, deshalb zog Mertens seinen Revolver mit spitzen Fingern hervor, hielt ihn am Lauf fest und ließ ihn pendeln.
»Laß ihn fallen und stoße ihn danach zu mir.«
Auch das tat Mertens. Die Waffe prallte auf einen Fellteppich. Es gab nur ein dumpfes Geräusch.
Als er sie anstieß, blieb sie schräg neben Jasper Moore liegen.
»Hast du sonst noch eine Kanone?«
»Nein!«
Moore wollte ihm nicht glauben. »Tastet ihn ab, Lady!«
»Ich?« Doris schrak zusammen.
»Wer sonst, verdammt!«
»Ja, ja…« Sie kam auf Mertens zu und schaute ihn mit einem bittenden Blick an. Karl breitete die Arme aus. Er ließ sich filzen. Doris ging sehr gründlich vor, sie fand tatsächlich nichts.
»Du bist also sauber«, stellte Moore zufrieden fest. »Aber du wolltest es versuchen, wie?«
»Du hast mir nicht gesagt, daß ich waffenlos kommen soll.«
»So etwas versteht sich von selbst, verdammt.« Moore lief rot an. Er sah aus, als wollte er schießen, riß sich aber zusammen und befahl mit harter Stimme: »Setz dich in den Sessel!«
Mertens nahm Platz. Er schlug sogar die Beine übereinander, so daß seine Haltung ein wenig lässig wirkte, was Moore wiederum ärgerte.
»Fühlst du dich sicher?«
»Ich mache es mir nur bequem.«
»Noch immer so kalt wie eine Hundeschnauze, wie?«
»Man lernt noch dazu.«
»Klar, das kann ich mir denken. Auch ich habe gelernt.« Moore nahm auf der Lehne eines anderen Sessel Platz. »Du glaubst gar nicht, wie sehr ich auf diesen Tag gewartet habe. Jahrelang habe ich nur an meine Rache gedacht, jetzt kann ich sie erfüllen.«
Mertens wich dem Blick seines ehemaligen Freundes
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