0483 - Die Seelen-Piraten
Scientist. Es ist wie eine Seuche mit sehr langer Inkubationszeit - wenn die Krankheit ausbricht, ist es zu spät, den Überträger noch ausfindig und unschädlich zu machen.«
»Herrliche Aussichten, Ricardo! Daß sie dir nicht den Appetit verderben .«
»Wenn ich verhungere, ändert das auch nichts an den Fakten«, erwiderte Steinmuller trocken. »Paß auf, Alter, und sieh zu, daß immer eine verdammt massive Wand hinter deinem Rücken ist. Ich halte diese Leute für gefährlich. Man munkelt, daß sie vor einiger Zeit versucht haben, Leonard C. Koenig umzubringen.«
»Wer ist das?«
»Der Chef einer eurer Geldgeber-Banken. Flaggstaff, Arizona. Er hat’s überlebt, und es soll auch ein französischer Wichtigtuer seine schleimigen Fingerchen im Spiel gehabt haben.«
Da wollte Shackleton wissen, ob dieser »schleimige Wichtigtuer« zufällig auf den Namen Zamorra hörte. »Wenn ja, weißt du Details über die Sache?«
»Keine Details, aber es freut mich, daß du nicht ganz neben der Welt lebst, Shack.«
Der zuckte mit den Schultern. Er hielt diesen Franzosen weder für schleimig noch für wichtigtuerisch. Steinmuller mochte nun mal keine Europäer. Vor allem, wenn die auch noch akademische Titel spazierentrugen. »Danke für die Tips. Ricardo. Du tauchst also unter. Erfahre wenigstens ich, wo ich dich finden kann?«
Steinmuller zeigte sich von der mißtrauischsten Seite. »Nein, Shack. Ich halte dich zwar nicht für einen Scientisten, aber vielleicht haben sie sogar dieses Gespräch mitbekommen. Irgendwann melde ich mich wieder bei dir, okay?«
»Okay. Halte die Ohren steif, alter Junge. Und den Job bei uns kriegst du auf jeden Fall. Dafür sorge ich.«
»Solange du lebst«, unkte Steinmuller. »Ich wünsche dir Glück und langes Leben, mein Freund.«
***
Nicole Duval fühlte sich ein wenig deplaziert. Aber ihr war auch nicht danach, Zamorra bei der Hand zu nehmen und mit ihm bis auf Weiteres unter Deck zu verschwinden. Eine seltsame Unruhe hatte sie erfaßt. Dabei bestand für die Yacht nicht die geringste Gefahr - wenn man einmal davon absah, daß die Parascience-Society vielleicht auf rätselhafte Weise Kenntnis davon bekommen hatte, daß sie Riker und ihre Erzfeinde Zamorra und Duval auf einen Schlag erledigen konnte. Aber danach sah es nicht aus.
Nicole hatte ein gutes Gefühl für Himmelsrichtungen; die Yacht fuhr landeinwärts auf die der texanischen Küste vorgelagerte Inselgruppe zu. Der Hurrikan würde, wenn er seinen Kurs nicht ganz radikal änderte, mittlerweile hunderte von Meilen an der Yacht vorbeiziehen.
Daran konnte es also nicht liegen.
Jedesmal, wenn Nicole sich umschaute, sah sie im Sternen- oder Scheinwerferlicht wenigstens drei der Wachleute an Deck. Wozu deren ständige Präsenz gut sein sollte, blieb vermutlich Rikers Geheimnis. Auf dem Achterdeck, im Halbdunkeln, waren einer der Wachmänner und das braunhaarige Walkman-Girl miteinander beschäftigt. Selbst dieser Anblick konnte Nicole, im Gegensatz zu anderen Gelegenheiten, nicht ablenken. Sie entdeckte Kim in ihrem Metallic-Badeanzug oben auf dem Radardach; die Schwarzhaarige hatte sich dort zusammengekauert, als wollte sie meditieren. Eigentlich seltsam, wo die anderen Anwesenden sich vergnüglicheren Beschäftigungen hingaben.
Okay, Nicole selbst war auch eine der Ausnahmen. Zamorra vermutlich auch, der sich derzeit des Ansturms der beiden Blondinen zu erwehren versuchte. Riker war mit der rothaarigen Schachspielerin in seiner Kabine verschwunden.
Ein seltsamer Hauch streifte Nicole und ließ sie unwillkürlich zusammenzucken. Es war ein Hauch, der sie nur auf dem Para-Sektor berührte. Sie versuchte nachzuforschen, konnte aber nichts mehr erkennen.
»Seltsam«, murmelte sie. Sie kehrte zum Büfett zurück, nahm noch ein paar Häppchen und tauschte ihr bisheriges Orangensaftglas gegen eines mit Wein aus. Dann füllte sie ein zweites und stieg damit zum Radardeck hinauf, um es Kim anzubieten.
Das schwarzhaarige Mädchen reagierte zu ihrer Überraschung ungehalten.
»Nicht mal hier ist man für ein paar Minuten ungestört«, schimpfte Kim. »Was soll das denn?«
»Tut mir leid, ich wollte dich nicht stören«, wehrte Nicole ab. »Ich fragte mich nur, was dich nach hier oben in die Einsamkeit trieb.«
»Vielleicht wollte ich geistige Zwiesprache halten mit dem, woran ich glaube«, sagte Kim verdrossen und verließ ihren Platz. Verblüfft blieb Nicole oben in der Nähe der langsam kreisenden Radarantenne zurück.
Für
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